Nachtprinzessin - Sabine Thiesler

  • Die Nachtprinzessin
    Sabine Thiesler
    Heyne Verlag
    ISBN: 978-3453266322
    576 Seiten, 19,99 Euro


    Über die Autorin: Sabine Thiesler, geboren und aufgewachsen in Berlin, studierte Germanistik und Theaterwissenschaften. Sie arbeitete einige Jahre als Schauspielerin im Fernsehen und auf der Bühne und schrieb außerdem erfolgreich Theaterstücke und zahlreiche Drehbücher fürs Fernsehen (u.a. Das Haus am Watt, Der Mörder und sein Kind, Stich ins Herz und mehrere Folgen für die Reihen Tatort und Polizeiruf 110). Bereits mit ihrem ersten Roman Der Kindersammler stand sie monatelang auf den Bestsellerlisten. Ebenso mit den folgenden Büchern Hexenkind, Die Totengräberin und Der Menschenräuber.


    Kurzbeschreibung: Eine Mordserie versetzt Berlin in Angst und Schrecken. Ein perfider Mörder, der sich selbst als »Prinzessin« bezeichnet, sucht sich seine Opfer auf den nächtlichen Straßen und erdrosselt sie beim Liebesspiel…



    Meine Meinung: Der Titel dieses Krimis liest sich ungewöhnlich und könnte auch auf einem Vampir-Roman stehen, doch dass Sabine Thiesler nun Vampire in die Toskana flattern lässt, stand dann doch eher nicht zu vermuten. Stattdessen widmet sie sich in ihrem neuen Buch den Machenschaften eines homosexuellen Serientäters, der erst die Berliner Polizei in Atem hält und dann auch den Kollegen in Italien Rätsel aufgibt.


    Matthias von Steinfeld ist geschieden, Vater eines Sohnes und wohnt im Hause seiner über alles geliebten Mutter. Als erfolgreicher Immobilienmakler lebt er ein unauffälliges und relativ sorgenfreies Leben, doch das gerät immer mehr aus den Fugen, als seine Mutter einen schweren Schlaganfall erleidet. Um zur Ruhe zu kommen, kauft er sich eine Ferienwohnung in der Toskana, doch vor sich selbst kann er nicht fliehen.


    Ich war bei dieser Lektüre hin und her gerissen und blieb bis zum Ende unsicher, was ich von diesem neuen Krimi der Autorin halten soll. Das Buch punktet mit flüssigem Schreibstil und einer rasanten Handlung, doch ist die Person des Matthias in sich nicht schlüssig und wirkt über weite Strecken nicht überzeugend. Ein großer Teil der Handlung dreht sich um ihn - die Ermittlung der Polizei ist kaum Thema, allerdings musste natürlich die ermittelnde Kommissarin ein Privatleben haben, und in dem ist sie alleinerziehende Mutter, die Probleme mit ihrer heranwachsenden Tochter hat - Nicht besonders originell, aber da die Ermittlungen eh kaum erwähnt werden, spielt das keine große Rolle. Ebenfalls keine Rolle spielen scheinbar die begangenen Morde, die eher nebensächlich geschildert werden. Irgendwie ist es die Gewichtung, die hier nicht stimmt, denn einzig der "normale" Alltag des Mörders wird ausführlich dargestellt während viele Dinge, die den Leser interessieren würden, nur am Rande behandelt werden.


    Das alles stört den Lesefluss aber nicht - für mich waren es mehr die Ungereimtheiten, bei denen ich dann stehen geblieben bin:


    Auf einer Seite wird die Mutter von Matthias als Langschläferin beschrieben, zwei Seiten später steht sie nun plötzlich gern früh auf – der Sohn Alex erinnert sich an ein schlimmes Erlebnis vor 14 Jahren, das auf der nächsten Seite auf einmal nur noch 13 Jahre zurück liegt. Ein kleiner Gauner auf der italienischen Insel Giglio, der wahrscheinlich noch nie in seinem Leben auf dem Festland, geschweige denn in Deutschland war, droht Matthias damit, dass er „über den Deister“ gehen wird, eine Redensart, die mir hier in Hannover sehr geläufig ist, doch die ich mir nur schwerlich als italienische Mundart vorstelle.


    Das sind natürlich nur Kleinigkeiten, doch es finden sich noch weitere Dinge, die ich nicht wirklich logisch nachvollziehen kann und so ergibt sich eine größere Summe von Stolpersteinen für mich, bei denen die handelnden Figuren nach und nach an Glaubwürdigkeit verlieren und so fällt mir ein Fazit schwer. Ich würde sagen, wer leichte Krimikost und lockere Unterhaltung liebt, ohne die Handlung und Personen zu sehr zu hinterfragen, der findet hier einen flüssig und gut geschriebenen Krimischmöker. Ich würde 5 Eulenpünktchen dafür in die Toskana senden.

  • So "hammerhart berauschend" hört sich das ja nun nicht gerade an. Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. Hier erscheint es mehr als angebracht, auf das Taschenbuch warten, wenn dieser Krimi denn mal als Taschenbuch erscheinen sollte. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

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  • Schade, das klingt wirklich nicht sonderlich...Die Beschreibung bei Neuvorstellungen klang eigentlich gut - aber nun...Wird wohl das TB abgewartet. Danke für die Rezi Eskalina :wave

  • ich habe das gefühl, dass es mit ihren geschichten bergab geht. der kindersammler war große klasse, ebenso gut hat mir auch hexenkind gefallen. doch schon bei die totengräberin kamen mir erste zweifel und der menschenräuber hat mich schon garnicht mehr überzeugt.
    danke für die ausführliche rezension - ich werde mein geld lieber in ein anderes buch investieren.

  • Ich bin auch unschlüssig, wie ich die "Nachtprinzessin" bewerten soll. Einerseits ist das Buch gut geschrieben und lässt sich in einem Rutsch weglesen, andererseits gibt es einige inhaltliche Widersprüche und die letzten 50 Seiten, die mir gar nicht gefallen haben.
    Gerade das Ende passt für mich so gar nicht zum Rest des Buches. Da hatte ich das Gefühl, die Deadline rückt näher und das Ende des Buches muss jetzt irgendwie erzwungen werden.
    Da gefallen mir die anderen Bücher von Sabine Thiesler besser. Insgesamt - mit Wohlwollen - ganz knappe 6/10 Punkten.

  • Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Innerhalb von nur 2 Tagen "musste" ich die 570 Seiten lesen. Obwohl der Mörder von Anfang an bekannt ist, fand ich die Handlung ungemein fesselnd.
    Ich muss mich als "unkritische" Leserin outen. Eskalina hat sicher recht mit ihren Kritikpunkten. Aber ich überlese so etwas, solange ich mich gut unterhalten fühle.
    Und das war bei dem Krimi durchgängig der Fall ;-)

  • Ich habe bisher alle Thiesler Bücher schon mehrmals verschlungen und war natürlich sehr gespannt auf diesen neuen Roman. Da mir gerade das letzte Buch sehr gefiel habe ich händeringend auf etwas Neues gewartet.


    Ich habe nun ungefähr 3/4 durch und muss sagen, es ist schon anders als sonst und ich empfinde ihn als den schwächsten Roman bisher von ihr. Dennoch gefällt er mir wieder sehr gut, ist spannend und unterhaltend. Ich mag den Mörder irgendwie :grin. Dazu sind wie immer die Schauplätze toll beschrieben, sehe es genau vor mir und es kommt Urlaubssehnsucht auf.


    Edit:
    Also, habe das Buch nun letzte Nacht beendet. Ein großes Finale blieb wirklich aus und das Ganze plätscherte eher ruhig vor sich hin. Keine großen Highlights, gebe ich zu, aber dennoch ein gutes Buch.

  • Ich habe dieses Buch nach ca. der Hälfte abgebrochen...Aufs TB warten wollte ich nicht, war zu neugierig, und jetzt ärgere ich mich ein bißchen darüber. Naja, selber Schuld...
    Warum abgebrochen?
    Nicht, weil der Mörder von Anfang an bekannt war, nein. Mir war es schlicht und ergreifend zu langweilig. Von Spannung keine Spur, nur selbstverliebtes Gerede eines Narziss, klare Abzeichnung einer Motives. Abgesehen vom Hauptprotagonisten empfand ich die übrigen Charaktere blaß, farblos und nicht nichtssagend.
    Ein typisches Klischee wird auch hier bei der ermittelten Kommissaren erfüllt. Schade. Mir zuviel des "Guten", nach der Hälfte konnte ich mich einfach nicht mehr zwingen weiter zu lesen.
    Ich hoffe, das hier liegende, noch zu lesende Buch von ihr ist besser...
    Normalerweise kommentiere ich abgebrochene Bücher nicht im Rezifred, aber hier habe ich mich echt vergriffen. Das musste raus. :grin

  • In diesem Krimi ist der Serienmörder von Anfang an bekannt: Es ist der homosexuelle Immobilienmakler Matthias von Steinfeld, der junge Männer, die er begehrt, entweder beim Sex erdrosselt oder sie, wenn sie sich seinen Avancen nicht zugänglich zeigen, überwältigt, vergewaltigt und dann erdrosselt. Von seinen ungewöhnlichen sexuellen Neigungen abgesehen, ist er auch sonst ein schwer gestörter, narzisstischer Mensch, der auch aus anderen Gründen mordet, z.B. wenn jemand sein ästhetisches Empfinden stört. Es gibt nur zwei Menschen, die er liebt: seine Mutter Henriette und seinen Sohn Alex, der aus seiner längst beendeten Muss-Ehe stammt.
    Obwohl der Leser den Mörder von Anfang an kennt, bietet der Roman angenehm zu lesende und spannende Unterhaltung. Man darf aber keinen tiefgründigen psychologischen Thriller erwarten. Die Darstellung der Hauptfigur ist mir persönlich zu unglaubwürdig, die Erklärung für sein gestörtes Verhalten ist meinem Empfinden nach zu dürftig. Die wenig detaillierten Rückblicke auf seine Jugend erhellen sein Verhalten als Erwachsener nicht. Anhand der Begebenheiten, die aus seiner Kindheit geschildert werden, hätte ich einen Hass auf dominante Frauen und in homosexuellen Beziehungen die Übernahme des "weiblichen Parts" (Prinzessin) erwartet.
    Auch der Verlauf der Handlung ist teilweise unrealistisch. Warum sollte ein so intelligenter Mörder der Polizei in maßloser Selbstüberschätzung Briefe schicken und noch eine Wimper beilegen. Dergleichen konnte sich ein Jack the Ripper leisten, im Zeitalter der DNA-Analysen muss man mit baldiger Festnahme rechnen. Den polizeilichen Ermittlungen wird in diesem Roman ohnehin nicht viel Raum zugestanden, die "Ermittlungsmethoden" der italienischen Polizei - der verantwortliche Kommissar auf der Insel Giglio ist ein fauler, unengagierter Sesselpupser - entspringen hoffentlich nur der Phantasie der Autorin, ansonsten wäre diese Insel ein Paradies für Kriminelle...


    "Nachtprinzessin" bietet gute Unterhaltung, lässt aber den Tiefgang vermissen.
    6 Punkte

  • Zitat

    Original von rocknrose
    ich habe das gefühl, dass es mit ihren geschichten bergab geht. der kindersammler war große klasse, ebenso gut hat mir auch hexenkind gefallen. doch schon bei die totengräberin kamen mir erste zweifel und der menschenräuber hat mich schon garnicht mehr überzeugt.


    ich würde sehr gerne das zitat verwenden, denn das bringt es auf den punkt:
    habe sehnsüchtig gewartet und als ich nicht mehr konnte, habe ich mir das hardcover gebraucht gekauft....das buch liest sich flüssig, aber alles geht so....naja die morde sind nebensache, die figur nicht klar. es kommen so viele unnütze charaktere und stränge darin vor....


    schade, ich finde ihre bücher werden qualitativ leider immer schlechter :(

    Liebe Grüße, Iva


    :lesend Tess Gerritsen - Totengrund

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  • Mir hat das Buch gut gefallen. Ich hab es gerne gelesen, auch wenn ich finde, dass die Bücher ruhig mal woanders spielen könnten. Nicht, dass es für die Geschichte ne Rolle spielen würde, aber immer Toskana? Na ja, egal.


    Die Figur Matthias hat mich zwiegespalten. Er ist kaltblütig, ekelhaft und ein Mörder. Arrogant und ein reicher Schnösel, der sich alles rauszunehmen vermag. Trotzdem hatte ich oft das Gefühl, dass ich nicht will, dass er verhaftet wird. Einmal dachte ich beim Lesen: "Mach das du dort weg kommst, sonst bist du fällig." Woher der Impuls kam, weiß ich nicht. Die liebevolle Art seine Mutter zu umsorgen hat bei mir vielleicht Mitleid erregt. Ich weiß es nicht. Eigentlich ist Matthias abstoßend, aber ich hatte Mitleid mit ihm.


    Was mich total erschüttert hat, waren die Zustände in den Küchen, denen sich Alex ausgesetzt hatte. Gibt es wirklich Küchenchefs, die verlangen, dass man seinen Urin einfach laufen lässt? In solchen guten Restaurants/Hotels? Ich hab schon viel gehört: von in die Suppe spucken bis nicht aufgegessene Suppe in den Topf zurückkippen. Aber das mit dem Urin ist mir neu. Ich möchte nicht wissen, wie es da in der Küche gestunken haben muss. Ekelhaft.


    Mir hat es Spaß gemacht das Buch zu lesen, auch wenn es durch und durch zum K.... ist. Ich fand es spannend und gut geschrieben. Ich werde auch das nächste wieder lesen. Von mir gibt es 9 Punkte.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich