Auf Treu und Glauben - Donna Leon (Commissario Brunetti 19)

  • Was? schon wieder ich, oder bin ich nur zu blöd den Thread zu finden? Ich wollt eigentlich gar keine Rezi schreiben, sondern nur meinen Senf zu fremder Rezi dazu geben, aber so sei es, schreib sie halt ich:


    DAS BUCH:


    Äääh... ich hab zu schnell gelesen; worum ging's nochmal :gruebel Ach ja:
    In Venedig ist's diesen Sommer verdammt heiss, umwerfende 30 Grad Celsius, und das, wie es sich für stilsichere Venezianer gehört: in Hemd, Anzug und Krawatte, und Brunetti träumt nur noch von einem Ferragosto im kühlen Glurns auf einer noch kühleren Alpenhütte, glücklicherweise scheint es auch den Verbrechern zum Verbrechen zu heiss zu sein.


    Einzig Vianello hat ein Problem mit seiner Tante, die ihr Geld in einen suspekten esoterischen Heiler steckt, aber da bislang keiner zu Schaden kam, und ihn keiner anzeigte, ist Vianello's Tante eher nicht zu helfen. Brunetti träumt weiter von Urlaub.


    Im Gericht scheint es Unregelmässigkeiten, beziehungsweise auffällige Regelmässigkeiten bei der Vertagung - Verschleppung von Prozessen zu geben, die sich immer um die Gestalten einer Richterin und dem ihr offenbar hörigen Gerichtsdiener akkumulieren.
    Natürlich ist an den Aktenbestandteilsverschlampungen bei lukrativ erscheinenden Streitparteien nicht die als gierig verrufene Richterin schuld, sondern der Gerichtsdiener.
    Da der Gerichtsdiener, der im Haus einer begünstigten Streitpartei an nobler Adresse lebt, jedoch einhellig als korrekt und verlässlich gilt, und das ganze keine Anzeige, sondern nur ein Hinweis unter Freunden ist, kann man keine Ermittlungen beginnen, Brunetti fährt erleichtert mitsamt der Familie nach Südtirol ab...


    Bedauerlicherweise kommt er nur bis Bozen, denn in Venedig geschah ein Mord. Der schlechten Telefonverbindung fiel der Name des Toten zum Opfer, der Brunetti sehr verblüfft, und die Gedanken wild kreisen lässt:


    Araldo Fontana, der gute und korrekte - und todlangweilige - Gerichtsdiener lag erschlagen im Innenhof seines Wohn-Palazzo.


    Aber es ist alles nicht so, wie es scheint, und wie man es sich denkt.



    DIE AUTORIN:


    Kennt nach 20 Bänden eh fast jeder, wenn man nix weiss: Wiki weiss das meisste


    EIGENE MEINUNG:


    Herbst, und weil der rituelle Altweibersommer-Hobbit reisetechnisch zu groß und sperrig war, der notorische Herbst-Brunetti von Arrow - im Original - A Question of Belief.


    Wieder einmal wartet man hier 119 Seiten, bis der Mord und die Ermittlung beginnt. Aber Lokalcolorit und Betrachtung der Personen und Gegebenheiten ist wie normal äusserst liebevoll ausgeführt. Auch laufen zwei Verbrechen paralell, weil eines nicht Stoff genug gibt, ein Buch zu füllen, und das Drama Nummer 2 sich erst spät entfaltet, als man es schon gar nicht mehr erwartet.


    Solides Geschichtenweben und Regelmässigkeit im Erscheinen machen die Autorin laut der Times-literaturbeilage aus, und das stimmt. Brunetti-lesen ist für mich ein Herbst-Ritual; einmal im Jahr braucht's Commissario Brunetti einfach. Etwaige Längen und verschnörkselte Fallkonstruktionen verzeiht man der Autorin allemal.


    Edit sieht grad: kauf dir ein n

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Gekauft und gelesen hab ich das englische original, weil's vom Format und dem Aussehen her zu den andern 18 bänden passt.


    Hinten drinnen sind als leseprobe die ersten zwei kapitel des 20. bandes, Drawing Conclusions, dort wird der Todesfall wieder schneller eintreten, wobei ich mich frag: wieso? denn wenn man 19 bücher durchgehalten hat, liest man den 20ten sowieso.
    Sind papier und druckkosten so billig, dass man die seiten 295-310 für eine leseprobe verwenden kann? Reicht nicht eine einseitige vorankündigung über die frauenleiche in der wohnung?

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Deine humorvolle Rezi war jetzt wahrscheinlicher interessanter zu lesen als das Buch es wäre, aber ich hab noch nie ... von der Donna Leon. Und das gehört nun fast auch schon zur Allgemeinbildung.
    Vielleicht fang ich mal bei Fall 1 an?!

  • Lol mach das, aber es ist kein 'echter' Krimi - sie ist eine 'langsame' schriftstellerin, das heisst sie selbst schreibt schnell, aber langsame geschichten. Zum fürchten wirds dabei nicht, nur zummoralischen entrüsten, weil ihre geschichten plitisch und gesellschaftskritisch sind; aber man kann damit geistig in venedig spazieren gehen, die stimmung dort schnuppern, ohne dort hin gehen zu müssen, und die aktuelle 5€ stadtbetretungsgebühr zahlen zu müssen... das nächste mal suchen sie sich die touristen auch noch nach angemessener kleidung und dem BMI aus.
    Venezianer sind sehr elegante und kultivierte leute, aber auch etwas eigen...


    :lache

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Bei mir ist es ähnlich wie bei MagnaMater: einmal im Jahr braucht´s Commissario Brunetti. Auch wenn hartgesottene Krimifans wahrscheinlich eher enttäuscht wären von der Krimihandlung, mir gefallen einfach die Atmosphäre, das Wiedersehen mit den Figuren (vor allem Brunetti und Signorina Elettra) und die Beschaulichkeit sowie die gesellschaftskritischen Aspekte.


    Eine leise Enttäuschung bleibt aber dennoch ein jedes Mal zurück, wirken die Bücher doch zunehmend nach Schema F geschrieben:


    Naja, andererseits funktioniert diese Masche doch schon lange gut, warum sollte Donna Leon also etwas ändern? Und ein wenig Modifikation ist ja auch jedes Mal dabei, insofern freue ich mich auf das nächste Taschenbuch.
    "Auf Treu und Glauben" war ideal für zwischendurch, aber kein Highlight der Serie, zu konstruiert ist der Fall und zu brustschwach der Plot.

  • Never change an winning team :lache
    aber ich warte auf einen gewissen pepp, dass etwa Chiara oder Raffi wo schnüffeln, wo sie nicht schnüffeln sollten, etwa als praktikanten im geschäft bei opa Falier und dass ihnen dann etwas ärgeres passiert (bittschee, nichts tödliches, aber fast, damit man als leser mit seiner herbst-familie wirklich angst kriegt) und die ermittlung extrem persönlich wird...
    Da bei den geschäftskollegen von opa Falier liegt ja einiges im argen, da könnt man doch noch was finden, wo sich der opa nur noch knapp juristisch rauswindet, samt scheidungsdrohung der besten aller gattinnen aber wahrscheinlich hebt sie sich das für band 30 kurz vor B's pensionierung auf.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Ich bin ein Fan von Brunetti, und habe bisher 19 Bücher mit ihm als Ermittler gelesen, wobei auf Treu und Glauben zu den Schlechtesten zählt. Es hätte allein schon auf die Hälfte gekürzt werden können, wenn das ganze Gejammer über die Hitze gestrichen worden wäre. Dann hätte man noch einmal einen guten Teil weglassen können, weil der Mord erst zur Hälfte des Buches passiert und dazwischen ausser Essen und Schwätzen nichts passiert. Dass Brunetti nicht mit einem Computer umgehen kann, ist nicht neu, genausowenig wie Pattas Selbstherrlichkeit und das makellose Aussehen seiner Sekretärin. Das Ende war ausserdem noch höchst unbefriedigend.
    Ich hoffe die Autorin findet die Freude am Schreiben wieder zurück, denn so lustlos wie es in diesem Buch zugeht habe ich mehr das Gefühl eine billige Kopie zu lesen als ein wahres Buch von Donna Leon.