KLAPPENTEXT:
Benjamin ist sechzehn und kapselt sich von allen ab, denn er trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum. Es hat mit der Zeit im Internat Reichenfels zu tun, damals als er zwölf war. Jetzt will Benjamin nur noch vergessen. Doch als Lilith ihn besucht, kommen die Erinnerungen umso heftiger zurück – an den Lehrer, der Benjamin missbraucht hat, an die Verzweiflung und die Scham. Ben muss sich entscheiden: zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Schweigen und Freiheit...
ZUR AUTORIN:
Brigitte Blobel wurde 1972 in Hamburg geboren, studierte Theaterwissenschaften und Politik und arbeitet nun als freie Journalistin und Autorin. Neben Jugend- und Erwachsenbüchern schreibt sie außerdem Drehbücher und ist Übersetzerin der „Fünf Freunde“ - Reihe von Enid Blyton.
EIGENE MEINUNG:
Ich habe „Dunkles Schweigen“ gerade aus der Hand gelegt und bin immer noch ein wenig Starr. Starr und erschüttert von dem was darin passiert. Traurig und bewegt vom Schicksal eines Jungen, dessen Vertrauen und Situation schamlos ausgenutzt wurden.
Autorin Brigitte Blobel ist es unwahrscheinlich gut gelungen Bens Kampf mit sich selbst und die Bewältigung seiner Erfahrungen darzustellen. Ich habe schon einige Bücher zum Thema Missbrauch gelesen, aber Brigitte Blobel beschreibt dies so echt, so reell, dass mir beim Lesen übel wurde. Dabei geht es nicht um die Missbrauchsszenen an sich, die sie zwar teilweise recht detailliert und somit sehr schockierend beschreibt, sondern vor allem um das, was beim Opfer ausgelöst wird. Noch nie hat mich der Umgang des Protagonisten mit seiner Missbrauchssituation so sehr mitgenommen wie in „Dunkles Schweigen“.
Das liegt nicht nur an Brigitte Blobels gefühlvoller, aber auch sehr direkter und eindringlicher Schreibe, sondern auch daran wie authentisch sie das Thema behandelt. Der Leidensweg, den Ben zu durchlaufen hat, ging mir so nah, dass ich mich während des Lesens ein sehr beklemmendes Gefühl hatte. Wie sehr er darunter leidet, wie wenig er sich traut darüber zu reden...ohne Schnörkel bringt Brigitte Blobel auf den Punkt wie schrecklich solche Erlebnisse sind und wie sehr sie das gesamte Leben eines Opfers beeinflussen. Wie aus einem normalen und sehr talentierten Jungen ein seltsamer Vogel wird, dem man die Lust am Malen, an seiner Leidenschaft zur Kunst, genommen hat und der erst wieder lernen muss einen „normalen“ sozialen Umgang zu pflegen. Der erst wieder zu sich selbst finden muss, um sich überhaupt jemals wieder auf andere einlassen zu können.
Nicht nur die Opferrolle wird eindrücklich und realistisch dargestellt, sondern auch die des Täters. Es war widerlich und hat mich gerade zu mit Hass erfüllt, wie der Lehrer Ben mit Hilfe von psychischen Tricks und regelrechtem Psychoterror dazu gebracht hat nichts zu sagen. Wie er die Wahrheit verdreht hat, wie er Ben dazu bringt sich selbst die Schuld zu geben usw. Denn nicht nur die Tat schädigt Missbrauchsopfer, sondern auch das, womit sie sich auseinander setzen müssen und da steht ganz oben die Frage der Schuld. Eine Schuld, die Täter nur zu gern auf ihre Opfer abwälzen, bis diese glauben, dass sie sich das Ganze selbst zuzuschreiben haben und sich selbst immer weniger leiden mögen.
Eine weitere offene Frage ist die der Mittäterschaft. Denn wie kann es passieren, dass ein Lehrer in einem Internat dazu kommt Schutzbefohlene zu missbrauchen. Und wie kann es dazu kommen, dass eine Mutter so etwas nicht merkt?
FAZIT:
„Dunkles Schweigen“ ist ein sehr bedrückendes und berührendes Buch über das schreckliche Thema Kindesmissbrauch. Der Autorin ist es auf sehr authentische und sensible Art und Weise gelungen eine Geschichte zu schreiben, die sich mit dem Leidensweg, aber auch dem Heilungsprozess eines Missbrauchopfers auseinandersetzt.
EXTRAS:
Im Anhang der Geschichte befinden sich Adressen von Beratungsstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs.