Kopflos - Charlotte Kerner

  • Eine Klinik in der Mitte des 21. Jhd. Hier arbeitet Lena, Professorin für Neurologie in einem führenden Transplantationszentrum. Die Transplantation von ganzen Gliedmaßen, ja Gesichtern, ist Alltag geworden, nur der eine große Schritt wurde noch nicht getan, liegt aber in der Luft: die Transplantation eines kompletten Gehirns. Doch auch diese letzte Herausforderung rückt in greifbare Nähe, als zwei neue Patienten in die Klinik eingeliefert werden: Josef, ein junger Adonis, erliegt seinen schweren Kopfverletzungen in Folge eines Fahrradunfalls, und wird nur noch durch Maschinen am Leben gehalten. Gero, ein Maler am Beginn einer aussichtsreichen Karriere, lebt nach einem Unfall in einem zerschmetterten Körper. Da wird Lena von Mutter bzw. Ehefrau der beiden Männer ein unerhörter Vorschlag unterbreitet: beide sollen weiterleben, der Körper des Sohnes und der Kopf des Gatten.
    Der Eingriff gelingt, doch schon bald zeigen sich Probleme, mit denen keiner der Beteiligten gerechnet hat


    Ein spannendes Thema, das um die Frage der Identität kreist, dem Verhältnis zwischen Kopf und Körper, der Beziehung zwischen den Menschen. Kerner schildert in einer kühlen, sachlichen Sprache, die Entwicklung Josef-Geros. Immer wieder eingeschobene Erläuterungen zur Neurophysiologie und -psychologie sowie Patientenprotokolle verstärken den Eindruck eines nüchternen Berichts.
    Der Kampf der beiden, die in einen gemeinsamen Menschen gezwungen wurden, um ihre Persönlichkeit ist beeindruckend, Fiktion und wissenschaftliche Erkenntnisse mischen sich zu einem durchaus nachvollzieharen Psychogramm.


    Leider aber wirkt der Rest des Personals dafür umso hölzerner, die Handlung, in die diese durchaus spannenden Gedanken eingebettet sind, wirkt konstruiert und ist stellenweise unerträglich kitschig und pathetisch. Die vier Frauen, die in das Liebesgeflecht rund um Josef-Gero verstrickt sind, scheinen nur Stichwortgeber, um zumindest den Hauch eines Plots in diesen Roman zu bringen.


    Und so gab mir das Buch zwar so einiges zu denken und führte gar zu einer abendlichen Diskussion am Küchentisch, als Roman aber konnte es mich nicht überzeugen

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Das Buch hatte ich jetzt schon zwei mal in der Bücherei in der Hand und weiß auch durch deine Rezi nicht sicher, ob es etwas für mich sein könnte. Wissenschaftliche Themen wie diese interessieren mich immer sehr, aber wenn es an der Umsetzung hapert? :gruebel

  • Rein wissenschaftlich betrachtet ist das Buch ziemlich schlüssig und gut recherchiert. Allerdings geht es der Autorin weniger um die Wissenschaft als solche, die wird meiner Ansicht nach sogar überraschend unkritisch dargestellt, sondern um das philosophische Problem der Chimäre. Bestimmt alleine der Kopf das Ich und wie wird ein solches "Mischwesen" von der Außenwelt wahrgenommen.
    Ich denke, das Buch ist nichts für ausgewiesene Freunde von Wissenschaftsthrillern :gruebel

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)