Der Autor:
1921 in Lemberg/heutiges Polen in jüdische Verhältnisse hineingeboren, überstand er die Nazizeit mit gefälschten Papieren. Er studierte Medizin, schloss das Studium aber nicht ab, um dem Beruf als Militärarzt zu entgehen. Statt dessen arbeitete er später in der Forschung und begann zu schreiben. 2006 starb er in Krakau.
Das Buch:
Wir befinden uns im 32. Jahrhundert. Der Kapitalismus ist überwunden und Kommunismus regiert die Welt. In dieser Zeit macht sich ein Raumschiff mit gut 200 Wissenschaftlern aller Art auf die lange Reise zu einem anderen Sonnensystem, um Kontakt zu anderen Lebewesen aufzunehmen... doch mit einem haben die Reisenden nicht gerechnet: mit der schwarzen Leere des Weltraums die zunehmend auf ihrem Gemüt zu lasten beginnt.
Meine Meinung:
Ich war ein wenig erstaunt, dass andere Bücher von Lem, die im Forum bereits besprochen wurden, doch eher für gut befunden wurden. Denn dieses hier, eins seiner Frühwerke (1955), hat mich wiedermal auf eine harte Probe gestellt, ob ich bis zum Schluss durchhalten würde. Es kam mir vor wie ein nicht endend wollender Lobgesang auf den Kommunismus. Permanent gibt es Seitenhiebe auf den Kapitalismus, die kommunistische Zukunft ist ein Idyll ohne Kriege, ohne Neid.. Diesen Teil des Buches fand ich zunächst noch ganz .."niedlich", und im Kontext der Zeit der Entstehung des Werkes auch ok.
Leider fand ich aber auch den Rest nicht besonders mitreißend. Die Grundidee fand ich faszinierend. Da macht sich eine handvoll Menschen auf die fast 2 Jahrzehnte dauernde Reise zu einem fernen Planetensystem, löst sich mehr und mehr von der Erde, entwickelt einen eigenen kleinen Mikrokosmos innerhalb der Raumkapsel und versucht dieser Situation, für die der Mensch wohl nicht geschaffen ist, in seinem Geiste Herr zu werden. Der Ansatz ist klasse, daraus hätte man eine Menge machen können. Aber im Endeffekt ist das ganze einfach nur unglaublich langatmig und größtenteils ereignislos. Da werden teils völlig belanglose wissenschaftliche Gespräche im Detail wiedergegeben, die - wenn auch zum Teil mit interessanten Fragestellungen versehen - in meinen Augen die Geschichte kein Stück voran bringen. Ich vermute, diese gigantische Ereignislosigkeit in der Geschichte sollte dem Leser wohl ein Gefühl für das Erleben der Reisenden geben. Ich denke jeden normalen Leser hätte sie hingegen zum Abbrechen des Buches bewogen (ich selbst breche Bücher solch geringen Umfangs aus Prinzip nicht ab).
Ich würde dieses Buch jedenfalls niemandem empfehlen wollen, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es für irgenjemanden ein echter Lesegenuss sein kann.
Ich habe noch die Sternentagebücher von ihm auf meinem Wunschzettel. Die Euphorie darauf ist zwar gebremst, aber dennoch dürfen sie vorerst dort bleiben, denn ich laß ein interessantes Zitat von Lem:
“Heute erzeugt es [über "Die Astronauten"] bei mir nur Übelkeit. Auf derselben Ebene liegt der “Gast im Weltraum”, vor allem aufgrund seiner Diktion. … Ich stand damals weitgehend unter dem Einfluss von Rilke, so war also mein Stil der zehnte Aufguß der Sprache dieses Dichters. Gießen wir über das noch eine widerlich schmalzige Fabel, dann erhalten wir ein Extrakt der sozrealistischen Ära…” (aus "Lem über Lem: Gespräche")
Das er dieses Werk selbst nicht mehr sonderlich mochte, stimmt mich milde, und vielleicht versuche ich nochmal was anderes von ihm.
liebe Grüße
Aj