Valentin Thurn - Taste the Waste 2011

  • Dokumentarfilm
    88 Min


    Eine Koproduktion von
    SCHNITTSTELLE Film Köln ⁄ THURN FILM
    mit WDR, NDR, Buddhist Broadcasting Foundation Niederlande, KOCCA — Creativ Content Agency Südkorea, CREO Contents Südkorea, EED ⁄ EZEF


    Der Stuttgarter Dokumentarfilmer Valentin Thurn hat sich einem Phänomen der Konsumgesellschaft angenommen, das die logische Folge des Massenkonsums ist, KonsumentInnen aber - so Thurn - Unbehagen verursacht: dem Wegwerfen von Lebensmitteln, die als Überschuß enden.


    Der Film beginnt mit zwei jungen Männern aus Österreich, die nächtlich Müllcontainer von Supermärkten nach Lebensmitteln durchwühlen, die de facto noch einwandfrei verzehebar sind, infolge bestimmter Verhaltensregeln des Handels aber als ‚Müll’ gelten. Von da an zeigt der Regisseur und Autor Berge von Lebensmittelmüll rund um die Welt, in Deutschland, Japan, Frankreich, Österreich, Kamerun und den USA. Überall das gleiche Bild. Bauern berichten von Normen, die ihr Gemüse und Obst zu erfüllen habe, sonst wird es aussortiert. Aufnahmen aus Großmärkten folgen, in denen aussortiert wird. Eine Gruppe von österreichischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wird gezeigt, die Haushaltsmüll durchsehen, um herauszufinden, was weggeworfen wird. Eine Wissenschaftlerin benennt deutlich, daß nicht nur Lebensmittel im Müll landen, sondern damit auch die zu ihrer Herstellung aufgewandte Energie. ‚Was weg ist, ist weg’, sagte ein anderer. Die Konsumgesellschaft ist eine Gesellschaft der Vernichtung, um es auf den Punkt zu bringen.
    Die Aussage, daß ProduzentInnen sich an sinnlose Normen halten müssen und daß nicht nur das Endprodukt, sondern auch die dafür aufgewandte Energie einschließlich der menschlichen Arbeit im Wortsinn für die Tonne ist, hört man noch verschiedene Male in diesem Film. Der Regisseur schweigt dazu, er produziert weiter Bilder.


    Diese werden im Verlauf der Films immer beliebiger und auch gleichförmiger. Müllberge irgendwo, irgendewelche Leute wühlen darin herum, Containerplünderer, WissenschaftlerInnen. SortiererInnen, FuttermittelherstellerInnen, alle machen die gleichen Handbewegungen, die gleichen ernsten Gesichter. Alle reden von Normen, die zu erfüllen sind. Mal ist ‚der Handel’ daran schuld, mal ‚die EU’, mal sind die Normen offenbar vom Himmel gefallen. Menschen sind daran nicht beteiligt, es gibt keine PolitikerInnen, keine Verantwortlichen in Konzernen, einmal wird Getreidespekulation erwähnt, es gibt weder Wirtschafts - sonst noch sonstige Politik und ihre Mechanismen. Einmal spricht ein Interviewpartner vom Versagen des Landwirtschaftsministeriums, fast erschrocken schwenkt die Kamera fort. In Kamerun dürfen betroffenen Bauern etwas deutlicher werden, von Afrikanern ist man Ausbeutung gewöhnt.


    Irgendetwas haben die Müllberge auch mit dem Klimawandel zu tun. Das Stichwort ‚Methan’ fällt. Für einmal wird’s auf der Leinwand etwas wacher, es wird nicht nur auf das Problem der Fleischproduktion verwiesen, sondern darauf, daß Methan eben auch aus den Bergen sich zersetzenden Obsts und Gemüses entsteht. Mengen von Methan. Die Frage vegetarisch ja oder nein wird jedoch ebensowenig diskutiert, wie etwa die Frage bio oder nicht oder etwa sieben Dutzend andere Fragen, die sehr wohl auf der Hand liegen, wenn man sich diesen Film anschaut. Diskutiert wird gar nicht, die Kamera guckt nur betroffen.


    Zwischen den bunten Bildern vom Abfall aus Lebensmitteln aus aller Welt erscheinen in regelmäßiger Folge Merksätze aus weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund, der ein wenig ans Weltall erinnert. Die Merksätze enthalten die eine oder andere Zahl. Soundso viele Tonnen Abfall aus Lebensmitteln, soundso viele Lastwagen, die aneinandergereiht eine Kette rund um den Äquator bilden würden, sounso oft könnte man allein von den Abfällen die gesamte Weltbevölkerung ernähren. Täglich? Jährlich? Keine Aussage. Wozu auch. Das Ziel des Film ist es nicht, zu informieren, sondern, ja, was?
    Ich habe es nicht herausgefunden. Bereits nach einer halben Stunde bot der langsam weiterrückende Zeiger auf dem Zifferblatt meiner Armbanduhr weitaus mehr Information und Spannung.


    Auf seiner Reise durch die oben genannten Länder, die offenbar rein assoziativ ausgewählt wurden, möglicherweise nach Reisevorlieben des Regisseurs, traf Thurn auch Menschen, die versuchen, sich gegen die Entwicklung zu stemmen. Das wurde aber genauso stereotyp abgefilmt, wie die Müllberge auch. Ein Bäcker macht aus seinem Brotüberschuß Pellets, die mit Holzpellets vermischt, wieder zur Feuerung seiner Backöfen dienen. Würde man den Brotüberschuß in ganz Deutschland so verwenden, könnte man ein Atomkraftwerk abschalten.
    Nett. Wie wäre es damit, den Überschuß gar nicht erst zu produzieren?


    Eine junge Frau hat einen großen Garten hoch über den Straßen von New York angelegt, einschließlich Hühnern. Ihr Ziel ist es nicht nur, sich mit den Produkten zu versorgen, sondern sie will den EinwohnerInnen dieser Riesenstadt nahe bringen, woher Früchte, Eier, Gemüse stammen. Das Wissen darüber ist nämlich dabei, verloren zu gehen. Ein wunderbares Projek, nur .... Auch die junge Frau ist nicht ganz glücklich darüber. Sie braucht nämlich beträchtliche Mengen Wasser für ihren Garten. So kann man mit freundlichen Gedanken ganz schnell in der nächsten Bredouille landen. Der Film vermerkt’s und geht weiter.


    Ich ging dann auch, die letzte Viertelstunde habe ich mir erspart. Mein Begleiter hielt durch (ein Fall für die Tapferkeitsmedaille), aber er konnte auch nicht mehr berichten, als er schließlich (mit leichter Schaumbildung vor dem Mund) aus dem Saal gestapft kam.


    Der Film ist, insgesamt gesehen, ein Rückfall in eine über die Zusammenhänge von Weltwirtschaft und weltweiter Nahrunsgmittelprduktion dermaßen unaufgeklärte Zeit, daß man sich fragt, ob der Regisseur den Beginn des 20.(!) Jahrhunderts schon wahrgenommen hat. Assoziativ, Kraut und Rüben durcheinander, penetrant wohlmeinend, undurchdacht (es gibt Aufnahmen, die stehen zu dem gerade Gesagten in direktem Widerspruch), oberflächlich. Die Kamera ist noch dazu sehr unruhig, das soll wohl Authentizität vermitteln, ist aber zusammen mit der fehlenden klaren Zielsetzung nur als amateurhaft zu werten.


    Das Seltsamste und auch das Schlimmste an diesem Film ist, daß Thurn in Interviews zu diesem Machwerk durchaus in der Lage ist, Auskunft über das zu geben, was im Film fehlt. Die Zahlen, die Hintergründe. Vorschläge zum Handeln gegen die herrschenden Verhältnisse. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge sind ihm zwar immer noch eher fremd, er ist nicht eben ein politischer Kopf, sondern eher ein freundlicher Weltverbesserer, aber er wirkt nicht so vage. In seinem Filmessay werden aber nicht einmal diese schlichten Zusammenhänge klar. Alles steht unverbunden nebeneinander.


    Wer kein Vorwissen hat und sich den Film aus dem von Thurn zurecht konstatierten anerzogenen leichten Unbehagen über Lebensmittelverschwendung ansieht, wird sich danach vor allem hilflos fühlen, für den Rest des Abends von Leitungswasser und Knäckebrot leben und in der Folge bei jedem Supermarktbesuch den bittersüßen Stachel des Schuldbewußtseins spüren.
    Wer ein wenig Ahnung hat, kann sich den Film sparen und auf dem aufbauen, was an eigenem Wissen vorhanden ist. Ein Wikipedia-Artikel oder ein Newsletter von foodwatch enthält mehr als dieser Film. Viel mer. Ich werde ihn schleunigst vergesssen.


    Was jemand tut, die sich bei dem Thema gut auskennt, wag ich nicht einmal zu vermuten. Dieser Film ist eine ebenso eklatante Ressourcenverschwendung wie die, die er anprangern will.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hm, was mach ich denn nu?


    Ich mag ja eigentlich Dokus, die nicht zu viel erklären, sondern Bilder sprechen lassen. Also Filme, die nicht eine komplexe Argumentationskette mit eingängigen Bildern unterlegen, um damit irgendwas zu erreichen.


    Ich denke gerade an "We feed the world". Der kam ja völlig ohne Kommentare aus.
    Z.B. beim Erntehelfer in den spanischen Tomatenanbaugbieten, der da eher unauffällig durchs Bild schlappte. Da war schon klar, dass das sicher so ein armer Schlucker aus dem Senegal ist, der hier unter miserablen Bedingungen seinen Lebensunterhalt erschuftet. Diese Information hat Wagenhofer aber entweder vorenthalten oder, was ich für wahrscheinlicher halte, vorausgesetzt. Und genau das gefiel mir an dem Film: der Zuschauer muss sich schon selbst überlegen, was das alles zu bedeuten hat. Es werden keine Informationen geliefert, sondern Bilder. Was ja im Prinzip in einem Film nicht schlecht ist.


    Es ist sicherlich schwierig, solch einen Film zu machen. Will ich Uninformierte auf eine Problematik aufmerksam machen, ist sicherlich eine gewisse "Seichtheit" nicht schlecht, viele Menschen wollen nicht nur beim Lesen, sondern auch beim Film gucken nicht überfordert werden. Bei Leuten, die sich mit einem bestimmten Thema schon beschäftigt haben, stell ich es mir schwierig vor, über das Medium Film noch viel Neues zu bringen.


    Vielleicht gucke ich ihn mir einfach mal an :gruebel

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zunächst danke für diese Filmbesprechung, die mich etwas ratlos zurücklässt und mich überdenken lässt, diese Dokumentation zu "benötigen".


    Natürlich fragt man sich, mit welchen Erwartungen der Zuschauer in eine solche Dokumentation hineingeht.
    Reichen unkommentierte Bilder, um den Zuschauer zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Lebensmitteln anzuhalten?
    Oder möchten die Kinobesucher mit einer Anleitung zur Abschaffung der Verschwendung inclusive Crashkochkurs "Resteverwertung leichtgemacht" aus dem Film gehen?
    Oder interessieren nur schockierende Prozentzahlen darüber, was in Haushalten und Gastronomie alles in die Tonne gelangt?


    Die Ansprüche des Publikums - wie Draper Doyle richtig bemerkte - sind verschieden; ihnen in 88 Minuten gerecht zu werden schier unmöglich.


    Wenn ich mir die ausgewählten Länder ansehe, dann kann mit Ausnahme von Kamerun davon ausgegangen werden, dass die Filmemacher bewusst Industrienationen ausgewählt haben, in denen das Essen eine große Rolle spielt, bezahlbar und ein Übermaß vorprogrammiert ist.


    Zitat

    Original von magali: Der Film ist, insgesamt gesehen, ein Rückfall in eine über die Zusammenhänge von Weltwirtschaft und weltweiter Nahrunsgmittelprduktion dermaßen unaufgeklärte Zeit, daß man sich fragt, ob der Regisseur den Beginn des 20.(!) Jahrhunderts schon wahrgenommen hat.


    Sind Weltwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion tatsächlich so einfach zu erklären? Wenn es an dem wäre, warum streiten sich dann Wirtschaftswissenschaftler weltweit über die Ressource Nahrungsmittel?
    Warum rufen foodwatch und Co. nach biologischem Anbau, während Volkswirte die ökologische Landwirtschaft als asozial gegenüber der Bevölkerung der Dritten Welt anprangern?
    Warum handelt der durchschnittliche Deutsche, der sich gern als Homo oeconomicus sieht, völlig irrational beim wöchentlichen Lebensmitteleinkauf?
    Mir würden noch mehr Fragestellungen einfallen; Antworten darauf würde ich sicherlich nicht in einem knapp anderthalbstündigen Film erwarten wollen.

  • Salonlöwin


    so lange Du unter dem Begriff 'Antworten' 'erschöpfende Antworten' verstehst, hast Du recht. Bloß gibt es zu keinem Thema auf der Welt rundum erschöpfende Antworten.


    Was Thurn macht, ist 'Antworten', auch bloßen Versuchen von Antworten, aus dem Weg zu gehen. Er appelliert unbestimnt an die Zuschauerinnen und Zuschauer, sich einzuschränken und Verzicht zu üben. Irgednwie. Irgednwann. Rein aus Unbehagen, das eine hin und wieder so zwickt, wenn man aus Versehen zweimal am Tag Nachrichten gesehen hat.


    Eine solche Verhaltensweise nützt nichts angesichts dessen, wie auf dem Weltmarkt Lebensmittel/Grundnahrungsmittel gehandelt werden. Thurn glaubt deutlich an einen Markt. Er klärt z.B. nicht darüber auf, daß die Preise der Produkte, von denen er spricht, nicht über den Markt reguliert werden, sondern über Warentermingeschäfte. Und das seit mehr als dreißig Jahren.
    Wenn er z.B. vorschlägt und von Gesprächspartnern auch vorschlagen läßt, daß wir hierzulande weniger Brötchen essen sollen, damit der Weizenpreis wegen unsrerer verringerten Nachfrage sinkt, ist das angesichts der Lage an der Weizenbörse ein einziger Lachschlager. Dort geht es nicht um Angebot und Nachfrage im Sinn von einer real existierenden Zahl von Tonnen Weizen. Es geht um Spekulation. Die ist nicht zu regulieren, indem wir weniger Brötchen essen.


    Im gleichen Atemzug erwähnt er z.B. 'Volatilität' und daß diese sich schädlich auf den Preis des Weizens auswirkt. Was 'Volatilität' ist, wird nicht gesagt, nicht einmal andeutungsweise, allein der Begriff fällt. Im Hintergund sieht man ein Diagramm der Entwicklung des Weizenpreises, das sich durch starke 'Zacken' auszeichnet. Die Einstellung ist nur ein paar Sekunden lang.



    Ein anderes Beispiel:


    Japan wird lobend erwähnt, weil dort Speisereste zu Tierfutter verabeitet wird, etwas, das es in der EU seit fünf Jahren nicht mehr gibt, weil es nicht mehr erlaubt ist. Das Problem 'Tierfutter' hat aber auch viel mit der grundsätzliches Frage von Massentierhaltung zu tun. Der geht er nicht nach. Er suggeriert, daß, gäbe man den Schweinen wieder unsere Nahrungsmittelreste, das Müllproblem lösbar sein, als sei das das größte.


    Es ist nun ein historischer Zufall, daß Japan seit dem Frühjahr ein zusätzliiches Problem hat, die Verstrahlung. Das konnte der Regisseur nicht wissen, aber es weist auf eine grundsätzliche Schwierigkeit hin:
    alle Industrieländer mögen Lebenmittelabfall in Mengen produzieren, aber die Bedingungen vor Ort sind keineswegs direkt vergleichbar.


    Der Film wäre weit informativer, hätte sich der Regisseur auf ein Land und überhaupt auf die Frage: 'was genau ist dieser Lebensmittelmüll' konzentriert. Im Film spricht und zeigt er, was der Handel an Abfall produziert.
    Mindestens die Hälfte unsreres Lebensmittelabfalls aber besteht aus dem, was aus Haushalten stammt, es sind keine rohen, sondern zubereitete Lebensmittel.
    Diese Information stammt nun wieder aus dem Radio-Interview. Im Film hört man davon kein Wort.


    Ein Phänomen, auf das die österreichische Wissenschaftlerin hinweist, die eben Hausmüll (!) untersucht, ist das, daß ein Gutteil des Hausmülls auch aus Lebensmitteln in Packungen besteht, deren Haltbarkeitsdatum NICHT abgelaufen ist. Der Satz fällt und die Kamera wandert weiter.
    Warum landet das in Müll? Ist das nur in Österreich so oder auch in den USA?
    Keine Ahnung.


    Der Film ist einfach Kraut und Rüben. Er verwirrt, er ist kein Beitrag zu einer Diskussion.
    Die Bilder stimmen nicht zusammen, die Aussagen, die abgefilmt werden auch nicht. Es geht, wie geschrieben, um ein unbestimmt-freundliches: Seid zurückhaltender.


    Für das Problem 'Weizen' immer noch unverzichtbar, ist 'Septemberweizen' von Peter Krieg von 1980(!!!).
    Wer über Markt und Grundnahrungsmittel hören will, die lese das Buch von Patel. Dort finden sich Erklärungsversuche und Ansätze zu Antworten. Nicht begriedigend, nicht im Anatz umfassend, aber ein überzeugender Einstieg in die Problematik, die größer ist, als die geraden Gurken, die der Handel verlangt, weil er die besser schichten kann als schlangenförmige.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von magali ()

  • Hallo magali,


    danke für Deine umfangreiche Antwort.
    Wie ich Deinem Beitrag entnehme, fehlt dem Film ein Grundgerüst und der Zuschauer wird gleichzeitig mit Detailwissen überschüttet. Eine wenig glückliche Konstellation.


    Begriffe wie Warentermingeschäfte und Volalität zu verwenden, ohne zu erklären, was sich dahinter verbirgt, ist bedauerlich und erweckt gleichzeitig den Eindruck, dass die Filmemacher von ihrem Marktsegment erwarten, ein umfassendes Wissen mit in den Film zu bringen. Ob man das von der Mehrheit der Zuschauer erwarten darf?
    Ich weiß es nicht.

  • Salonlöwin


    ich könnte stundenlang über den Film reden. Ich bin immer noch sauer. :lache
    Aber wenn es Dir so recht ist, ist es mir auch recht.


    Mein Problem damit ist immer noch, daß ZuschauerInnen-Interesse nicht geleitet, sondern mal hierhin, mal dorthin gehetzt wird.


    zur Verdeutlichung: der Begriff 'Warentermingeschäft' fällt eben nicht. Nur 'Volatilität'. Das ist übrigens auch das einzige Mal, daß man mitgeteilt bekommt, daß es bei Lebensmitteln noch um etwas anderes geht als etwas, das EU heißt, einen anonymen Einzelhandel, dito Großhandel und Bananenkonzerne. :rolleyes




    :wave


    magali

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    K. Kraus

  • DraperDoyle


    da Du Patel gelesen hast, kannst Du Dir den Thurn sowieso sparen.


    Zu dem von Dir oben angeführten 'Bilder sprechen lassen':


    dafür bin ich auch. Nur sagen Bilder an sich erst mal gar nichts. Es ist die Aufgabe dessen, der den Film macht, die Bilder sprechen zu lassen. Deswegen muß er gewisse Grundfragen stellen, sein Thema eingrenzen. Entscheiden, was er den ZuschauerInnen mitteilen will. Thurn schwätzt drauflos, mal dahin, mal dorthin. Lieb halt, irgendwie.


    Nur daß die Diskussion über Lebensmittel, Abfall (auf den Gedanken, daß es Leute gibt, die am Abfall auch prima verdienen, scheint er auch noch nicht gekommen zu sein), Konsumverzicht, Nahrungsmittelpoduktion (das Problem Soja fehlte auch völlig!) heute schon viel weiter gediehen ist. Chemie in Nahrungsmitteln? Sortenvielfalt? Saatgutmonopolismus? All das hat mit dem Thema Lebensmittelabfall zu tun.
    Was habe ich bekommen? Bilder glücklicher Schweinchen in Japan.
    Ich schüttle immer noch den Kopf.


    Eins noch: sollte sich jemand wegen dieses Films angeregt fühlen, loszuziehen und nächtlich Container hinter Supermärkten ausräumen wollen, so bedenke sie/er bitte, daß das gegen Gesetze verstößt. (Thurn macht aus Containern eher ein Abenteuer, seufz). Was in fremden Mülleimern rumliegt, ist kein freigewordenes Gut, das anderen einfach zur Verfügung steht.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali: Was in fremden Mülleimern rumliegt, ist kein freigewordenes Gut, das anderen einfach zur Verfügung steht.


    Darauf möchte ich doch noch kurz erwidern, eben weil es mich nicht kalt lässt. In letzter Zeit habe ich verstärkt beobachtet, wie Menschen nach Essbarem in Containern und öffentlichen Mülleimern suchen, nicht nach Pfandflaschen. Und auch nicht heimlich. Ob diesem Umstand mit Stigmatisierung und strafrechtlicher Ächtung begegnet werden sollte, mag ich bezweifeln.
    Anders zu beurteilen ist sicherlich der gutgemeinte Aktionismus von reaktionären Gruppen, die auf Supermarktgelände einbrechen und auf weggeworfene Lebensmittel aufmerksam machen möchten.

  • reaktionäre Gruppen :gruebel


    Ich denke, Magali meint nicht, dass irgendwelche Leute, die in Mülleimern nach Essen suchen, strafrechtlich belangt werden sollten.
    Es geht wohl eher um das Containern als Lifestyle, um Menschen, die sich als Stadtguerilla fühlen, weil sie bewusst das tun, was eigentlich sozial geächtet ist: im Müll nach Essen zu suchen.
    Problematisch ist, dass das quasi ein Luxushobby und (pseudo)politisches Statement ist, der sich gebildete Schichten hingeben (können). Die Leute, die vielleicht tatsächlich auf Lebensmittelhilfen angewiesen sind, stellen sich brav in der Schlange vor den Tafelläden an.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • :wow


    Ehrlich gesagt, habe ich noch gar keine Meinung dazu, ob man Leute bestrafen soll, die in fremden Mülleimern wühlen oder nicht. Das Problem ist neu für mich. Ich dachte ganz ahnungslos auch lange, daß Dinge, die im Müll liegen, Dinge sind, die niemandem mehr gehören.
    Das ist aber nicht so.


    Ich wollte nur diese Information weitergeben und davor warnen, an die Legende vom Strandgut in privaten Mülltonnen der Großstadt zu glauben. Was passiert, wenn man erwischt wird, ist u.U. nicht witzig!


    Lebensmittel aus dem Müll zu holen, ist zudem tatsächlich eine Beschäftigung geworden, deren Gründe angesichts des Personenkreises eher verblüfft. Ich kenne mich mit dem Phänomen aber zu wenig aus.
    Das Phänomen von Tafeln und Suppenküchen kenne ich eher, habe aber nicht den Eindruck, daß es sich dabei um dieselben Leute handelt.


    Übrigens habe ich hier vor Jahr und Tag ein Kindebruch rezensiert, in dem das Plündern von Containern aus Armut beschrieben wurde. War aber nicht so recht gelungen.


    Hier

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali


    Ehrlich gesagt, habe ich noch gar keine Meinung dazu, ob man Leute bestrafen soll, die in fremden Mülleimern wühlen oder nicht. Das Problem ist neu für mich. Ich dachte ganz ahnungslos auch lange, daß Dinge, die im Müll liegen, Dinge sind, die niemandem mehr gehören.
    Das ist aber nicht so.


    Heutzutage gehört alles irgendjemandem (womit wir wieder bei Patel wären ;-))


    Zitat

    Original von magali
    Lebensmittel aus dem Müll zu holen, ist zudem tatsächlich eine Beschäftigung geworden, deren Gründe angesichts des Personenkreises eher verblüfft. Ich kenne mich mit dem Phänomen aber zu wenig aus.
    Das Phänomen von Tafeln und Suppenküchen kenne ich eher, habe aber nicht den Eindruck, daß es sich dabei um dieselben Leute handelt.


    Das meinte ich ja oben: bewusstes Containern ist Lifestyle, Avantgarde, Statement. Es ist aktiv, cool. Dass es auch illegal ist, erhöht eher den Reiz.
    Vor der Tafel Schlange zu stehen ist dagegen passiv, man holt sich Almosen ab, was natürlich extrem uncool ist. Die Leute dort brauchen die Lebensmittel wirklich, aber woher soll eine Omma oder eine Alleinerziehende Mutter die Kraft nehmen, nachts durch die Container zu stöbern?

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Containern als Statement?
    Holy Cannoli!


    Ich hoffe, dazu kommt denkerisch noch etwas. Soo jung kann niemand sein.


    Ihrene Sorge möcht ich habe, pflegte meine Oma zu sagen.


    Genau. PATEL! :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus