Vincent Calvino lebt seit vielen Jahren in Bangkok und hält sich als Privatdetektiv mehr schlecht als recht über Wasser. Da kommt ihm der neue Auftrag gerade recht: Er soll gegen ein üppiges Gehalt zusammen mit einem thailandstämmigen Polizisten aus Los Angeles den amerikanischen Anwalt Naylor beschützen, der zum Abschluss einer geschäftlichen Transaktion nach Bangkok kommen will. Nur ist dieser Anwalt nicht nur Anwalt, sondern auch Betreiber einer Internetseite namens Causeway, die, wie ein exklusiver Klub organisiert, als Plattform und Forum für westliche Sextouristen dient. Ungünstig, dass gerade in letzter Zeit einige Mitglieder dieses Clubs mit einer tödlichen Dosis Heroin im Blut in Bangkok aufgefunden wurden.
Obwohl Calvino alle Hände voll damit zu tun hat, Naylor vor durchgeknallten Lastwagenfahrern, Killerkommandos und aufgebrachten Bardamen zu beschützen, klärt er nebenbei noch diese dubiose Geschichte mit den Drogentoten auf. Denn natürlich hängt alles mit allem zusammen.
Eins muss man diesem Roman lassen: er ist wirklich sehr gut geplottet, die Handlungsstränge sind ordentlich ausgearbeitet und gekonnt miteinander verwoben. Es bleiben kaum lose Enden und die Finten und Wendungen sind gekonnt platziert. Die Story selbst ist auch stimmig in den Schauplatz, zumindest wie ich ihn mir vorstelle, integriert. Und so hat der Roman eigentlich alles, um als Buch aus dem Moloch durchgehen zu können: Scheißwetter (Monsun) bei desolater öffentlicher Infrastruktur (Überschwemmung), Drogen und Prostitution, Armut und Korruption, Slums und Rotlichtviertel.
Warum nur hatte ich dennoch immer das Gefühl, den Helden nicht durch eine Megacity, sondern eher durch eine amerikanische Kleinstadt zu begleiten? Trotz teilweise recht drastischer Sprache wirkt das Milieu so anrüchig wie der montägliche Stammtisch im Schützenhaus. Man kennt sich, und statt im Dorfkrug trifft man sich hier eben in der Tabledance-Bar.
Die Sexindustrie darf in einem Bangkok-Roman natürlich nicht fehlen, nur wirken die Nutten aus „dem armen Norden des Landes“ wie freundliche, zufriedene Dienstleisterinnen. Würde man ihnen die F-Worte abgewöhnen, könnten sie glatt als Subway-Brötchenschmiererinnen durchgehen. Prostitution, wo liegt das Problem? Ganz nebenbei, die Freier sind ebenso langweilige, gesichtslose amerikanische Jungs, die, so sind Jungs eben nun mal, sich ein wenig austoben müssen. Schlimm genug, dass sich der eine oder andere tatsächlich von „Frauen mit fünfjähriger Grundschulbildung“ den Kopf verdrehen lässt und die Schöne dann mit nach Amerika nehmen will.
Auch die Schilderungen des Slums sind seltsam oberflächlich, und mit dem Auftreten des Paters Andrew kommt noch eine ärgerliche, überheblich-kolonialistische, ja sogar rassistische Komponente ins Spiel, die in krassem Gegensatz der multiethnisch-toleranten Attitüde des Romans steht: wer dem Pater den erwarteten Respekt verweigert, wird geächtet und gemäß des Gesetzes der Straße abgestraft. Eine Szene, die die thailändische Art, Dinge zu regeln, drastisch veranschaulichen soll, wird so zu einer unfreiwillig entlarvenden Demonstration westlichen Überlegenheitsgefühls, das auch sonst immer Mal wieder in dem Roman durchblitzt.
Eine gute Geschichte also, fragwürdig umgesetzt. Kein Vergleich zu Burdetts Jadereiter mit ähnlicher Thematik, das aber ungleich tiefgründiger, origineller aber auch humorvoller ist.