Das letzte Abendmahl - Pawel Huelle

  • Verlag: C.H.Beck, 2009
    Gebundene Ausgabe: 266 Seiten
    Originaltitel: Ostatnia Wieczerza


    Kurzbeschreibung:
    Der neue Roman von Pawel Huelle, der auf einer realen Begebenheit basiert, spielt in einem Danzig in naher Zukunft. Der Maler Mateusz will, nach dem Vorbild Leonardo da Vincis, ein Bild des letzten Abendmahls malen und lädt seine Freunde zu einem Foto-Shooting ein, damit sie den Aposteln ihr Gesicht leihen. Drei dieser alten Freunde und den Erzähler, der Griechisch studiert und sich mit der Geschichte Jerusalems beschäftigt, lernt der Leser näher kennen, den Arzt Lewada, den Physikprofessor und Geschäftsmann Wybránski und den Religionswissenschaftler und Initiator von lukrativen "Wahrheitspilgerfahrten" Berdo.
    Das Foto-Shooting konfrontiert alle mit ihrer Vergangenheit und mit ihren Lebensplänen, und was bei einem Gemälde über das letzte Abendmahl nahe liegt, geht es bei allen um Geld und Werte, Freiheit und Spiritualität, Kunst und Kommerz, aber auch um das Christentum und den Islam - in das Stadtbild von Danzig haben sich zu den Kirchtürmen auch die Minarette gesellt. Der Roman, dessen Haupthandlung nur wenige Stunden eines einzigen Tages umfasst, bietet auf einer zweiten Zeitebene faszinierende geschichtliche Exkurse, die uns nach Ägypten oder Konstantinopel führen, auf einer dritten - noch etwas weiter in der Zukunft - erzählt er von der Zerstörung des Gemäldes durch angeheuerte Schläger. Pawel Huelles dichter, brillanter, teils realistisch, teils satirisch erzählter Roman, der in Polen großes Aufsehen erregt hat, bietet ein Sittenbild der Gegenwart, der westlichen Gesellschaft und des Kunstbetriebs, ein nachdenkliches, aufwühlendes Buch.


    Über den Autor:
    Pawel Huelle, 1957 in Gdánsk geboren, studierte Literaturwissenschaft, arbeitete als Journalist und Lehrer. Sein Roman "Weiser Dawidek", 1987 in Polen erschienen, wurde ein großer internationaler Erfolg. Auf Deutsch sind von Huelle außerdem die Erzählungen "Schnecken, Pfützen, Regen", die Feuilletons "Verschollene Kapitel", "Silberregen. Danziger Erzählungen" sowie bei C.H.Beck die Romane "Mercedes Benz. Aus den Briefen an Hrabal" (2003) und "Castorp" (2005) erschienen.


    Über die Übersetzerin:
    Renate Schmidgall, 1955 geboren, übersetzte u.a. Stefan Chwin, Witold Gombrowicz, Marek Lawrynowicz und Andrzej Stasiuk. 2001 erhielt sie den Jane Scatcherd-Preis der Ledig-Rowohlt-Stiftung für ihre Übersetzungen. Sie lebt in Darmstadt.


    Mein Eindruck:
    Das letzte Abendmahl von Pawel Huelle ist ein Roman, der einen Teil der Gesellschaft Polens in der Kaczynski-Ära reflektiert. Chaos, Kriminalität und Egoismus sind Alltag.
    Der Autor nutzt eine komplexe Erzählstruktur mit fließenden Übergängen zwischen Realität und Phantasie, zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Dazu kommen Dialoge über Kunst, Kultur, Politik, Glauben und Religionen.
    Dabei gerät Huelle neben großen Aufwand und einer allgemeinen Überfrachtung ab und zu in die Gefahr, selbst eine Stellungnahme zu Debatten dieser Themen abzugeben, anstatt sie zu diskutieren.
    Problematisch für den deutschen Leser ohne Vorkenntnisse in der polnischen Politik sind die zahlreichen Anspielungen, die Huelle einfließen lässt. Zum Teil sind es reale Ereignisse oder Personen, die Huelle inspirierte. Vielleicht ist das ein Grund, warum der Roman in Polen wohl mehr Aufsehen erregte als in Deutschland.


    Im Mittelpunkt steht ein Künstler, der mit Hilfe seiner Freunde Das letzte Abendmahl nachstellen will. Mehr avangardistische Bewegungen lehnen seine Methode ab. Dann fehlt noch der 12 Apostel für das Bild, der schließlich von einem Fremden eingenommen wird. Doch dieser Fremde stammt aus einer geschlossenen Anstalt.


    Es dauert ein wenig, um als Leser in die Handlung richtig einzutauchen, doch am Ende wird die Handlung doch tatsächlich noch rund und die lebhafte Sprache hebt sich von vorherigen Romanen des Autors ab. In seinen guten Momenten erreicht der Roman einen guten Wortwitz und wird ausdrucksstark.