Über den Inhalt
Der Naumburger Organist Jakob Kemper findet am Heiligabend des Jahres 1992 im morschen Gehäuse der Kirchenorgel ein bislang unbekanntes Oratorium von Johann Sebastian Bach. Der Fund stürzt den Eigenbrödler in schwere Gewissenskonflikte, da Experten der Bachgesellschaft erwartet werden, um die Restaurierung der Orgel, auf der Bach einst selbst gespielt haben soll, zu überwachen.
Kemper hat den Wissenschaftlern seine Dienste angeboten, und ist über deren ablehnende Haltung noch immer sehr erbost. Aber nicht nur deshalb hadert er mit sich, ob er seinen Fund überhaupt mit der Welt teilen soll. Je länger Kemper nämlich die Partitur studiert, desto mehr wächst in ihm die Überzeugung, dass Bach am Ende seines Lebens eine Art kosmisches Gesetz entdeckt haben muss, an dem die Seele des Menschen gesunden kann – oder in tiefste Verzweiflung stürzt.
Meine Meinung
Mir hat der Roman besonders am Anfang sehr gut gefallen. Die Darstellung des verschrobenen Jakob Kemper gelingt dem Autor ganz vortrefflich, und auch seinen Sinn für eine gewisse Situationskomik fand ich recht unterhaltend. Mit dem Fund des Oratoriums gerät der Erzählfluß zwar etwas ins Stocken, doch entschädigt ein brillanter Stil für gewisse inhaltliche Schwächen.
Die unerwartete Schlußwendung hat mich wiederum einigermaßen überrascht und ist Robert Schneider sehr gut geglückt. Den Beweis, dass die Herren Professoren von der Bachgesellschaft womöglich doch nicht die Experten sind, die sie zu sein vorgeben, durfte der große Musiker am Ende der Geschichte selbst erbringen, und das in einer seiner Zeit perfekt angepaßten Erzählweise.
In diesem Stil würde ich mir die historischen Romane insgesamt wünschen, um sie als authentisch empfinden zu können.
Alles in allem ein gelungenes Buch, das ich ruhigen Gewissens einer Leserschaft weiterempfehlen kann, die auch hin und wieder gerne zu nicht alltäglicher Lektüre greift.