Gelesen wurde aus "Das Spiel der Nachtigall"
Leider gab es im Vorfeld dieser Lesung einige krankheitsbedingte Ausfälle, so dass streifi und meine beste Freundin nicht mit zur Lesung konnten. Dafür hat Schnuckerle sich kurzfristig entschlossen eine der übrigen Karten zu nehmen. Beim großen Thalia / Buchhaus Campe in Nürnberg trafen wir uns dann um 19:15 Uhr mit melanie.
Für mich war es gleich eine doppelte Premiere.
Meine erste Lesung bei Thalia in Nürnberg und meine erste Lesung von Tanja Kinkel. Nachdem wir noch ein bisschen durch den Laden gestöbert hatten, begaben wir uns in den dritten Stock, wo in der "Kultur-Lounge" die Lesung stattfinden sollte. Zur Versorgung der Hörerschaft gab es kostenlose Getränke. Ich war mir noch etwas uneins ob ich das Buch kaufen sollte, 25 Euro sind ja nun mal nicht von Pappe, und wollte es letztendlich von der Lesung abhängig machen.
Als um 20 Uhr Tanja Kinkel das Podest betrat und die Lesung begann, hatten sich ca. 60-70 Leute eingefunden. Sie bedankte sich erst mal bei allen Anwesenden für ihr Kommen, noch dazu wo an diesem Abend nur ein paar Häuser weiter Hellmuth Karasek ebenfalls eine Lesung abhielt. Dem gegenüber hatte Frau Kinkel jedoch ein Ass im Ärmel: "Ich bin Fränkin!" verkündete die gebürtige Bambergerin grinsend. Einführend erklärte sie, warum ihrer Meinung nach Walther von der Vogelweide nach wie vor die Menschen interessieren würde, und dass sein Grab in Würzburg (eines von mehreren möglichen) immer mit frischen Blumen geschmückt war, wenn sie es besucht hatte.
Dann begann Frau Kinkel den Prolog bzw. Aufgesang aus "Das Spiel der Nachtigall" vorzulesen. Hin und wieder musste sie mit ihrer Stimme leider gegen die aus dem 2. Stock heraufdringenden Geräusche der Cafeteria ankämpfen, in der das aufräumende Personal Stühle / Tische rückte und mit Geschirr klapperte. Das Vortragen der unterschiedlichen Rollen und auch die Betonung des gelesenen Textes waren für Frau Kinkel gar kein Problem und so schaffte sie es, ihre Zuhörer sogleich in ihre Geschichte zu ziehen. Mir gefiel vor allem der Humor und spätestens als Walther zu einem ausländischen Fremden in Evangelien-Latein etwas von "Friede auf Erden. Schickt Boten zum Geldwechsel in die Stadt des Kaisers Augustus, die da heißt Wien" radebrechte, war meine Entscheidung gefallen: Ich würde das Buch kaufen. Walther wird schon zu Beginn recht deutlich gezeichnet, er ist etwas vorlaut aber auch gewitzt, weiß wann er eine Gelegenheit beim Schopf ergreifen kann, redet sich aber manchmal auch beinahe um Kopf und Kragen. Kurzum: Eine Figur die ich sympathisch finden und über die ich auch schmunzeln konnte. Mal sehen wie sich das in den restlichen fast 1000 Seiten des Buches entwickelt.
Nach etwa einer dreiviertel Stunde war der Prolog zu Ende, danach erzählte Tanja Kinkel noch ca. 15 Minuten etwas über ihre Recherchen, da von Walthers Leben ja nicht wirklich viel überliefert ist, anhand eines Beispiels aus dem Prolog was überlieferte Wirklichkeit sei, was sie "dazugedichtet" hatte, das aber durchaus so hätte passieren können ("Es kann zumindest niemand beweisen, dass es nicht so gewesen ist."). Zudem erwähnte sie ihre weibliche Hauptfigur, die jüdische Ärztin Judith, die im vorgelesenen Abschnitt nicht auftrat. Dazu hatte sie viel über mittelalterliche Medizin recherchieren müssen.
Zuletzt beantwortete sie einige Fragen aus dem Publikum.
Mit meinem frisch erworbenen Buch stellte ich mich anschließend auch brav in die Schlange der Wartenden um es mir signieren zu lassen. Allerdings etwas weiter hinten mit melanie, man wollte ja auch ein paar Worte mit der Autorin wechseln (und melanie ein paar Bücher mehr signieren lassen *g*). Wir gaben uns als Büchereulen zu erkennen und sie meinte, sie freue sich sehr auf die Leserunde im Januar, da sie bei den Büchereulen schon gute Erfahrungen mit Leserunden gemacht habe. Und wir sollten allen Büchereulen viele Grüße ausrichten! (*check*) Als wir Frau Kinkel von unserer armen, verunglückten streifi berichtet hatten, gab es dann auch noch einen "Gute Besserung"-Wunsch auf die Eintrittskarte, die ich ihr bei nächster Gelegenheit dann überreichen werde.
Abschließendes Fazit: Mit der kuscheligen Atmosphäre der Bücherstube in Zirndorf kann der Thalia natürlich nicht mithalten, das war mir allerdings von vorneherein klar. Aber es war trotzdem schön und das anwesende Personal sehr nett und freundlich. Frau Kinkel hat eine wirklich unterhaltsame und stimmlich toll nuancierte Lesung gehalten.
Ich finde es nur schade, dass nicht häufiger Lesungen mit bekannteren Autoren im Thalia in Nürnberg abgehalten werden. Allerdings gab der Leiter der Geschäftsstelle zurück, dass Lesungen leider keine große Nachfrage bei ihnen haben (er hatte z.B. für Frau Kinkel eigentlich mit etwa 200 verkauften Karten gerechnet), was er letzten Endes auch auf die Lage in der Fußgängerzone zurückführt. Was für den Verkauf gut ist, ist in dieser Hinsicht ein Nachteil, da scheinbar nur wenige Leute nachts in die Fußgängerzone zu einer Lesung kommen wollen. Aus meinem persönlichen Blickwinkel muss ich hinzufügen, dass ich auch das Gefühl habe, dass diese Veranstaltungen vielleicht nicht publik genug gemacht werden. Ich selbst habe ja gerade mal eine Woche vorher von Frau Kinkels Lesung erfahren, im Laden selbst war (als ich die Karten abholte) der Aufsteller mit der Ankündigung der Lesung nach HINTEN gedreht neben der Rolltreppe (vorne stand irgendeine andere Veranstaltung), so dass man sie nur vom hintersten Ende des Ladens aus hätte lesen können. Optimale Werbung sieht schon ein bisschen anders aus.
Ich hoffe einfach mal, dass es trotzdem weiterhin zumindest ein paar Lesungen im Thalia geben wird. Es sind insgesamt gesehen schon wenig genug hier im Umkreis.