1 MP3 CD
639 Minuten
ungekürzte Lesung
Sprecher Günter Merlau
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Zum Autor (vom Verlag)
Titus Müller, geboren 1977 in Leipzig, studierte in Berlin Literatur, Geschichtswissenschaft und Publizistik. 1998 begründete er die Literaturzeitschrift Federwelt. 2002 war er Mitbegründer des Autorenkreises Historischer Roman QUO VADIS. Im gleichen Jahr veröffentlichte er, 24 Jahre jung, seinen ersten Roman. Titus Müller wurde mit dem C. S. Lewis- und dem Sir Walter-Scott-Preis ausgezeichnet.
Zum Sprecher
Günter Merlau stammt aus einer Familie, die schon seit Generationen im Theater und als Unternehmer aktiv ist. Er selbst studierte Musik, ist seit langem als Musiker, Sänger und Schauspieler tätig und gründete 2004 in Hamburg die Firma Lausch – Phantastische Hörspiel- und Hörbuchproduktion.
Kurzbeschreibung (vom Verlag)
Für Nele Stern wird ein Traum wahr: Als Barfußtänzerin feiert sie ihren ersten Auftritt im renommiertesten Varieté ihrer Zeit, dem Berliner Wintergarten. Doch sie fällt beim Publikum als zu prüde durch. Da beschließt sie, nach Amerika auszuwandern: Das Geld reicht gerade für eine Fahrt in der 3. Klasse der Titanic. An Bord des Luxusliners lernt sie Matheus kennen, einen Pastor aus Berlin. Er reist mit Frau und Kind, durchlebt aber gerade eine Ehekrise. Ungeniert flirtet seine Frau, eine Tochter des kaiserlichen Hofbankiers, mit einem Engländer, der sich höchst verdächtig benimmt. Tatsächlich ist er ein Spion der britischen Krone. Der Zusammenstoß der Titanic mit einem Eisberg stürzt die Reisenden in einen Mahlstrom aus Wasser und Eis und setzt Liebe und Freundschaft einer weiteren Zerreißprobe aus.
Meine Meinung
"Tanz unter Sternen" ist ein in vieler Hinsicht außergewöhnliches Hörbuch, nicht nur weil es schnell einen unglaublichen Sog entwickelt und ich es gleichzeitig nicht zu Ende hören wollte, um die Figuren nicht verlassen zu müssen.
Titus Müller gelingt es mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit mich in eine turbulente Zeit zu versetzen, sowohl durch die zahllosen liebevoll eingeflochtenen Details, als auch durch die von ihm erdachten Figuren, die so ganz und gar Kinder ihrer Zeit sind. So wird das Berlin jener Jahre lebendig, der Alltag der Menschen damals so genau beschrieben, als wäre der Autor selbst durch die Zeit gereist. Auch sprachlich wurde jedes Detail bedacht, so dass deutlich wird, wie ähnlich und doch anders damals mit unserer Sprache umgegangen wurde. Insbesondere der Untergang ist besonders lebendig und stellenweise poetisch beschrieben, das gesamte Buch fast unbeschreiblich atmosphärisch. (Klingt vermutlich ein wenig seltsam, ist im Buch aber wirklich in sich stimmig.)
Die sehr unterschiedlichen und vielschichtigen Hauptfiguren verfügen allesamt über deutliche Ecken und Kanten, die in ihrer jeweiligen Biographie begründet sind. Matheus, der Geistliche, der es immer allen recht machen will und gleichzeitig das Gefühl hat zu versagen, vor allem seiner Frau gegenüber. Cäcilie, seine Frau, die aus einer einflussreichen Bankiersfamilie stammt, aus Liebe weit unterhalb ihres Standes heiratete und sich inzwischen fragt, ob es die richtige Entscheidung war. Ihr Sohn Samuel, der in der Schule ein Außenseiter ist und gerne einen guten Freund hätte. Nele, die aus einem der ärmeren Viertel Berlins stammt und gerne eine erfolreiche Tänzerin wäre. Lyman, der arrogante und skrupellose Brite, der sich ganz und gar im Dienste seines Landes glaubt und versucht, sein Privatleben zu vergessen. So sperrig sie alle sind, so sehr sind sie mir (außer Lyman) doch ans Herz gewachsen und begleiten mich auch Tage nach dem Ende des Hörbuch noch immer.
Schon in Berlin und später in höherem Maße auf der Titanic wird deutlich, wie immens die Unterschiede zwischen den gesellschaftlichen Klassen waren und welche Vorurteile herrschten. Welche Konsequenzen wiederum so manche Denkweise in den folgenden Jahren und Jahrzehnten haben würde ist aus heutiger Sicht natürlich absehbar und gerade deshalb faszinierend zu beobachten.
Günter Merlau ist der perfekte Sprecher für "Tanz unter Sternen", passt Tonlage und Geschwindigkeit stets der Atmosphäre der jeweiligen Szene an. Besonders in den eher düsteren Abschnitten überzeugte sein einfühlsam bedächtiger Stil, genau wie die mit vielen Emotionen gelesenen dramatischeren Abschnitte.
Besonders erwähnen möchte ich noch das Nachwort, in dem Titus Müller kurz und knapp noch Informationen über die damalige Zeit anfügt und mit einigen Mythen über die Titanic und anderes aufräumt. Schon während der Erzählung wird ganz nebenbei viel Wissen über diesen Zeitabschnitt vermittelt, im Nachwort wird einiges noch erklärt, auch über historische Persönlichkeiten, die in "Tanz der Sterne" auch auftauchen.
Fazit
Ein rundum gelungenes Hörbuch, sowohl inhaltlich, als auch sprachlich und noch dazu wundervoll gelesen von Günter Merlau... Titus Müller nimmt seine Leser bzw. Zuhörer mit auf eine Zeitreise, erst nach Berlin, dann auf die Titanic und vermittelt duch die Augen seiner wundervoll sperrigen Figuren ganz nebenbei noch viel Wissen über jene Zeit. Uneingeschränkte Hör- bzw. Leseempfehlung von mir!
P.S. Vielen Dank an Radioropa für die ungekürzte Lesung, dank der keine einzige Szene der Schere zum Opfer fallen musste.