Anne Perry: Einer trage des anderen Schuld

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    William Monk, Inspector bei der Londoner Wasserpolizei, glaubt, den Fall Jericho Phillips abschließen zu können: Der Kinderschänder und Mörder ist tot, sein Pädophilenring zerschlagen. Doch Arthur Ballinger, der Schwiegervater von Monks Freund, dem Anwalt Sir Oliver Rathbone, hat mit der Sache zu tun: Ballinger hat die in den Skandal verwickelten Honoratioren der Stadt mit kompromittierenden Fotos erpresst und steht nun vor Gericht. Als Rathbone, der seinen Schwiegervater verteidigen soll, in den Besitz der Fotos gelangt, sieht er sich in einer teuflischen Versuchung gegenüber ...


    Meine Inhaltsangabe:


    Am Ende des vorherigen Monk-Bandes: ‚Galgenfrist für einen Mörder‘ wird die ‚unerhörte‘ Anschuldigung gegen Arthur Ballinger, den Schwiegervater von Oliver Rathbone erhoben, er sei der Kopf eines Pädophilenrings. Diese Anschuldigung geht William Monk nicht aus dem Kopf, denn der Junge, Scuff, den Hester und er bei sich zu Hause aufgenommen haben, hat noch immer an den Folgen seiner Entführung zu leiden und nicht nur er. Allerdings muss der Fall diesmal wirklich wasserdicht sein, wenn er vor Gericht kommen soll, denn eines ist klar, der Tod von Jericho Phillips allein bedeutet nicht das Ende der Kinderschändungen.


    Der Tod eines Vergnügungsboot-Betreibers ist ein weiterer Hinweis, dass der Missbrauch weitergeht. Als ein auffälliges Halstuch gefunden wird, ist doch eigentlich klar, wer den Mord begangen hat - Oder?


    Oliver Rathbone hat die Anschuldigung gegen Ballinger auch gehört, seine Überlegungen kreisen schon um die mögliche Verteidigung des Schwiegervaters, bevor der überhaupt angeklagt wird. Es ist doch unmöglich, dass so ein feiner Herr, der sich um das Allgemeinwohl so sehr kümmert , wie Balllinger, etwas damit zu tun hat!


    Meine Meinung:
    Endlich ist er da, der neue Monk, der die Auflösung des eigentlich offenen Falls aus dem Vorband verspricht.


    Wieder einmal geht es nicht nur um den Fall Kindesmissbrauch, sondern vor allem um den Begriff Loyalität. Auch diesmal ist es wieder einmal Oliver, der sich dieser Frage stellen muss – und der Frage, was bedeuten Liebe, Familie, Freundschaft, Zusammenhalt?


    Die Fassade muss gewahrt werden, wie oft ist uns dieses Thema gerade in der Monk-Reihe, begegnet. Und hier sind unsere Protagonisten wieder einmal stark betroffen.


    Spoiler zum Vorband:


    Besonders eindrücklich wird Olivers Zwickmühle beschrieben – Am Beispiel seiner Frau und ihrer Familie und seinen Überlegungen dazu, wird klar, dass er zukünftig ein paar gravierende persönliche Entscheidungen treffen muss.


    Ich mag es, wenn das Dilemma dieser sogenannten – gehobenen - Schicht den arbeitenden Menschen gegenüber gestellt wird – Fassade gegen Armut, Fassade gegen Arbeit, Fassade wohin man blickt – mit ein paar Ausnahmen, die das Lesen der Bücher lesenswert machen.


    Durch die Verteilung dieser Rahmenhandlung auf zwei Bände bin ich jedoch nun gespannt auf einen wirklich neuen Monk-Fall. Ein paar Längen, bzw. Wiederholungen, wies die Handlung durch diese Splittung auf. Entschädigt hat mich dann die rasante Entwicklung des Prozesses am Ende. Wie eigentlich immer – diesmal hatte Rathbone einen würdigen Gegner, diese Gerichtsduelle liebe ich einfach.
    (c) Binchen Oktober 2011


    Wertung 8 von 10 Punkten


    edit: Grammatikfehler

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von binchen ()

  • William Monk ist es zwar gelungen, einen Pädophilenring auffliegen zu lassen, doch der Hintermann bleibt weiter unerkannt. Als Mickey Parfitt ermordet wird, der ebenfalls ein solches „Geschäft“ geführt hat, nimmt Monk die Ermittlung wieder auf und setzt damit mehr als eine Freundschaft aufs Spiel.


    Dies ist bereits der 17. Band der Romanreihe um William und Hester Monk, die Mitte des 19. Jahrhunderts spielt. Hat man alle Romane der Reihe gelesen, konnte man die beiden bereits durch so manche Hochs und Tiefs begleiten und sie, sowie einige ihrer Weggefährten, gut kennen lernen. Alleine deshalb macht es Freude, den Roman zu lesen und zu sehen, wie es weitergeht. Anne Perrys Charaktere sind sehr menschlich – in allen Facetten – gezeichnet, leider gibt es für mehrere Rückschläge, man kann gespannt sein, wie sich das im weiteren Verlauf der Reihe weiterentwickeln wird.


    Der Fall setzt dieses Mal unmittelbar am Vorgängerband an, führt die Ermittlungen dort weiter und klärt diesen am Ende endgültig auf. Ich empfehle sehr, die Romane der Reihe nach zu lesen, wer diese allerdings nicht kennt, wird diesen Band trotzdem problemlos lesen können, es gibt ausreichend Erklärungen und ausgezeichnete Rückblenden auf den unmittelbaren Vorgänger. Jedoch ist das Lesevergnügen deutlich größer, sind einem die Charaktere bereits wohlvertraut.


    Ich mag Anne Perrys Schreibstil, sehr ausführlich, nahe an den Charakteren, deren Gedanken und Emotionen man hautnah mitbekommt. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, so dass man z. B. sowohl Hesters als auch Monks Handeln verfolgen kann. Ein großes Plus der Romane Anne Perrys ist ihre Gesellschaftskritik, diese ist hier verhaltener als gewohnt, aber durchaus zu spüren. Insgesamt kam mir der Roman etwas oberflächlicher vor als seine Vorgänger, er zog mich nicht ganz so in seinen Bann wie gewohnt, und auch die Beweisführung ist für mich nicht ganz nachvollziehbar.


    Wer die Vorgängerromane gelesen hat, wird auch hier zugreifen wollen. Wer Anne Perry noch nicht kennt und gut recherchierte historische Kriminalromane mag, die Wert auf die Charaktere legen, dem sei die Autorin sehr empfohlen. Von mir gibt es dieses Mal nur 4 Sterne, ich hoffe sehr, dass die Reihe mit dem nächsten Band wieder zu alter Form aufläuft.

  • Zitat

    Original von Findus
    Ich habe bis jetzt nur Inspector Pitt Romane von ihr gelesen, mit großem Vergnügen.


    Sind die von Monk ähnlich?


    Ja, die sind durchaus ähnlich, spielen aber ein paar Jahrzehnte früher. Hester, eine der Protagonisten, war als Krankenschwester auf der Krim. Dass sie sich in der Krankenpflege gut auskennt, spielt eine große Rolle, vor allem in den ersten Bänden der Reihe und übernimmt einen Teil des gesellschaftskritischen Ansatzes, den man bei Perrys Romanen findet.


    Ich wüsste nicht, ob ich die Pitt- oder die Monk-Reihe lieber mag, beide sind wirklich gut.