ZitatMonika weiß von Kindheit an, dass sie völlig auf sich gestellt sein wird. Ausgenützt, hintergangen und gedemütigt scheint ihr Weg als Prostituierte am Strich und in Clubs an der tschechischen Grenze vorgezeichnet. Aus Zuneigung und der Herausforderung wegen bietet ein Kunde dieser kaputten, extrem misstrauischen Frau eine neue Perspektive. Sie möchte die Chance nutzen, doch zeigt sich, dass eine Kindheit und Jugend wie ihre nicht so leicht wiedergutzumachen sind. Ludwig Laher schildert in seinem Roman die Entwicklung dieser Frau ebenso präzise wie beklemmend. Gleichzeitig ist das Buch ein messerscharfer Befund über gesellschaftliche Zustände mitten in Europa. Jenseits moralisierender Anklage gelingt Laher so das Wunderwerk einer Literatur, der es darum geht, soziale Zusammenhänge und individuelle Gefühlsregungen bis in die feinsten Verästelungen wahrzunehmen. (Ewald Schreiber, Der Standard).
Ludiwig Laher ist für schockierende, provozierende, brisante und hochaktuelle Themen bekannt. Auch in seinem neustem Roman darf man keine schöne Geschichte erwarten.
In seinem Werk „Und nehmen was kommt“ begleitet der Leser Monika, eine junge Roma, aus der Ostslowakei. Geboren wird sie einer tristen Hütte, mit einer behinderten Schwester und einem Säufer als Vater. Nach einer mehr schlechten als rechten Kindheit ohne Liebe und Bildung, bleibt ihr nur der Ausweg in die Prostitution. Straßenstrich und diverse Clubs bieten schnelles Geld und einen gewissen Grad an Aufmerksamkeit. Misshandlungen und Demütigungen über Jahre zerstören die junge Persönlichkeit nach und nach. Dazu kommen noch die Drogen. Als ein Kunde ihr einen Ausweg anbietet, versucht Monika diese Chance zu ergreifen. Doch nach all den Jahren ist es schwer diese Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues und unbekanntes Leben zu beginnen.
Damit greift Ludwig Laher wieder ein heikles, stets aktuelles Thema auf, das mitten im Herzen von Europa spielt und damit greifbar ist. Ludwig Laher schildert authentisch in einem teilweise sachlichen, protokollartigen und aufzählenden Stil, in Kombination mit einer distanzierten Sichtweise, das tragische Leben von Monika. Wobei man bald feststellen wird, dass Monikas Name durch viele andere osteuropäische Mädchennamen beliebig ersetzt werden könnte. Ihr Schicksal ist leider Gottes kein Einzelschicksal. Anfänglich ist sein Stil durch die Distanz so nüchtern, dass es schwer fällt sich richtig in das Leben von Monika hineinzuversetzen. Mit der Zeit merkt der Leser jedoch, dass er sich der Hauptperson näher fühlt, als er eigentlich dachte. Die Abfolge von Gewalt auf Gewalt, Drogen auf Sex, Demütigungen auf Misshandlungen zeigt dem Leser deutlich wie nah ihm dieses Schicksal am Ende doch geht. Vor allen Dingen, wenn man weiß, dass dies bittere Realität ist und keine Fiktion.
Das Buch ist nichts für schwache Gemüter. Obwohl es keineswegs brutal oder unterhalb der Gürtellinie ist, geht es dem Leser richtig ans Herz und wird ihn noch lange bewegen. Doch es wird auch andere Meinungen geben, die das hart beschriebene Schicksal von Monika belächeln und sich in der Meinung bestätigt fühlen, dass diese Mädchen doch immer wieder zu dumm seien. Genauso viele Meinungen sagen, dass wer aufhören will es auch schafft. Die Meinungen werden auch am Ende des Buches noch vorhanden sein, aber es zeigt, dass viele solcher Mädchen nicht wissen, wie sie aus dem Sumpf von Drogen, Schmutz und etwas Geld wieder herauskommen sollen, geschweige denn, wie sie es hätten vorher umgehen können. Das für solche Personen der Ausstieg alles andere als leicht ist, ist schon bei uns sichtbar. Für solche Mädchen hingegen ist es noch eine Spur schlimmer. Auch diese Momente fängt der Autor gekonnt auf.
Das wirklich harte an dem Buch ist jedoch die Tatsache, dass diese Mädchen fast alle noch Kinder sind. In anderen Ländern spielen solche Mädchen noch mit Puppen, sammeln erste Erfahrungen mit ihrem Freund und gehen zur Schule. Alltägliche Dinge für sie, die Mädchen wie Monika nie kennenlernen werden.