Kurzbeschreibung
Ewig sollst du leiden für deine Sünden …
Giordano Bruno, als Ketzer auf der Flucht durch halb Europa, gerät in die erbarmungslosen Auseinandersetzungen zwischen englischer Staatsmacht und zu allem entschlossenen papsttreuen Fanatikern.
Auf der Flucht vor der Inquisition kommt Giordano Bruno nach Oxford. An seinem ersten Morgen im Lincoln College wird er von einem wild bellenden Hund und den entsetzlichen Schmerzensschreien eines Mannes geweckt. Das Tier wurde auf das Opfer gehetzt, doch der Rektor schweigt. Als ein weiterer Geistlicher, der dem katholischen Glauben abgeschworen hatte, brutal ermordet wird, fürchtet Bruno, dass er der Nächste sein könnte, denn der Mörder scheint es auf Glaubensverräter abgesehen zu haben. Holt Bruno die Vergangenheit, vor der er geflohen ist, wieder ein? Und welche Rolle spielt dabei die geheimnisvolle Tochter des Rektors, die sich verdächtig für Alchemie interessiert und für die der Mönch verbotene Gefühle hegt?
Der streitbare Freigeist Giordano Bruno begibt sich auf den gefährlichen schmalen Grat zwischen Glauben und Ketzerei.
Über die Autorin
Das Pseudonym Stephanie Parris verwendet die Journalistin Stephanie Merritt immer dann, wenn sie einen Roman veröffentlicht. Unter ihrem bürgerlichen Namen publizierte sie Literaturkritiken in so angesehenen Zeitungen wie Times, Daily Telegraph, New Statesman oder Die Welt. Derzeit schreibt sie für den Guardian und den Observer. Mit ihrem Sohn lebt sie in Südengland. Ihr zweiter Bruno-Roman, Prophecy, ist soeben in England erschienen.
Meine Meinung
Giordano Bruno, der vor der Inquisition aus Italien geflohen ist, folgt nach einem längeren Aufenthalt am Hof des französischen Königs der Spur eines verbotenen Buches, das sich möglicherweise in England befindet. Er reist mit seinem Freund Sidney nach England und gerät über diesen in London ins nähere Umfeld Francis Walsinghams. Walsingham, damit beschäftigt, die englische Königin vor vermeintlichen Mordanschlägen durch Katholiken zu schützen und den katholischen Glauben im Lande vollends auszurotten, beauftragt den exkommunizierten Doktor Bruno mit einer heiklen Aufgabe. Er soll in Oxford nach Katholiken suchen, die den verbotenen Glauben unter dem Deckmantel der Staatskirche weiter praktizieren. Giordano Bruno nimmt die Aufgabe mit dem Hintergedanken an, dort zeitgleich nach dem verbotenen Buch zu suchen. Kurz nach seiner Ankunft kommt es im Lincoln College zu einem Mord. Einer der Professoren wird von einem Hund getötet. Der Mord gleich einer Inszenierung, deren Ursprung Giordano Bruno schon bald klar wird. Er ahnt, dass sich der Mörder im College aufhalten muss und befürchtet, dass es zu weiteren Todesfällen kommen könnte.
Stephanie Parris nimmt sich in ihrem ersten Roman um Giordano Bruno viel Zeit, die Protagonisten einzuführen. Giordanos Flucht aus Italien wird zwar nur kurz beschrieben, der Aufenthalt in Frankreich nur erwähnt, der Part um das Gespräch mit Walsingham, die Reise nach Oxford und Bruno erster Tag dort ziehen sich aber leider ziemlich hin. Bis der erste Mord geschieht und die Geschichte wirklich in Fahrt kommt, vergehen mehr als 100 Seiten.
Danach baut die Autorin den Spannungsbogen aber kontinuierlich aus und zieht das Tempo der Geschichte merklich an. Als Leser wartet man förmlich auf weitere Morde und rätselt, wen es als nächstes treffen könnte. Neben den Ermittlungen um die tödlichen Ereignisse in Oxford begibt man sich mit Giordano Bruno auf die Suche nach dem verbotenen Buch, das der Protagonist in Oxford zu finden glaubt. Zwei Handlungsstränge also, die aber sehr gut harmonieren und sich im letzten Drittes des Buches an einigen Punkten kreuzen.
Ich hätte mir nur gewünscht, dass die Autorin etwas mehr auf Giordano Bruno eingeht. Leider kamen seine Gedanken und Thesen insgesamt etwas zu kurz. Ich hoffe, dass sich das im nächsten Buch ändert.
Der Autorin gelingt es hingegen sehr gut, die religiöse Unsicherheit und Zerrissenheit darzustellen, unter der die Engländer im 16. Jahrhundert gelitten haben: die Lossagung von der Katholischen Kirche unter Henry VIII. die Rückkehr zum katholischen Glauben unter "Blody Mary" und die erneute Abkehr vom Katholizismus unter Elisabeth I.
Die Angst der Protagonisten vor Repressalien, weil sie einem falschen Glauben angehören, ist auf fast jeder Seite spürbar und zieht sich als roter Faden durch die Geschichte.
Stephanie Parris Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Sie schreibt bildhaft, lebendig und sehr häufig mit einem Augenzwinkern, sodass trotz der Tragik und der Spannung auch der Humor nicht zu kurz kommt. Sowohl der Plot und der Stil als auch Giordano Bruno haben mich oft an die Bücher von C. J. Sansom erinnert. Vom Wesen her hat Giordano Bruno ein bisschen was von Matthew Shardlake. Die Autorin macht aber nicht den Fehler, die großartige Reihe von C. J. Sansom kopieren zu wollen, sondern gibt ihrem Helden eine ganz eigene persönliche Note. Dennoch dürften sich die Leser, die sich an Sansom erfreuen, auch ihren Spaß an Parris Büchern haben.
Ich freue mich auf das nächste Buch um Giordano Bruno, das in England bereits erschienen ist. Ich hoffe, dass wir hier nicht allzu lange auf die Deutsche Übersetzung warten müssen.