Rainer Maria Rilke

  • Da ich auf mein Suchen hin, noch kein Thema zu ihm gefunden habe, musste ich das gleich mal eröffnen.


    Rilke (* 4. Dezember 1875; † 29. Dezember 1926) gehört für mich zu den größten deutschsprachigen Dichtern und er versteht es, wie kaum ein Anderer, das deutsche Wort, so schön klingen zu lassen.


    Um ehrlich zu sein, habe ich mich erst über Maggie Stiefvaters 'Nach dem Sommer' völlig in ihn verliebt. Ich hatte ihn einmal in der Schule und da hat meine Deutschlehrerin es geschafft, dass ich es nicht einmal lesen wollte. Heute, finde ich das wirklich schade.
    Aber als ich Shiver (eng. Titel) gelesen habe, hatte er mich schon so ergriffen, dass ich mir erst einmal tageweise nichts anderes angelesen habe, als seine Gedichte und schon war ich ihm verfallen ;)


    Mittlerweile hab ich einen schönen Sammelband (siehe unten), von dem ich absolut begeistert bin. Seine Werke sind so zahlreich und angenehm aufgelistet, der Band in seiner Stoffeinfassung so hübsch und die Seiten, so dünn, wie Bibelseiten.


    Ich bin mit dem Kauf absolut zu frieden (bzw. mit der Wahl zu dem Wunsch, ich hab’s ja geschenkt bekommen ...;) )


    Einige meiner Lieblinge hier:


    Der Duft


    Wer bist du, Unbegreiflicher: du Geist,
    wie weißt du mich von wo und wann zu finden,
    der du das Innere (wie ein Erblinden)
    so innig machst, daß es sich schließt und kreist.


    Der Liebende, der eine an sich reißt,
    hat sie nicht nah; nur du allein bist Nähe.
    Wen hast du nicht durchtränkt als ob du jähe
    die Farben seiner Augen seist.


    Ach, wer Musik in einem Spiegel sähe,
    der sähe dich und wüßte, wie du heißt.


    Rainer Maria Rilke, 1875-1926


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    Der König


    Der König ist sechzehn Jahre alt.
    Sechzehn Jahre und schon der Staat.
    Er schaut, wie aus einem Hinterhalt,
    vorbei an den Greisen vom Rat


    in den Saal hinein und irgendwohin
    und fühlt vielleicht nur dies:
    an dem schmalen langen harten Kinn
    die kalte Kette vom Vlies.


    Das Todesurteil vor ihm bleibt
    lang ohne Namenszug.
    Und sie denken: wie er sich quält.


    Sie wüssten, kennten sie ihn genug,
    dass er nur langsam bis siebzig zählt
    eh er es unterschreibt.


    Rainer Maria Rilke, um den 1.7.1906, Paris

  • Hm, ich verstehe diesen Beitrages nicht ganz :gruebel
    Eine Rezi zu dem verlinkten Buch ist es nicht.
    Was möchtest du denn? Dass andere Eulen sich zu ihrem Verhältnis zu Rilke äußern?
    Dann gehört dieser Beitrag eher nach "Allerlei Buch".


    Ach, und ich liebe auch gute Lyrik. Rilke gehört definitiv dazu!


    Edit: Beitrag verschoben. LG JaneDoe :wave

  • Ich mag Gedichte generell sehr gerne, sofern sie etwas aussagen und, zugegebenermaßen, ich sie vortragen kann. Das macht es für mich aus. Gerne lerne ich Gedichte ganz oder einige Strophen daraus auswendig und trage sie dann in passenden Momenten vor. Rilke gehört dabei zu meinen Lieblingen :-)
    Meine Favoriten von Rilke sind:


    Lehnen im Abendgarten beide


    Lehnen im Abendgarten beide,
    lauschen lange nach irgendwo.
    "Du hast Hände wie weiße Seide ..."
    Und da staunt sie: "Du sagst das so ..."


    Etwas ist in den Garten getreten,
    und das Gitter hat nicht geknarrt,
    und die Rosen in allen Beeten
    beben vor seiner Gegenwart.


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    Sei weit, meine Seele



    Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,
    du mein tief tiefes Leben,
    dass du weißt, was der Wind dir will,
    eh noch die Birken beben.
    Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,
    lass deine Sinne besiegen.
    Jedem Hauch gib dich, gib nach,
    er wird dich lieben und wiegen.
    Und dann meine Seele sei weit, sei weit,
    dass dir das Leben gelinge,
    und breite dich wie ein Federkleid
    über die sinnenden Dinge.


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    XIX


    Sie hatte keinerlei Geschichte,
    ereignislos ging Jahr um Jahr -
    auf einmal kams mit lauter Lichte ...
    die Liebe oder was das war.


    Dann plötzlich sah sies bang zerrinnen,
    da liegt ein Teich vor ihrem Haus ...
    So wie ein Traum scheints zu beginnen,
    und wie ein Schicksal geht es aus.



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    I


    Und wie mag die Liebe dir kommen sein?
    kam sie wie ein Sonnen, ein Blütenschnein,
    kam sie wie ein Beten? - Erzähle:


    Ein Glück löste leuchtend aus Himmeln sich los
    und hing mit gefalteten Schwingen groß
    an meiner blühenden Seele...


    II


    Das war der Tag der weißen Chrysanthemen, -
    mir bangte fast vor seiner schweren Pracht...
    und dann, dann kamst du mir die Seele nehmen
    tief in der Nacht.


    Mir war so bang, und du kamst lieb und leise, -
    ich hatte grad im Traum an dich gedacht.
    Du kamst, und leis wie eine Märchenweise
    erklang die Nacht...


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    herrlich, ich finde die wirklich wunderschön!

    Bücher sind eine höchst ergötzliche Gesellschaft. Wenn man einen Raum mit vielen Büchern betritt - man braucht sie gar nicht zur Hand zu nehmen - ist es, als würden sie zu einem sprechen, einen willkommen heißen.
    -William E. Gladstone-

  • Hmm, ich dachte immer, man muss nicht nur die Rechte des Verfassers prüfen, sondern eventuell auch die etwaiger Rechtsnachfolger. :gruebel Ich hab jetzt noch mal nachgeschaut. Scheint so, als würde dies bei Gedichten doch nicht so sein. Danach wären nach 70 Jahren Zitate aus Rilkes Werken frei verwendbar. Wieder was gelernt.