Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Dora Heldt

  • Doris ist am Boden zerstört. Obwohl sie mitten im Leben steht, eine gute Ehe führt und zwei tolle Söhne hat, möchte sie nicht wahrhaben, dass sie bereits 50 Jahre alt wird. Ihr Mann plant eine große Feier, die sie mit Schrecken ablehnt. Den Tag möchte sie lieber mit Katja und Anke verbringen, ihren ältestens Freundinnen, die sie bereits seit über 30 Jahren kennt.
    Sie flüchten in ein Wellness-Hotel und lassen es sich gut gehen. Doch auch hier ist nicht alles eitler Sonnenschein, denn Geheimnisse kommen ans Tageslicht, mit denen keiner gerechnet hat...



    "Ein Buch ohne Christine? Geht das denn?" - Das war so ziemlich mein erster Gedanke, als ich dieses Buch in meinen Händen hielt. Aber doch, Dora Heldt ist auch dieses Kunststück gelungen.
    Zwar reicht dieses Buch bei weitem nicht an den Charme von den Christine-Büchern heran, aber hier wurde dennoch eine tolle Mischung aus Humor, Unterhaltung und Ernsthaftigkeit geschaffen.


    Allerdings brauchte ich zunächst einige Zeit, um mich an die neuen Charaktere zu gewöhnen. Die drei Frauen sind allesamt sympathisch, aber ihr Umgang miteinander ist sehr ruppig, sodass mich dieses Verhalten oftmals irritiert hat und ich mich mehrfach gefragt habe, ob dies wirklich eine so gute Freundschaft oder eher eine Zweckgemeinschaft ist.
    Jede hat ihre Geheimnisse und scheut sich auch nicht davor, die anderen anzulügen. Hier werden nicht nur Schulden verheimlicht, sondern auch Kinder und sogar falsche Jobs angegeben. Warum man derartiges nötig hat, ist für mich nicht nachvollziehbar.


    Neben dem typischen Humor von Dora Heldt, kann man hier auch ihre ernste Seite kennenlernen. Die Protagonistinnen sind alle im Alter von Frau Heldt und sie stellen sich gegenseitig die Frage, was sich mit 50 Jahren ändern wird, ob sie alles richtig gemacht haben, wie sie die Wechseljahre und Falten durchstehen, usw.


    Die Covergestaltung ist wieder einmal super. Jedes Cover von Dora Heldt strahlt Urlaubsstimmung aus, was gerade jetzt im verregneten Herbst gut tut. Die Kurzbeschreibung ist ebenfalls stimmig und macht Lust auf mehr.


    Insgesamt konnte mich auch dieses Buch von Dora Heldt überzeugen. Zwar kommt es bei weitem nicht an die Christine-Bücher heran, aber dennoch hat die Geschichte mich gut unterhalten. Die perfekte Lektüre für ruhige Herbststunden.

  • Tolle Rezi! Ich habe das Buch seit der Frankfurter Buchmesse im Regal und immer habe ich andere Bücher vorgezogen.


    Dann fiel mir ein das ich diese Buch ja noch nicht gelesen hatte und dann habe ich losgelegt.
    Ich muss sagen, das Buch ist super. Die drei Frauen sind so gegensätzlich und trotzdem verbindet sie eine tolle Freundschaft, auch wenn der Kontakt nicht regelmäßig war.
    Des Öfteren habe ich gelacht, alleine wie sie miteinander umgehen, einerseits gefühlvoll und dann wieder ruppig.


    Vieles kommt in dem Wellnessurlaub ans Tageslicht, womit man überhaupt nicht gerechnet hat.


    Ein tolles Buch von Dora Heldt, es ist das erste Buch von ihr, was ich gelesen habe.

  • Zum Glück reicht das Buch nicht an die Geschichten mit dem unsäglich selbstherrlichen Heinz ran - es ist nämlich sehr viel besser. Dora Heldt besinnt sich wieder an die Anfänge mit Ausgeliebt und verlässt die Klamaukschiene, wobei auch hier der Humor nicht zu kurz kommt.


    Für mich war das ein Buch über Neuanfänge, ein Besinnen, was man mit seinem Leben bisher angefangen hat und was man damit noch anfangen möchte. Irgendwann ist jeder von uns an Scheidepunkten angelangt, anfangs noch die Entscheidung, wieviel man für die Kinder oder den Mann umstrukturiert, danach, wenn die Kinder aus dem Haus sind, ob das eigene Leben so geworden ist, wie man es sich gewünscht hat. Vor allem, wie man mit den Konsequenzen der eigenen Entscheidungen lebt, die sich in fünf Jahrzehnten nun mal irgendwie einstellen.


    Ich fand die Charaktere sehr realistisch, irgendwie konnte sich da jeder wiederfinden. Doris, die Hausfrau mit Mann, zwei Kindern und eigenem Betrieb, wollte eigentlich studieren, dann aber kamen ihr die Kinder und der Betrieb dazwischen. Ich fand ihre damaligen Entscheidungen nachvollziehbar, das eigene Leben erst einmal hinter die Bedürfnisse der Kinder zu stellen. Aber jetzt setzt die Langeweile ein, die Kinder sind aus dem Haus, der Mann schwer im Betrieb beschäftigt udn sie selber weiß nun nicht, was sie noch mit sich anfangen soll.


    Katja, die Karrierefrau, die als Moderatorin im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht und sich mit einem erheblich jüngeren Liebhaber jung hält. Bei ihr kommen dann auch die ernsten Töne durch, denn mit zunehmenden Alter wird es immer schwerer, auch jung zu wirken. Sie nimmt das Leben so, wie es kommt und war immer der Vermittler zwischen Anke und Doris, die mit offen Worten schnell und effektiv jede Schwierigkeit erkennt und treffend analysiert. Gleichzeitig bietet sie aber auch Lösungsvorschläge an, selbst in ihrem eigenen Leben erkennt sie ihre Fehler und lernt daraus.


    Dann gibt es noch Anke, eigentlich die Intelligenteste der Runde, die aber durch unglückliche Umstände in ein ganz anderes Leben gepresst wird, als sie es sich erträumt hatte. Sie allerdings sucht meistens die Schuld bei den anderen, auch für sie ist dieses gemeinsame Wochenende sehr hilfreich und aufschlußreich.


    Zeit, Freundschaften zu pflegen und sich auszusprechen sollten sich alle Freundinnen mal nehmen. Das gemeinsame Wochenende zwingt die drei Frauen dazu, auch mal unangenehme Wahrheiten, die sich schon teilweise seit dreißig Jahren angestaut hatten, endlich auszusprechen. Entweder zerbricht die Freundschaft, oder sie geht gestärkt daraus hervor. Die ganzen zufälligen Begegnungen sind schon etwas hergeholt, jeder trifft einen Menschen aus seiner Vergangenheit, die als Katalysator für das Aussprachebedürfnis herhalten. Trotzdem gelingt es Dora Heldt immer noch, unvorhersehbare Wendungen einzuflechten und eine Situationskomik miteinfliessen zu lassen, die aber zum Glück nicht in den Klamauk abrutscht. Und wer Heinz vermissen sollte, dem bietet sich Margot an, Doris' unmöglich aufdringliche Mutter, die es wirklich versteht, jeden Spaß zu unterdrücken und Überraschungen zu vermiesen.


    Mir hat das Buch auf jeden Fall gut gefallen - ich habe ja auch schon Ausgeliebt wesentlich lieber gelesen als die Versteckspiele mit Papa Heinz. Und so ganz ohne Christine - lasst euch da mal überraschen.


    LG
    Patty

  • Zu diesem Buch sagt Denis Scheck (der auch nicht immer recht hat):


    "Dumpfe deutsche Unterhaltung, das literarische Äquivalent zu einem panierten Schweineschnitzel mit Mehlpampe."


    Ich hätt´s nicht besser sagen können. Mehr an Rezension zu diesem "Werk" braucht´s nicht. Nur fairnesshalber die Feststellung, dass es sich phantastisch verkauft und, wenn man mit der Fernbedienung nicht aufpasst, auch noch als TV-Filmchen droht.

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Zu diesem Buch sagt Denis Scheck (der auch nicht immer recht hat):


    "Dumpfe deutsche Unterhaltung, das literarische Äquivalent zu einem panierten Schweineschnitzel mit Mehlpampe."


    Ich hätt´s nicht besser sagen können. Mehr an Rezension zu diesem "Werk" braucht´s nicht. Nur fairnesshalber die Feststellung, dass es sich phantastisch verkauft und, wenn man mit der Fernbedienung nicht aufpasst, auch noch als TV-Filmchen droht.


    Kann es vielleicht auch sein, dass Du nicht die richtige Zielgruppe für dieses Buch bist? Ich hab das Buch Anfang des Jahres gelesen, fand es toll und hab mich prächtig amüsiert, aber vielleicht steh ich auch auf paniertes Schweineschnitzel mit Mehlpampe :gruebel

    Liebe Grüße
    Sabine


    Ich :lesend"Talberg 1935" von Max Korn

    Ich höre "Mein Leben in deinem" von Jojo Moyes

    SuB: 163

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann Zu diesem Buch sagt Denis Scheck (der auch nicht immer recht hat):


    Wie wahr, wie wahr........


    Zitat

    "Dumpfe deutsche Unterhaltung, das literarische Äquivalent zu einem panierten Schweineschnitzel mit Mehlpampe." Ich hätt´s nicht besser sagen können. Mehr an Rezension zu diesem "Werk" braucht´s nicht. Nur fairnesshalber die Feststellung, dass es sich phantastisch verkauft und, wenn man mit der Fernbedienung nicht aufpasst, auch noch als TV-Filmchen droht.


    Auch bei Problemem mit der Fernbedienung bleibt immer die Um-/Abschaltoption.


    Zitat

    Original von Gwendy
    Kann es vielleicht auch sein, dass Du nicht die richtige Zielgruppe für dieses Buch bist? Ich hab das Buch Anfang des Jahres gelesen, fand es toll und hab mich prächtig amüsiert, aber vielleicht steh ich auch auf paniertes Schweineschnitzel mit Mehlpampe :gruebel


    :write :write
    Obwohl ich sonst andere Genres favorisiere und weder Mehlpampe noch Schweineschnitzel -egal ob paniert oder unpaniert- mag, fand ich dieses Buch als Zwischendurchlektüre recht amüsant und unterhaltsam.
    (Ist das/bin ich jetzt "dumpf deutsch" Herr Scheck? :gruebel :rolleyes

    lg butterfly49

    "Sapere aude" "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen."
    (Quintus Horatio Flaccus)

  • Du hast recht, ich gehöre wohl nicht zur Zielgruppe für Dora Heldt.
    Ich hätte mich hierzu besser gar nicht geäußert, das ahne ich schon, aber diese Zielgruppen-Thematik treibt mich um. Das liegt vermutlich daran, dass sie mir (zusammen mit "Schreiben Sie doch mal was, das im Mainstream liegt" und "Romane werden vorwiegend von Frauen gekauft") jahrelang von den Verlagen um die Ohren gehauen wurde, bis ich endlich meinen Verlagsvertrag hatte.
    Belletristik ist so vielfältig wie die Menschen, die sie lesen - und das ist gut so. Dabei unterliegen offenbar - ganz abgesehen von Genre und Plot - auch die Qualitätsanforderungen gewisser Zielgruppen dieser Vielfalt.
    Ich wollte und will aber niemanden sein Lesevergnügen vermiesen - sorry, falls das so ´rüberkam!

  • Inhalt
    Der 50. Geburtstag von Doris steht kurz bevor und dass sie ihren runden Geburtstag lieber sang- und klanglos verstreichen lassen möchte, statt mit all ihren Verwandten, Bekannten und Freunden zu feiern, kann ihr Mann Thorsten nicht verstehen. So flüchtet Doris kurzerhand mit ihren alten Schulfreundinnen Anke und Katja ein paar Tage an die Ostsee, um in einem Wellnesshotel zu entspannen. Gemeinsam lassen sie alte Erinnerungen aufleben und gewinnen einige Erkenntnisse über das Leben & die Liebe...


    Meine Meinung
    Nachdem ich die Bücher rund um Christine und Papa Heinz liebe, musste ich natürlich auch "Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt" lesen, obwohl mein 50. Geburtstag noch in weiter Ferne liegt und ich mit dem Thema Wechseljahre wenig anfangen kann. Die Story beginnt am 27. April und endet genau 1 Monat später an Doris 50. Geburtstag.


    Diesmal dreht sich als um 3 Freundinnen, die sich seit ihrer Schulzeit kennen. Doris Goldstein-Wagner ist noch 49, wohnt mit ihrem Mann Thorsten in Lüneburg und hat 2 erwachsene Söhne. Die Vollzeithausfrau langweilt sich zwischen Friseur und Shopping und fragt sich, ob das schon alles gewesen ist, was ihr Leben zu bieten hat... Katja Severin wohnt in Kiel und arbeitet fürs Regionalfernsehen. Die 48-jährige erfolgreiche Ex-Fernsehmoderatorin sieht viel jünger aus als sie ist und hat derzeit eine leidenschaftliche Affäre mit dem 29-jährigen Alex... Die 49-jährige Anke Kerner hat ein paar enttäuschende Beziehungen hinter sich und lässt sich gern von ihrer Schwester vom Kinderhüten einspannen. Während Doris und Katja im Geld schwimmen, muss die Hamburger Redakteurin jeden Euro 2 Mal umdrehen... Die drei grundverschiedenen Freundinnen sind eigentlich interessante Charaktere, denen allerdings ein wenig an Authentizität fehlt. Oft wirken Katja, Anke und Doris oberflächlich, ebenso wie es ihre Probleme teilweise sind. Weiters hat mich gestört, dass sich die Freundinnen ziemlich oft mit ihren Nachnamen anreden. Da wird aus Anke die Kerner oder Katja ist einfach Severin - das finde ich eigenartig, denn wer spricht seine Freundinnen mit Nachnamen an?


    "Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt" ist eine Geschichte über Freundschaft, das Alter und das Älterwerden. Sehr häufig kommt die Sprache auf das magische Alter 50. Gehört man mit 50 schon zum alten Eisen oder darf man sich noch etwas vom Leben erwarten? Ist das Leben so verlaufen, wie man es sich als Jugendlicher vorgestellt hat? Diese Fragen beschäftigen auch die 3 Frauen über das gesamte Wochenende... Die nette Story hat einige Wirrungen und Überraschungen auf Lager, auch wenn die Geschichte manchmal etwas unrealistisch wirkt. Schön finde ich das Wiedersehen mit Christine, da mir diese Figur während der letzten Bände sehr ans Herz gewachsen ist. Erzählt werden die Begebenheiten abwechselnd aus der Sicht von Doris, Katja und Anke, sodass man einen guten Einblick in das Leben der jeweiligen Erzählerin bekommt. Da ich selbst erst auf die 40 zugehe, kann ich mich in das 3-er Gespann bzw. in ihre Ängste, Sorgen und Probleme nicht immer einfühlen. Auch wenn mir das gewisse Etwas der Christine-Bücher gefehlt hat, so ist der Schreibstil von Dora Heldt gewohnt flüssig und locker-leicht, wodurch die 336 Seiten sehr schnell gelesen sind.


    FAZIT
    Mit den restlichen Büchern von Dora Heldt kann "Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt" meiner Meinung nach nicht mithalten. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich mich mit Hitzewallungen, Wechseljahren und der Angst vor dem Altwerden (noch) nicht so recht identifizieren kann. Dennoch hat mich "Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt" gut unterhalten und mir ein paar nette Lesestunden beschert. Dafür erhält dieser Roman kurzweilige 7 Punkte.

  • Ich habe das Buch passenderweise zu meinem "50" geschenkt bekommen.
    Irgendwie habe ich das Gefühl das sie es speziell für mich geschrieben hat. :lache
    In vielen Kleinigkeiten habe ich mich erkannt. Auch wenn ich solche Geheimnisberge nicht mit mir rumtrage.
    Auch ich habe mit diesen Tag gehadert und mich schliesslich damit ausgesöhnt.
    Alles in allem ein herrlich unterhaltsames Buch, das von mir die volle Punktzahl bekommt.

    Diese Eintrag wurde bisher 47 mal bearbeited, zultzt gerade ebend, wegen schwere Rechtsschreipfeler.

  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


    * * * *


    Dora Heldt: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt, München 2011, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-24857-0, 318 Seiten, Softcover/Klappenbroschur, 21 x 13,4 x 3,4 cm, EUR 14,90 (D), EUR 15,40 (A).


    „Das hoffnungsvolle Talent Doris Goldstein-Wagner, knapp 50, verbringt die beste Zeit ihres Lebens damit, gelangweilt in ihrem großen Haus in Lüneburg zu sitzen. Dieser Zustand wird lediglich durch alberne Veranstaltungen, Friseur- und Kosmetiktermine, überflüssige Shoppingtouren und Mordlust erweckende Besuche der Frau Mutter unterbrochen. Der Gatte arbeitet sich einen Wolf, ist abends zwar müde, aber ihr immer noch zugewandt, was auch ein Problem darstellt, wie D. G.-W. nicht nur Hitzewellen, sondern auch Unlust verspürt. Dazu kommt, dass die Söhne auch nicht so sind, wie sie sein sollten, und der tägliche Alkoholkonsum auch nicht mehr hilft. Habe ich etwas vergessen?“ (Seite 187/188)


    Doris Goldstein-Wagner leidet nicht nur unter Wechseljahrbeschwerden, einer extrem nervigen Mutter und Langeweile, sondern auch unter der Vorstellung, in Kürze ihren 50. Geburtstag feiern zu sollen. So eine Fressveranstaltung in einem spießigen Lokal, möglichst noch mit peinlichen Reden und affigen Show-Einlagen sind ihr ein Graus. Sie will nicht feiern, doch ihre Familie ignoriert das beharrlich.


    Gegen ihren Willen organisiert Ehemann Torsten eine Überraschungsparty für sie. Als sie davon Wind bekommt, ist das Maß voll. Da wird sie nicht hingehen! Sie trommelt ihre zwei besten Freundinnen aus Schulzeiten zusammen, hinterlässt der Familie einen Zettel auf dem Küchentisch und setzt sich mit ihren Mädels übers Wochenende in ein Wellnesshotel an der Ostsee ab. Dort will sie in ihren Geburtstag hineinfeiern.


    Was sie sich von dem Wochenende verspricht, außer einer Auszeit von der Familie? Dass sich beim Erinnern an alte Zeiten das leichte Lebensgefühl von damals wieder einstellen möge, als das Leben noch bunt und spannend war und ihnen alle Möglichkeiten offen standen. Womit sie nicht rechnet: Dass es unwillkürlich zu einem Soll-Ist-Vergleich kommt und alle drei darüber ins Grübeln geraten, ob sie eigentlich das, was sie sich als Teenager erträumt und vorgenommen hatten, wirklich erreicht haben. Und wenn nicht, wo in ihrem Leben etwas schiefgelaufen ist.


    Doris denkt, dass ihre beiden Freundinnen ein wesentlich interessanteres Leben führen als sie selbst.


    Da sind ihre Mädels doch deutlich besser dran: Anke Kerner ist eine vielbeschäftigte Verlagsleiterin und Katja Severin arbeitet beim Fernsehen, sieht dank eiserner Disziplin, einem jungen Lover und eines geschickten plastischen Chirurgen keinen Tag älter als 35 aus. Dass ihre unverheirateten und kinderlosen Freundinnen sie um ihre Familie und ihr sorgenfreies Leben beneiden könnten, kommt Doris nicht in den Sinn. Der Leser merkt jedoch sehr schnell, dass es bei keiner der drei Damen so toll läuft, wie sie es gerne glauben machen würden.


    Auch wenn die drei Freundinnen sich nach der Schulzeit nicht mehr allzu oft gesehen haben, stellt sich schnell wieder die alte Vertrautheit ein. Sie schwelgen in Erinnerungen, lästern, lachen und freuen sich, dass sie sich, von ein paar Pfunden, falten und grauen Haaren mal abgesehen, gar nicht groß verändert haben. Doris ist nach wie vor eine Kichererbse und angestrengt bemüht, es allen recht zu machen. Anke denkt immer noch schneller als andere und ist noch die selbe Grobmotorikerin wie früher. Man sollte glatt mal mitzählen, wie viele Teller und Gläser sie in der Geschichte fallen lässt und wie viele Kellner sie umrennt. Die schnippische Katja Severin nimmt das Leben auch heute noch leicht und tanzt alle Sorgen einfach weg.


    Doch wie lange kann man Freunden etwas vormachen, die man seit 30 Jahren kennt? Als Anke einer alten Bekannten begegnet, die arglos etwas ausplaudert, bröckelt die Fassade der angeblich so erfolgreichen Verlagsleiterin.


    Die Geister der Vergangenheit scheinen, genau wie die Freundinnen, in dem Hotel eine Party zu feiern. Als nächstes laufen Doris und Katja gemeinsamen Bekannten in die Arme. Für Doris ist Hermann Wolter nur der Tennispartner ihres Ehemanns. Für Katja ist er der Ex-Chef


    Bleibt noch Doris. Sie hat sich ihr Leben lange Zeit schöngeredet. Jetzt hilft nicht mal mehr schöntrinken. Sie muss erkennen, dass sie ihr Talent verschleudert hat und auf dem besten Wege ist, so zu werden wie ihre Mutter: eine unzufriedene, egozentrische Nervensäge. Im ihrem Alltagstrott ist nicht nur ihre Beziehung zu Torsten eingeschlafen, sondern ihr Gehirn gleich mit. Sie muss in ihrem Leben dringend einiges ändern!


    Nirgends steht geschrieben, dass man sich mit 50 mit den Gegebenheiten abfinden muss. Mit der richtigen Idee lässt sich noch vieles verändern. Werden die drei Freundinnen einen Weg aus Schuldgefühlen, Frustration und Unterforderung finden?


    Ein Baby-Boomer-Buch! Clever! Viele von uns sind jetzt in diesem Alter und können mit Doris und ihren Freundinnen mitreden. Es würde uns wohl ganz ähnlich ergehen, wenn wir unseren damaligen Weggefährtinnen ein Wochenende verbrächten: „Es war seltsam: Seit sie mit Katja und Anke in dem Hotel war, kamen diese Gedanken. Diese Frage danach, wie das eigene Leben tatsächlich lief. Ob das mit diesem Geburtstag zusammenhing oder damit, dass die beiden alten Freundinnen wussten, wie sie mal gewesen war und was sie mit ihrer Zukunft vorgehabt hatte?


    Wie viele Stunden hatten sie zusammengesessen, fürchterlich aromatisierte Tees aus Tonkannen getrunken und von ihren Plänen und Wünschen erzählt.“ (Seite 145)


    Ja, ja, ganz genau! So war’s! Tee aus Tonkannen und endlose Gespräche über die Zukunft! Und da kommt dieses Buch gerade recht, das uns zeigt, dass man nicht die einzige ist, die im Leben dämliche Entscheidungen getroffen hat, dass auch bei anderen nicht immer alles so gelaufen ist, wie sie sich das in jungen Jahren vorgestellt hatten. Und dass mit 50 noch nicht aller Tage Abend ist.


    Die Mädels in dem Buch haben Humor und den flapsigen Umgangston von Leuten, die einander schon ewig kennen. Oft gelingt es ihnen, das Absurde, Komische und Heitere einer Situation zu erkennen, doch dieses Buch ist ernster als die berühmte „Papa“-Reihe der Autorin. Mutter Margret Goldstein ist zwar mindestens so nervig wie „Papa“ Heinz, aber nicht so brüllkomisch. Dies nur zur Information, damit niemand glaubt, er bekomme hier genau das gleiche, nur mit anderen Personen.


    Einen kleinen Insider-Gag für die „Papa“-Freunde gibt’s. Die würden sich in einer Szene am liebsten rettend dazwischenwerfen und einer Dame zurufen: „Nimm den nicht! Wir kennen seine Familie!“


    Ein bisschen viele Zufälle gibt’s in der Geschichte – all die Bekannten der drei Damen, die auf einmal im Hotel auflaufen! – und der Schluss ist sehr optimistisch. Die Möglichkeiten, die Doris und ihre Mädels haben, hat nicht jede. Hat man sich über weite Strecken mit den Gedanken und Problemen der drei identifiziert, sagt man sich jetzt womöglich: „Na ja, die können leicht!“ Aber unterhaltsam ist der Roman. Man fühlt sich verstanden, und ein bisschen Schwung und Zuversicht gibt einem die Geschichte auch. „Hört mal! Wie liegen nicht auf dem Sterbebett und ziehen ein letztes Resümee!“, sagte Katja auf Seite 273. „Wir haben noch alles in der Hand. Das hier war das große Aufräumen und nun richten wir alles neu ein. Na, vielleicht nicht alles, aber wenigstens die eine oder andere Ecke. Macht ihr mit?“


    Die Autorin
    Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, ist gelernte Buchhändlerin, seit 1992 als Verlagsvertreterin unterwegs und lebt heute in Hamburg. Mit ihren spritzig-unterhaltenden Romanen hat sie sämtliche Bestsellerlisten erobert. „Urlaub mit Papa“ (dtv 21143) und „Tante Inge haut ab“ (dtv 21209) wurden fürs ZDF verfilmt.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Vandam ()

  • Ich habe nun auch "Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt" gelesen. Nachdem ich mich durchgesetzt habe, dass die BIB es gekauft hat, endlich mal dort mitgenommen.


    Auch mir hat der Freundschaftsaspekt, die tiefgehenden Gespräche der alten Freundinnen, die sich aus den Augen verloren haben, sehr gut gefallen. Wirklich schön, dass die drei sich noch immer nahe stehen.


    Doris Mutter ist wirklich sehr speziell! Ich finde gut, dass die Ehe mit Thorsten nicht infrage gestellt wird, sondern Bärbel in dieser wieder neue Ziele verwirklichen will. Bin mal gespannt, ob die drei auch einmal wieder in einem Heldt-Buch auftauchen. Durch die Verbindung Christine und Georg sollte doch Anke vielleicht mal auftauchen.


    Weniger gut finde ich, dass bei der derzeitigen Verfilmung in Heiligendamm Frau Neubauer mal wieder die Hauptrolle spielt. :rolleyesSie ist auch so nordeutsch. :cry

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Ich habe dieses Buch mit viel Vergnügen und recht zügig durchgelesen. Die Romane um Christine und ihren Vater Heinz ( Christine hat doch hier auch einen Krzauftritt, oder ist das eine andere Christine :gruebel) sind lustiger aber manchmal auch zu gewollt lustig geschrieben. Dieses hier hat mir mehr zugesagt vl wegen der Thematik des am Scheidewegs stehend, ich weiß es nicht. Natürlich war manches etwas konstruiert aber das gehört zu so einem Buch einfach dazu. Der Umgangston der drei Freundinnen ist wirklich etwas gewöhnungsbedürftig aber auf der anderen Seite kann man sich ja wirklich nur unter sehr guten Freunden alles sagen. Der Humor kam auch nicht zu kurz, ich mußte jedenfalls oft genug schmunzeln. Von mir 10 Punkte

  • Am Sonntag, 11.11.2012/ 20:15 - 21:45 Uhr kommt "Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt" im ZDF.


    Mit: Christine Neubauer, Birge Schade, Gesine Cukrowski, Markus Knüfken, Eckhard Preuss, Norman Kalle, Dominic von Seydlitz, Monika John, Julia Stinshoff

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Zitat

    Original von Vandam
    http://www.kino.de/kinofilm/do…igstens-nicht-kalt/145352
    Ausgerechnet mit Christine Neubauer in der Hauptrolle. Das wird wieder so ein Kaas werden ... Ach je. Normalerweise schau ich ja nix an, was sie macht.


    Vorsichtig ausgedrückt, wie Du denkt die Mehrheit, bzw. warte ich auf den Tag, an dem mir jemand sagt, gern Frau Neubauers Filme zu schauen. Die Konzentration Rollen mit immer wieder den gleichen Schauspielern zu besetzen, ist zum Haare raufen! Christine Neubauer assoziiert man doch auch sofort mit Norddeutschland! :cry

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Hat denn jemand der das Buch gelesen hat den Film gesehen?


    Da das Buch bisher nur auf der WL steht und ich es noch nicht gelesen habe, war ich natürlich gespannt auf den Film. Der war zwar nicht schlecht, aber so vom Hocker gehauen hat er mich nun nicht.


    Nun überlege ich natürlich, ob es sich noch lohnt das Buch zu lesen. :gruebel

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)