Luftkurmord - Elke Pistor

  • Kurzbeschreibung
    Sie ist jung. Sie ist einsam. Und sie ist tot. Der Schock über den vermeintlichen Selbstmord der Stadtangestellten sitzt tief. Aber nicht tief genug, um das Thema Nummer1 im Luftkurort Gemünd zu verdrängen: den Protest gegen den geplanten Wiederaufbau eines historischen Hotels mitten im Nationalpark Eifel. Als die Wortführerin der Protestbewegung, eine Freundin der Toten, spurlos verschwindet, beginnt Kommissarin Ina Weinz zu ermitteln. Wie weit gehen die Gegner des Projekts? Wer sind die Drahtzieher? Als eine weitere Leiche an der Hotelbaustelle gefunden wird, erkennt Ina die Zusammenhänge und bringt sich damit in größte Gefahr.


    Über die Autorin
    Elke Pistor, Jahrgang 1967, ist in Gemünd in der Eifel aufgewachsen. Nach dem Abitur in Schleiden zog es sie zum Studium nach Köln, wo sie nach einem Zwischenstopp am Niederrhein bis heute lebt. Schon seit sie als Kind einen Steinmetz der Dombauhütte bei der Arbeit beobachten durfte, ist sie von "Kölns größter Baustelle" und ihren Geheimnissen fasziniert. Sie arbeitet als freie Seminartrainerin in der Erwachsenenbildung und leitet Schreibworkshops. Nach Kurzgeschichten und Kurzkrimis erschien ihr erster Eifel Krimi "Gemünder Blut" im Herbst 2010 im Emons Verlag.



    Meine Meinung:

    Rund 7 Monate sind seit dem von Ina Weinz bei einem Besuch in ihrer Heimatstadt Gemünd aufgeklärten Mord an einem Professor vergangen. Ina hat mittlerweile die Brücken hinter sich abgebrochen, der Kriminalpolizei Köln den Rücken gekehrt und sich für eine Laufbahn als Streifenpolizistin im vermeintlich beschaulichen Gemünd entschieden. Als während einer Modellboot-Regatta die Leiche einer Ertrunkenen entdeckt wird, deutet alles auf einen Selbstmord hin. Ina Weinz ist geschockt, denn die Tote war keine Unbekannte für sie. Entgegen aller Regeln beginnt sie auf eine Faust Nachforschungen anzustellen und findet einen Zusammenhang zwischen der Toten und einem groß angelegten Hotelprojekt.


    In Elke Pistors zweitem Fall muss sich Ina Weinz nicht nur mit dem Tod einer alten Bekannten auseinander setzen sondern auch mit den Folgen des Jobwechsels, dem Umzug nach Gemünd und damit auch zu der Beziehung zu ihrem Freund Steffen. Ina ist zwar körperlich in Gemünd angekommen, kann sich aber nicht zu endgültigen Entscheidungen durchringen und auch in die Rolle der einfachen "Dorfpolizistin" kann sie sich nicht wirklich einfinden. Dies wird deutlich, als die Tote gefunden wird und Ina automatisch in alte Verhaltensmuster ihres vorigen Jobs zurückfällt. Die Verantwortung für ihr Handeln trägt sie diesmal jedoch nicht für sich alleine, denn sie hat eine Praktikantin an die Seite gestellt bekommen, die mit ihr zu Ausbildungszwecken gemeinsam Streife fährt. Aus dem nervigen und pflichtbesessenen Rookie Judith wird im Laufe des Falles eine echte Stütze für Ina.


    Parallel zur Handlung aus der Sicht Inas, sowie des Auffinders der Toten - ein etwas skurriler Modellschiff-Freak - gibt es auch in diesem Buch wieder einen Erzählstrang, der einen Rückblick in die Vergangenheit gibt. Mir waren hier schnell zumindest die groben Zusammenhänge zu den Ereignissen in der Gegenwart klar, aber die genaue Zuordnung hat sich mir erst zum Schluss erschlossen - also genau so, wie es von der Autorin vermutlich geplant war. So hat mich dann auch die endgültige Auflösung völlig überrascht. Im Gegensatz zum ersten Fall von Ina Weinz habe ich diesmal tatsächlich bis zum Schluss im Dunkeln getappt. Genau die Art von Krimi, die ich mag, denn ich rätsele beim Lesen gerne mit.


    Elke Pistor zeichnet in Luftkurmord ein dichtes Bild von versteckten und nicht eingestandenen Ängsten, Zweifeln, falsch verstandener Schuld, Manipulation und psychischem Druck. Von Strudeln der Abhängigkeit, aus denen man sich nicht mehr befreien kann und von falschen Entscheidungen, die in einem Desaster enden können. Von Fassaden, die aufrecht erhalten werden müssen, koste es was es wolle. Das Ergebnis ist mitunter erschütternd und gibt auch nach Beenden dieses Buches noch lange Anlass zum Nachdenken.


    Wie schon Gemünder Blut ist auch Luftkurmord ein leiser Krimi mit eher mäßigem Tempo, dem es aber nicht am Spannungsbogen mangelt. Die Spannung resultiert hier aber nicht ausschließlich aus dem Krimiplot sondern zum Großteil auch aus den komplizierten Beziehungsgeflechten der Protagonisten, an denen man als Leser großen Anteil nimmt.


    Elke Pistor hat schon mit Gemünder Blut bewiesen, dass sie gute Krimis schreiben kann. Mit Luftkurmord jedoch hat sie die Messlatte für weitere Ina Weinz-Fälle enorm hoch angesetzt und sich einen Platz in der ersten Riege der Regionalkrimi-Autoren erschrieben. Ich freue mich schon jetzt auf den dritten Fall mit Ina Weinz und hoffe, dass ich nicht allzulange darauf warten muss.

  • Schon der Debütroman von Elke Pistor "Gemünder Blut" hat mir mit kleinen Abstrichen gut gefallen, mit dem zweiten Ina-Weinz-Krimi "Luftkurmord" hat sie sich in der ersten Regional-Krimi-Liga etabliert.
    Sie beherrscht das behutsame Abziehen der verkrusteten Seelenschichten ihrer Protagonisten meisterhaft und auch die verschiedenen Erzählstränge sind so geschickt verwoben, dass mich die Auflösung völlig überrascht hat. Der Spannungsbogen wurde die ganze Zeit gehalten und man merkt die gründliche Recherchearbeit der Autorin an den vielen Details, die den Roman atmosphärisch stimmig machen. Ob es um die aufgeheizte Stimmung während einer Demo, den Umgang mit dementen Personen oder das Seelenleben von Aussenseitern der Gesellschaft geht, immer erzählt Elke Pistor einfühlsam und prägnant.
    Ich habe den Roman in einem Zug durchgelesen, weil ich ihn nicht mehr aus der Hand legen konnte. Hoffentlich muss ich nicht allzulange auf den dritten Fall von Ina Weinz warten.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Wie Nachtgedanken habe ich das Buch in einem Zug durchgelesen - was im Wortsinn verstanden werden will. Beim ersten Krimi von Elke Pistor hatte ich noch leichte Zweifel, diese Fortsetzung aber überzeugt (wenn mich auch BJ's Ausführungen zum Thema Ausbildung / Tutor) noch interessieren würden, aber da gestehe ich einem Autor Freiheiten zu. Das Buch ist spannend, verknüpft mehrere Motivstränge und auch das Privatleben der Protagonisten kommt nicht zu kurz. Eine interessante weitere Nebenfigur wird eingeführt, die Auszubildende Julia und ihre Verwirrungen. Auch ein weiterer Handlungsstrang, der die Frage des Alterns und der Demenz anspricht trägt zur letztlich überraschenden Lösung bei.


    Unbedingt empfehlenswert.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Ausgerechnet zu einer Regatta wird eine Frauenleiche im Wasser treibend, an einem der Boote entdeckt. Die Tote hinterlässt einen Abschiedsbrief und so sieht auf den ersten Blick alles nach einem Selbstmord aus. Polizistin Ina Weinz, die an ihren Heimatort Gemünd zurückgekehrt und auf dem Revier tätig ist, stellt mit Erschrecken fest, dass es sich dabei um eine ehemalige Bekannte handelt.


    Eigentlich ist der Fall abgeschlossen und eigentlich hat sie ihren Job bei der Mordkommission Köln, gegen den einer normalen Dorfpolizistin getauscht. Doch etwas lässt ihr keine Ruhe und sie kann nicht gegen ihre Natur, nimmt eigene Nachforschungen auf und wird bald schon fündig, dass etwas nicht stimmt. Es verdichten sich die Hinweise auf einen Mord, doch wer sie umgebracht haben könnte, ob es überhaupt ein Motiv für die Tat gibt und was es mit dem Abschiedsbrief auf sich hat, beschert Ina Weinz doch einiges an Kopfzerbrechen. Schnell muss sie erkennen, in einem Dorf ticken die Uhren anders, es gibt Erwartungen, falsche Freunde einen schönen Schein der trügerisch ist und um eine Gesellschaft, Ansichten, die nicht immer ganz einfach zu verstehen sind.


    Wie schon im ersten Band „ Gemünder Blut“ mit dem Einstieg einer Lokal Krimi Reihe um die Polizistin Ina Weinz, setzt die Autorin noch einen drauf. Nämlich eine spannendere Handlung und die Vertiefung der Hauptcharaktere. Während man im ersten Teil die Schwerpunkte noch auf einen Roman mit kriminalistischer Handlung setzen konnte, wird hier eindeutig mehr Krimi gewichtet und bleibt von Anfang bis Ende spannend.
    Die Hauptfigur wird ausgebaut, bekommt Unterstützung in Form einer jungen Auszubildenden Julia, konzentriert sich dabei aber auf das Wesentliche, ein Verbrechen und deren Aufklärung. Alle weiteren Personen sind fast liebevoll, auf verschiedene Aspekte abzielend, aber nicht in den Vordergrund drängend gezeichnet.


    Der Schauplatz liegt in der Eifel, im Dorf Gemünd, könnte aber trotz Lokalitäten und Eigenarten auch in jedem anderen Ort seine Handlung haben. Hier hat die Autorin darauf geachtet keine Detailverliebtheit aufkommen zu lassen und die Dramatik auf den Verlauf zu konzentrieren.


    Auch Humor beweist Elke Pistor in einer Beschreibung, in der die Polizistin sich in einem Schaufenster wundert, dass es jetzt Krimis gibt, die in der Eifel spielen, was mich zum schmunzeln gebracht hat.


    Mein Fazit: Ein gelungener und glaubwürdiger Krimi, der einen bis zum Schluss rätseln lässt, wer oder was in Frage für den Mord und weitere Vorfälle kommt. Er schafft es ohne großes Blutvergießen glaubwürdig und bewegend zu bleiben. Interessante Charaktere deren Entwicklung man miterlebt und Emotionen, die bei einigen Szenen automatisch geweckt werden, bei manchen sicher nachhaltig wirken. Ina Weinz ist eine sehr sympathische Hauptfigur, die einem immer mehr ans Herz wächst und auf deren Ermittlungen ich mich im nächsten Band schon freue.

  • Ich halte mich normalerweise mit Rezensionen von Regionalkrimis zurück. Man läuft leicht Gefahr, in Schubladen gesteckt zu werden: Lob könnte einen in den Ruf bringen, der Kollegin einen Gefallen getan zu haben, Kritik könnte als Neid ausgelegt werden.
    Heute aber muss ich das loswerden: Ich habe die letzten zwei Tage Elke Pistors "Luftkurmord" gelesen und bin restlos begeistert. Liebevolle, tiefgründige Personenzeichnung, zwei originelle Handlungsstränge, die genial verwogen werden, grandiose Stilsicherheit (eine hohe Kunst!), ruhige Spannung, nichts aufgeregt Aufgesetztes - diesen Krimi kann ich vorbehaltlos empfehlen!

  • 221 Seiten



    2.Fall Ina Weinz


    Meine Meinung:
    Es beginnt sehr spannend und unheimlich in der Vergangenheit. Drei Mädchen haben sich zu einer geheimen Bande zusammengeschlossen und sich dafür eigene Namen gegeben. Dazu haben sie das Gedicht von Christian Morgenstern „Die drei Spatzen“ verwendet und somit hat jede einen Jungennamen bekommen, Erich, Hans und Franz.


    In der Gegenwart wird Kommissarin Ina Weinz, die vor knapp einem Jahr wieder in ihre Heimat nach Gemünd übersiedelt ist, mit einer Leiche konfrontiert. Ausgerechnet an dem Tag, an dem eine Modellbootregatta stattfindet, wird die Tote angeschwemmt. Es handelt sich um Regina Brinke, eine Angestellte des Bauamtes und eine gute Bekannte von Ina. Es gibt einen Abschiedsbrief, aber war es wirklich Selbstmord? Ein großes Projekt in Gemünden steht im Mittelpunkt, es handelt sich um den Wiederaufbau eines historischen Hotels, bei dem es zu einer großen Protestbewegung kommt, da es sich dabei um den Nationalpark Eifel handelt.


    Obwohl es sich um einen ruhigeren Krimi handelt, hat mich die Geschichte sofort gefangen genommen und die Spannung baut sich laufend auf. Es wird in zwei Handlungssträngen erzählt, in dem einen geht es um „Die drei Spatzen“ aus der Vergangenheit und im anderen um die Gegenwart und den Todesfall und seine Folgen. Beide Geschichten sind äußerst interessant und ich habe immer wieder Vermutungen angestellt, wie alles zusammenpassen könnte. Die Auflösung gibt es allerdings erst am Ende und dann noch mit einer großen Überraschung.


    Für Ina sind die Ermittlungen nicht einfach, da sie sich nicht so an die Vorschriften hält und es dadurch zwischen ihr und ihrem Chef immer wieder zu Reibereien kommt. Außerdem hat sie auch privat einiges zu bewältigen, ihr Kater ist krank, ihr Vater zieht ins Heim und mit Steffen, ihrem Freund, ist sie auch noch nicht ganz einig. Trotzdem rückt die Krimihandlung nicht in den Hintergrund, was ich als sehr positiv empfinde und die Personen sind auch gut dargestellt und durchwegs sympathisch.


    Besonders gut gefallen hat mir die Idee, das Gedicht von Christian Morgenstern in das Buch einzubinden, es hat sich wunderbar eingefügt, obwohl es gewöhnungsbedürftig ist, sich bei den Jungennamen Mädchen vorzustellen. Ein toller Krimi, den ich sehr gerne gelesen habe und ich hoffe, es kommt bald der nächste Fall.

  • Dies war das erste Buch der Autorin für mich. Das Hineinfinden war überhaupt kein Problem, wobei ich jetzt unbedingt den 1. Fall von Ina Weinz lesen MUSS.


    Für mich war es ein klasse Krimi und spannend zu lesen. Bei dem kursiv gedruckten Handlungsstrang ist mir förmlich die Gänsehaut aufgestanden wegen der Brutalität von Kindern sowohl psychisch als auch physisch. :-(


    Ina Weinz, als Ermittlerin sympathisch, aber auch ständig im Zweifel über ihre Entscheidungen sowohl in ihrem Privatleben als auch im Beruf. Die Praktikantin macht eine tolle Entwicklung durch und ich hoffe, daß sie in einem nächsten Buch erhalten bleibt. Für mich hat die Autorin das Verhalten der einzelnen Figuren sehr sensibel und einfühlsam beschrieben. Hier denke ich vor allem auch an die Demenz oder das langsame Sterben der Katze Hermann.


    Die Geschichte insgesamt fand ich packend, gedanklich wird sie noch längere Zeit nachhallen und das Ende - einfach unglaublich!


    Von mir 10 Punkte und eine eindeutige Leseempfehlung!

  • Danke Richie, dass du mir das Buch in Erinnerung gebracht hast. Das kam jetzt umgehend auf die WL. :knuddel1


    Wobei ich gespannt bin wie die Auszubildende nun wirklich heißt ;-)
    ob Beo oder Bouquineur richtig liegt.