Hanser Verlag, 2011
Gebunden, 335 Seiten
übersetzt aus dem Isländischen von Angela Schamberger, Wolfgang Butt
Kurzbeschreibung:
Eine Geschichte über menschliche Grenzsituationen: Einar Thor und seine Geliebte Eva sind schwer alkohol- und drogenabhängig. Während Einar in den Niederlanden in Untersuchungshaft sitzt, schreiben die beiden sich fast täglich, und weil sie sich noch nicht lange kennen, erzählen sie einander ihre Lebensgeschichte. Dank ihrer innigen Verbindung gelingt es ihnen schließlich, die Sucht zu überwinden. Nach seiner Entlassung vertraut Einar dem Schriftsteller Einar Már Gudmundsson ihren Briefwechsel an. Gudmundsson, der darin sein eigenes Alkoholproblem gespiegelt sieht, schreibt daraufhin eine Liebesgeschichte über die beiden und schreibt sich selbst mit hinein - ein einzigartiges Buch zwischen Realität und Fiktion.
Über den Autor:
Einar Már Gu mundsson, 1954 in Reykjavík geboren, kehrte nach einem sechsjährigen Aufenthalt in Kopenhagen dorthin zurück. Seine Bücher sind in viele Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet worden. Bei Hanser erschienen die Romane Engel des Universums (Roman, 1998), für das der Autor mit dem Preis des Nordischen Rates ausgezeichnet wurde, und Fußspuren am Himmel (Roman, 2001) sowie Wie man ein Land in den Abgrund führt. Die Geschichte von Islands Ruin (2010).
Mein Eindruck:
Ein Klassiker unter den Alkoholikerromanen ist „Unter dem Vulkan“ von Malcolm Lowry, der teilweise experimentelle Literaturstile einsetze.
Mit „Vorübergehend nicht erreichbar“ liegt jetzt ein zeitgenössischer, moderner Alkoholikerroman von Einar Mar Gudmundsson vor, der ebenfalls einfallsreiche Stilmittel nutzt. Zum Beispiel einen Erzähler, der ebenfalls Einar Mar Gudmundsson heißt und der von der Liebesgeschichte eines Paares erzählt, die sich von Alkohol- und Drogensucht befreien.
Der Mann dieses Liebspaars heißt übrigens ebenfalls mit Vornamen Einar und sitzt als drogensüchtiger Dealer im Gefängnis, während seine Freundin Eva auf Drogenentzug geht.
Die Kapitel bestehen wechselweise aus den Briefen, die Einar und Eva sich schreiben und Reflexionen des Autors über seine eigene Alkoholsucht. Offenbar sind die Ereignisse biographischer Natur.
Die komplexe Struktur kann zwischendurch dazu führen, dass man als Leser Aufmerksamkeit aufbringen muss. Aber eigentlich wird immer schnell klar, wer jetzt spricht und der Roman ist größtenteils leicht verständlich. Außerdem schreibt Gudmundsson keineswegs mit Schwere sonder nutzt Leichtigkeit und Humor. Ab und zu erlaubt er sich auch einmal ein kleines literarisches Spiel, z.B. eine Seite, die eine kleine Verneigung vor dem italienischen Schriftsteller Italo Calvino und seinem Buch „Wenn ein Reisender in einer Winternacht“ bildet. Ansonsten strahlt der Roman ein isländisches Flair der zeitgenössischen Art aus, das mir auch sehr gut gefällt.
Ein geschickt konstruierter Roman. Ich habe mir anschließend sofort noch ein Buch dieses Autors bestellt.
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ASIN/ISBN: 3446230599 |