Mahi Binebine - Die Engel von Sidi Moumen

  • Titel: Der Engel von Sidi Moumen
    OT: Les Etoiles de Sidi Moumen
    Autor: Mahi Binebine
    Übersetzt aus dem Französischen von: Regula Renschler
    Verlag: Lenos Verlag
    Erschienen: September 2011
    Seitenzahl: 157
    ISBN-10: 3857874155
    ISBN-13: 978-3857874154
    Preis: 19.90 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Jaschin erzählt die Geschichte seines Lebens - und wie er es beendete. Mit seinen zehn Brüdern wächst er in Sidi Moumen auf, einem Elendsviertel vor den Toren Casablancas. Den Tag verbringt er mit den "Etoiles", seinen Freunden im örtlichen Fußballklub. Die Buben schlagen sich mit allerlei Gelegenheitsarbeiten durch: Sie durchwühlen die Abfallberge und verkaufen das Brauchbare, putzen Schuhe von Touristen, stehlen auch mal und prügeln sich. Der Fußball ist einer der wenigen Lichtblicke in ihrem Leben. In dieser Lage kommt Abu Subair gerade recht: Er unterstützt die Jungen mit Geld und Jobs. Sie freunden sich mit ihm an und lauschen seinen Einflüsterungen. Abu Subair verheißt ihnen das Paradies, dessen Pforte ganz nahe sei - was hätten sie denn schon zu verlieren?


    Der Autor:
    Mahi Binebine, geboren 1959 in Marrakesch, studierte Mathematik in Paris und unterrichtete dort acht Jahre lang. Gleichzeitig begann seine intensive Auseinandersetzung mit Malerei und Literatur. Seine Bilder werden heute in der ganzen Welt ausgestellt und gesammelt. Und seine Bücher sind in mehrere Sprachen übersetzt. Mit Tahar Ben Jelloun und Abdellatif Laabi zählt er mittlerweile zu den bekanntesten Autoren Marokkos. Seit 1994 lebt, malt und schreibt er in New York und Paris.


    Meine Meinung:
    Anlass für dieses Buch war der Selbstmordanschlag von vierzehn Jugendlichen am 16. Mai 2003 in Casablanca. Vierzig Menschen verloren dabei das Leben. Der Autor beschreibt anhand des Jungen Jaschin – der sich nach seinem Torwartvorbild Lew Jaschin nennt – wie junge Menschen manipuliert werden, wie sich radikale Islamisten die Unwissenheit der Jungen zunutze machen. Die Jungen werden indoktriniert, aufgrund ihrer Leichtgläubigkeit sind sie ein leichtes Opfer für die Einflüstereien von Menschen, deren Fanatismus schon sehr viele Menschen ins Unglück gestürzt hat. Mahi Binebine schreibt sachlich, er wertet nicht – er beschreibt. Mit klaren, nichts beschönigenden Worten schildert er die Situation und die Umstände in der die jungen Menschen mit ihren Familien leben. Er erzählt von der Armut und der Hoffnungslosigkeit in den Wohngebieten am Rande der Mülldeponie. Ein Menschenleben zählt dort nicht viel im täglichen sehr harten Überlebenskampf. Und die Menschen wissen auch, dass sie kaum Chancen haben dem Elend in welchem sie leben zu entfliehen. Niemand ist da, der ihnen auch nur die kleinste Perspektive auf ein besseres Leben bietet – leichtes Spiel also für radikale Einflüsterer. Mahi Binebine hat ein bedrückendes Buch geschrieben – aber es ist kein hoffnungsloses Buch. Immer schafft er es deutlich zu machen, dass auch einen anderen Weg gibt, als den Weg von Terror und Tod. Ein lesenswertes Buch. Das Buch bietet aber auch einen Einblick in das Leben der armen Menschen in Marokko, der Menschen die am untersten Ende der Gesellschaft leben – Menschen die von den Herrschenden seit sehr langer Zeit grausam unterdrückt werden.


    ASIN/ISBN: 3857874155

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Offenbar sehr lesenswert! :-)


    Ich finde ja. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Die Engel von Sidi Moumen– Mahi Binebine


    Mein Eindruck:
    „Die Engel von Sidi Moumen“ thematisiert die Gefahr, dass Jugendliche aus den Slums in Marokko von islamistischen Fanatikern als Selbstmordattentäter für den Dschihad rekrutiert werden. Die Jugendlichen sind arm und ohne Bildung, sie entsprechen nicht dem Profil der Attentäter des 11.September, sind aber gerade durch ihre Perspektivlosigkeit leicht zu verführen.
    Thematisch erinnert das Buch auch an Yasmina Khadras Die Lämmer des Herrn.
    Wenn auch teilweise etwas Thesenhaftes zu spüren ist, überzeugt der kurze Roman durch seine gewählte Erzählperspektive, die ungewöhnlich und konsequent, und damit in hohen Maße glaubwürdig ist.
    Sehr zu loben ist auch das erhellende Nachwort der Übersetzerin Regula Renschler, die offensichtlich hervorragende Arbeit bei der Übersetzung geleistet hat. Sie trifft einen angemessenen Ton, meidet pathetische Wörter und hält den Text angemessen knapp. Andere Übersetzer wären vielleicht in Versuchung geraten, Binebines Sätze auszuschmücken, das hätte dem Roman sehr geschadet.
    Die Buchgestaltung des Lenos-Verlags hat auch ein weiteres Mal so gut überzeugt, dass ich gleich noch einen Roman aus ihrem Programm bestellt habe. Von Mahi Binebine habe ich ebenfalls noch ein Buch bestellt.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Sehr zu loben ist auch das erhellende Nachwort der Übersetzerin Regula Renschler, die offensichtlich hervorragende Arbeit bei der Übersetzung geleistet hat. Sie trifft einen angemessenen Ton, meidet pathetische Wörter und hält den Text angemessen knapp. Andere Übersetzer wären vielleicht in Versuchung geraten, Binebines Sätze auszuschmücken, das hätte dem Roman sehr geschadet.


    Damit sagst du etwas sehr Wesentliches. In meinen Augen triffst du es hier wirklich punktgenau. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.