Queen Victoria - Karina Urbach

  • Klappentext
    Königin Viktoria wurde zur ersten wahrhaft globalen Herrscherin, etwa ein Drittel der damaligen Weltbevölkerung gehörte schließlich zum britischen Empire. Mit 18 bestieg sie den Thron, um mehr als 63 Jahre zu regieren und ein ganzes Zeitalter zu prägen. Dieses Buch räumt mit vielen Legenden über die „jungfräuliche“ Königin mit neun Schwangerschaften auf, zeigt ihren Familiensinn und ihre Begabung für medienwirksames Auftreten, ihren Politikstil und den Umgang mit Premierministern wie Disraeli oder Gladstone. Sie wurde Kaiserin von Indien und als „Großmutter Europas“ bestimmte sie auch maßgeblich die europäische Politik bis zu ihrem Tod 1901.


    Wie es mir gefallen hat
    Insgesamt gesehen recht gut, obwohl ich mich von Anfang an gefragt habe, wie die Autorin dieser Herrscherin auf nur 191 Seiten gerecht werden will. Und so ist auch vieles auf der Strecke geblieben, wobei weniger die politischen Aktivitäten oder der Arbeitsstil der Königin gemeint sind, als vielmehr die Privatperson Victoria. Anhand der Unmengen von schriftlichen Aufzeichnungen, die die Regentin hinterlassen hat, müsste die Recherche für jeden Autor ja geradezu ein Vergnügen sein.
    So ist mir die Queen auch nach der Lektüre fremd und fern geblieben, allein ihr Verhältnis zu ihrem Ehemann hat Karina Urbach recht ausführlich geschildert. Mir war zwar bekannt, dass Victoria als die Witwe Europas schlechthin in die Geschichte eingegangen ist, aber wie abhängig sie von Albert wirklich war, ist mir erst jetzt richtig bewußt geworden. Durch ihre langen Witwenschaft gerät diese Tatsache wohl allzu leicht in Vergessenheit.
    Durch den geringen Umfang konnte Victoria weder in ihren Stärken noch in ihren Schwächen genügend Rechnung getragen werden. Wer aber mit dieser Frau, nach der ein ganzes Zeitalter benannt wurde, erst einmal in Tuchfühlung kommen möchte, wird mit diesem Büchlein eine gute Einstiegshilfe finden und vielleicht neugierig auf eine ausführlichere Biografie werden.

  • Diese Biografie ist mit 192 Seiten nicht sehr umfangreich, informiert aber dennoch in insgesamt 10 Kapiteln sehr detailliert über alle Aspekte von Victorias "Berufs-" und Privatleben. Der Leser erfährt Wissenswertes über ihre ständige Gängelei und Überwachung durch ihre Mutter, in deren Zimmer sie bis zum 18.Lebensjahr schlafen musste, und kann dann umso eher nachvollziehen, warum Victoria als blutjunge Königin einer Heirat und damit neuerlichen Überwachung, diesmal durch einen Ehemann, abgeneigt war. Die Autorin beschreibt Victorias erste Gehversuche als Regentin an der Hand des vierzig Jahre älteren Premierministers Melbourne. Eine neue Phase in ihrem Leben wird durch die Heirat mit ihrem Cousin Prinz Albert von Coburg eingeläutet. Nachdem Victoria sich entgegen ihren Plänen zu ihrer eigenen Verwunderung in ihn verliebt hat, gewinnt er immer mehr Einfluss auf sie und ihre politischen Entscheidungen. Die Autorin widmet sich auch der Jugend von Prinz Albert in einem sehr "amoralischen" Umfeld und zeigt auf, wie er zu dem "langweiligen Moralapostel" wurde, den die Briten in ihm sahen. Darüber hinaus hebt sie seine Verdienste hervor: er war nicht nur sehr fleißig, gewissenhaft und vielseitig interessiert, sondern verstand es auch, die königliche Familie pressewirksam zu vermarkten. Die PR-Arbeit der heutigen Royal Familiy soll direkt auf Alberts Methoden der königlichen Inszenierung zurückgehen. Der längste Regierungsabschnitt der Königin fällt in die Zeit nach Alberts Tod 1861, als sie von der willfährigen und anbetungsvollen Ehefrau zur willensstarken und souveränen Königin und im Volk als die "Witwe von Windsor" bekannt wurde.
    Die Biografie berichtet hier sowohl über Victoria als Figur auf dem politischen Parkett und ihre unterschiedlich harmonischen Beziehungen zu den Premierministern ihrer langen Regentschaft als auch über außenpolitische (z.B. Krimkrieg) und innenpolitische (soziale Missstände) Probleme. Über ihre Beziehung zu ihren neun Kindern und zahlreichen Enkeln, die sich bei ihr sehr unterschiedlicher Beliebtheit erfreuten, weiß Karina Urbach einiges zu vermitteln, hier hätte sie meiner Meinung nach noch ausführlicher schreiben können.


    Der Erzählstil ist nicht biografietypisch, sondern sehr unterhaltsam mit einem respektlos-humorvollen Unterton.


    So heißt es auf Seite 10 über den Großvater von Queen Victoria:


    Zitat

    Zitat

    George III galt seinen Zeitgenossen als ausgesprochen unattraktiver Mann, der nicht nur die amerikanischen Kolonien, sondern auch seinen Verstand verloren hatte. Seine Familienverhältnisse waren so zerrüttet wie seine Nerven. Bereits im luziden Zustand bekämpfte er die Mehrzahl seiner 15 Kinder. [...]


    Dieser Sprachstil machte mir das Buch zu einem wahren Lesevergnügen. :wink:
    Als hilfreich empfand ich auch die (nicht sehr zahlreichen) Illustrationen im Buch sowie die Zeittafel und eine umfangreiche Bibliografie im Anhang.


    Fazit: Dieses Buch kann man Lesern, die sich für Victoria (& Albert) und die Situation Englands vor dem Hintergrund der industriellen Revolution des 19.Jahrhunderts interessieren, bedenkenlos empfehlen. 9 Punkte

  • Zitat

    Original von €nigma
    Fazit: Dieses Buch kann man Lesern, die sich für Victoria (& Albert) und die Situation Englands vor dem Hintergrund der industriellen Revolution des 19.Jahrhunderts interessieren, bedenkenlos empfehlen. 9 Punkte


    Danke.
    Dann ist es genau das Richtige für mich. Ich habe über Victoria und Albert bisher leider nur Artikel gelesen - es wird höchste Zeit für das Buch!