Inhaltsangabe (amazon)
Kathrin ist fassungslos. Ein Mädchen aus dem Dorf hat sich das Leben
genommen, weil es die Schande nicht ertragen konnte. Der Sohn des
reichsten Bauern hatte sie verführt. Alle jungen Frauen verfallen ihm,
nur Kathrin lässt sich nicht blenden. Sie schließt einen Pakt mit ihren
Freundinnen. Keine von ihnen wird sich je mit Lukas einlassen. Doch
einer Intrige wegen muss Kathrin Lukas heiraten. Ihre Gefühle ihm
gegenüber schwanken zwischen Hass und Anziehung. Währenddessen nehmen
die Ungerechtigkeiten der herrschenden Adligen zu. Kathrin schließt sich
Bauern an, die einen Aufstand planen. Als sie sich einem anderen Mann
zuwendet und Lukas dies entdeckt, drohen dem Aufstand Verrat und Kathrin
der Tod.
Eigene Beurteilung
Die Inhaltsangabe lässt einen üblichen historischen Roman der "leichtverdaulichen" Art erwarten, dies trifft aber nicht zu, obwohl Elemente solcher Romane enthalten sind. Vordergründig behandelt "Der Schwur der Jungfrauen" eine hindernisreiche Liebesgeschichte um eine junge Frau zwischen zwei Männern. Kathrin Lett ist die Tochter eines armen Bauern aus Untergrombach. Sie hegt eine heftige Abneigung gegen Lukas Simon, genannt Lux, den Sohn des wohlhabendsten Bauern im Dorf. Lux betätigt sich als Dorfcasanova und hat bereits eine Freundin von Kathrin in Schwierigkeiten gebracht und verlassen, woraufhin diese sich augenscheinlich wegen der Schande das Leben genommen hat. Kathrin und ihre Freundinnen Jutta und Margret schwören einander, sich niemals mit Lux einzulassen. Dass dessen Vater, Wendel Simon, nicht bereit ist, Kathrins Vater Geld zu leihen, als dieser die immer belastenderen Abgaben an die Obrigkeiten nicht leisten kann, verstärkt noch ihren Hass auf die Familie Simon. Umso schrecklicher ist es für Kathrin, als sie aufgrund einer Intrige ihres Vaters gezwungen wird, Lux zu heiraten. Die Ehe verläuft unglücklich, zumal bis auf die Schwiegermutter alle Familienmitglieder Kathrin ablehnen. Sie hält sich nur am Sonntag in ihrer Schwiegerfamilie auf und lebt/arbeitet ansonsten auf der nahegelegenen Burg, mit dessen Burgwache Michel ihre Freundin Jutta inzwischen verheiratet ist. Auf der Burg lebt auch Hans (Johannes), der sich als jüngerer Sohn eines Edelmannes als Landsknecht verdingt hatte und nun als Knecht arbeitet. Kathrin fühlt sich einerseits zu ihm hingezogen, andererseits hat sie erbitterte Auseinandersetzungen mit ihm, da er sich abfällig über die Bauern äußert und die bestehende Gesellschaftsordnung für gottgewollt und unabänderlich hält...
Wenn dieser Teil der Handlung auch einige Klischees typischer Vertreter des historischen Genres bedient, so hat der Roman doch darüber hinaus mehr zu bieten: er spielt in den Jahren 1497 - 1502 vor dem Hintergrund der beginnenden Vereinigung unzufriedener Bauern zum sogenannten "Bundschuh" unter Joß Fritz.Dieser hatte im Gegensatz zur Mehrheit des Bauernstandes eine gewisse Bildung genossen und konnte lesen. Er hielt die Zeit für gekommen, die eklatanten Missstände in einer Gesellschaft, in der 90% der Bevölkerung für die restlichen 10% (Adelige und Geistliche) schuften mussten, abzuschaffen. Die Autorin schildert am Beispiel der Landbevölkerung von Untergrombach sehr eindringlich das harte, entbehrungsreiche Leben der Bauern, das von unaufhörlicher Arbeit und immerzu steigenden Abgaben und Steuern geprägt war. In den Text ist ein zweiter, kursiv gedruckter Erzählstrang eingebettet, der sich mit der "Niklashäuser Wallfahrt" unter Hans Böhm im Sommer 1476 beschäftigt und verdeutlicht, dass es bereits gegen Ende des 15.Jahrhunderts Bestrebungen gegeben hatte, gegen die soziale Ungerechtigkeit aufzubegehren. Sowohl dem Unterfangen des Hans Böhm als auch den Aktivitäten der Mitglieder des "Bundschuhs" war kein Erfolg beschieden, dennoch weisen diese Ereignisse in eine Zukunft, in der die gesellschaftlichen Strukturen hinterfragt und - später - verändert wurden.
Ich hätte gern noch etwas mehr über die aufständischen Bauern und etwas weniger über die persönliche Geschichte der fiktiven Protagonistin gelesen, trotzdem hat mir das Buch gut gefallen. Dies liegt nicht zuletzt an der "Schlussbemerkung" der Autorin über die reale Geschichte des Untergrombacher "Bundschuhs".
Fazit: Bei der Lektüre von "Der Schwur der Jungfrauen", dessen Titel ich nicht so gelungen finde, kommen sowohl Fans historischer Liebesromane als auch Liebhaber ernsterer Themen auf ihre Kosten, das Buch ist jedoch glücklicherweise in keiner Weise ein "Nackenbeißer" wie viele Vertreter des Genres und pflegt auch einen historisch authentischen und gepflegten Sprachstil.
8 Punkte