Im Dunkel der Vergangenheit - Beverly Lewis

  • Inhaltsangabe (laut Buch)
    Die Welt von Grace, der ältesten Tochter der amischen Familie Byler, ist zusammengebrochen. Vor Wochen schon hat ihre Mutter Lettie die Farm bei Nacht und Nebel verlassen und ist seitdem verschwunden. Wohin ist sie gegangen und warum? Grace ist erschüttert, aber fest entschlossen, ihre Mutter zu finden und das Geheimnis zu lüften. Die Situation wird nicht gerade einfacher, als Grace verwundert entdeckt, dass Yonnie Bontrager um sie wirbt, in den doch eigentlich ihre beste Freundin Becky verliebt ist.
    Erst als Heather, eine junge Englische, nach Bird-in-Hand kommt, beginnen sich die Mosaiksteinchen zu einem Bild zusammenzufügen, das einen deutlicheren Blick auf die „Familiengeheimnisse“ gewährt.


    „Im Dunkel der Vergangenheit“ ist der zweite Band Familiengeheimnisse-Trilogie.



    Die Autorin (laut Buch)
    Beverly Lewis wurde im Amish-Land in Lancaster, Pennsylvania, geboren. Ihre Großmutter wuchs in einer Mennonitengemeinde alter Ordnung auf. Mit ihrer Familie lebt sie in Colorado.


    Übersetzt wurde das Buch von Silvia Lutz.



    Meine Meinung
    Weiter geht es mit den Geschichten um Lettie, Grace und Heather, die der Leser aus dem ersten Band der Serie („Unter dem Mantel des Schweigens“) kennt. Einige wenige neue Nebendarsteller wie die „Ärztin in Naturheilkunde“ Annie oder Sally, die Frau eines Predigers, werden eingeführt, einige Personen aus dem ersten Band bekommen mehr Raum wie Yonnie Bontrager. Auch hier gibt es wieder zwei Erzählstränge, diesmal deutlicher den der Suche von Lettie, auf der anderen Seite den von Grace und Heather, die sich anfreunden. Wie die Inhaltsangabe schon andeutet, macht man sich ziemlich bald einen Reim auf die Zusammenhänge (die selbstverständlich erst in Band 3 erhellt werden). Ich habe das aber nicht als allzu schlimm empfunden; ich schätze an Beverly Lewis den ruhigen Erzählfluss und weniger die Geheimniskrämerei.


    Fast ein wenig enttäuscht war ich, dass die sich so stark verändernde Welt der Amish hier nicht stärker thematisiert wird; gerne hätte ich mehr darüber gelesen, wie sie mit den Anforderungen der Moderne, die immer mehr in ihre Welt eindringt, fertig werden resp. fertig zu werden versuchen. Außer der Tatsache, dass Land verkauft werden muss, dass auch Amish Pensionsgäste aufnehmen, was beides schon in Band 1 erwähnt wurde, wird in dieser Richtung nichts weiter geboten. Auch die „inneren“ Veränderungen, hier beispielsweise dargestellt an der sich doch deutlich unterscheidenden Auffassung vom Miteinander in der Ehe der Eltern des Yonnie Bontrager, werden nicht in dem Maße vertieft, wie ich es mir gewünscht hätte. Es findet seine Erwähnung, eine Protagonisten wundern sich darüber, aber welche „Sprengkraft“ solches Denken innerhalb einer Gemeinschaft wie der Amish haben kann, darüber verliert Beverly Lewis recht wenig Worte.


    Sehr berührt hat mich das Geschick Letties, mit ihr habe ich gelitten, auch wenn ich sie ab einem Punkt nicht mehr verstanden habe. Sie sucht etwas, dazu hat sie ihre Familie verlassen müssen – es wäre nicht recht von mir zu verraten, was sie denn sucht. Aber an dieser Frau macht Beverly Lewis deutlich, dass es auch einer (per se, weil sie Amish ist?) gläubigen Frau extrem schwer fallen kann, Schuld, besonders die eines nahen Angehörigen, zu vergeben, obwohl das doch für sie fast selbstverständlich sein sollte. Tiefe Verletzungen nicht nur auszuhalten, sondern sie zu verzeihen, ist eben etwas, was man nicht einfach mal so aus dem Ärmel schüttelt, nur weil man einer christlichen Gemeinschaft angehört. Mir kam während des Lesens immer wieder etwas in den Sinn, was der mutige Klaus Mertes einmal gesagt hat: „Gott verzeiht nicht einfach nur deswegen, weil das uns gut tut, sondern weil es ihm gut tut.“ Auch wenn der Mann Katholik und dazu Jesuit ist, ist das ein Wort, das in meinen Augen auch (und nicht nur) einer Amish helfen kann: Vergebung ist nicht unbedingt für den Täter da, sondern in allererster Linie für das Opfer. Für Lettie scheint der Schritt zu dieser Erkenntnis noch ein wenig zu groß zu sein, ja manchmal kam es mir so vor, als wenn sie zu sehr auf diesen „dunklen Fleck“, um es ganz verharmlosend zu sagen, fixiert ist.


    Beverly Lewis hat es in diesen Buch zum ersten Mal geschafft, mich zu erschrecken, um nicht zu sagen zu frustrieren: Mit etlichen Bedenken habe ich die fast völlig unkritische Darstellung einer alternativen Heilmethode für Krebserkrankungen gelesen, die Heather für sich in Anspruch nehmen möchte. In meinen Augen völlig zu Recht gibt der Verlag dazu eine kurze, aber bitter notwendige Klarstellung am Ende des Bandes.
    „... wir bieten Hoffnung“ (Seite 218) bemerkt die Ärztin im Gespräch gegenüber dem skeptischen Vater – aber bietet das nicht erst einmal jede Heilmethode, sei sie konservativ, sei sie alternativ? Man mag mich bitte nicht falsch verstehen, ich verdamme keineswegs alternative Heilmethoden und ich bin sofort dabei, wenn es darum geht, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu unterstützen. Ich weiß nur zu gut, wie bodenlos die Tiefe ist, in die man angesichts einer solchen Diagnose stürzen kann, ich weiß auch um die Angst und die Bedenken vor Chemotherapie und Bestrahlung. Ich hätte mir nur dringend eine andere Form der Darstellung gewünscht, dass nicht nur das Positive, sondern auch die Gefahren einer solchen Therapie genannt werden. Die Erklärung, warum Heather konservative, klinische Therapien pauschal und vehement ablehnt, überzeugt mich jedenfalls nicht; mir kam sie ein wenig dünn vor.


    Die Bücher von Beverly Lewis lese ich gerne, weil sie mich in eine so andere Welt entführen. Die Sorgen und Nöte und die Freude der Amish, ihr tägliches Leben, ihre Koch- und Essgewohnheiten, ihr Glaube, ihr Gehorsam und ihr Nachdenken, all das habe ich wiederholt und stets mit einer gewissen Anteilnahme gelesen. Aber zum ersten Mal hat sie mich in eine harsche Auseinandersetzung mit einem ihrer Bücher gezwungen: per se ja eigentlich positiv, ob des Themas bin ich mir allerdings gar nicht mehr so sicher.


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  • Ich habe die Triologie kürzlich auf Englisch gelesen. Wollte was über die Amish lesen, und in meiner Bibliothek gibts kaum was zu dem Thema.


    Eigentlich lese ich ja sonst keine Liebesromane, aber irgendwie war es mal was anderes und sehr entspannend. Bei den Beschreibungen der Mahlzeiten ist mir immer das Wasser im Mund zusammengelaufen.


    Sehr gewundert habe ich mich auch über die total positive Darstellung der alternativen Heilmethoden. Vielleicht sieht man das in den USA in gewissen Kreisen ja so (gibt dort ja auch viele Gegner der Evolutionstheorie). Kann mich auch an keine Anmerkung dazu im Original-TB erinnern.