Kurzbeschreibung
Ein 17 Kilometer langer Fjord im Osten Islands, in den fünf Monate im Jahr das Sonnenlicht nicht hineinscheint - dort, im 800-Seelen-Ort Seydisfjördur wächst Kristín Steinsdóttir in den 1950er Jahren auf. Ihre Kindheit ist voll von Geschichten: den Isländersagas, Volksmärchen wie dem von der dreiköpfigen Gryla und ihren 13 Söhnen - den isländischen Weihnachtsmännern, die im Advent wochenlang ihr Unwesen treiben und so lebendig sind wie die Gespenster, die nicht nur in den Bergen, sondern auch in jedem Haus wohnen, so vertraut wie entfernte Verwandte. Man schmeckt mit ihr die Kostbarkeit von Obst, das es nur zu Weihnachten gibt, eine herbeigesehnte Abwechslung zum alltäglichen, allgegenwärtigen Fisch. Das Schneeauto - eine Art Panzer mit aufgesetzter Hütte - bildet oft über Wochen die einzige Verbindung zur Welt jenseits des Fjordes.
Als die Entdeckung riesiger Heringsschwärme im Fjord 1961 einen Wirtschaftsboom auslöst, kommen aus allen Teilen des Landes Saisonarbeiter, aus Dänemark und Norwegen Fangschiffe, aus Russland Fischhändler. Mittendrin, Tag für Tag "im Fisch" arbeitend: die jugendliche Kristín. Ihre mit isländischer Akzentuierung frei erzählten Miniaturen vergegenwärtigen den Rausch einer Zeit plötzlichen Reichtums und mischen ihn mit der Poesie der Kindheit und der Härte eines Lebens im Kampf mit der Natur zu einer Alltagsgeschichte Islands in den 1950er und 1960er Jahren, zu einer mitreißenden Saga vom Erwachsenwerden an einem der nördlichsten Ufer Europas.
Was für ein wunderbares Hörbuch! Kristín Steinsdóttir erzählt, von der Leber weg, von ihrer Kindheit und Jugend im Island der 50er und 60er Jahre. Eine schöne Kindheit, auch wenn dieses raue Land Lebensbedingungen bot, die heute nicht mehr vorstellbar sind. Schließlich war Island zu dieser Zeit noch das Armenhaus Europas. Doch mit Beginn der industriellen Fischereiwirtschaft zog die Moderne auch in die entlegenen Landesteile:Wenn endlich der Hering vor den Küsten gesichtet wurde, war jede Arbeitskraft von Nöten, um die Berge von Fisch zu verarbeiten, die die Trawler anlandeten. Alles drehte sich um Fisch. Gleichzeitig sickerte auch der moderne, in erster Linie amerikanische, Lebensstil in diesen entfernten Fjord.
Kristín erzählt nicht chronologisch, sondern wie es ihr in den Sinn kommt. Ihre Erzählungen sind teilweise kuriose Kindheitserinnerungen, etwa an schräge Dorfbewohner, aber auch dramatische Ereignisse, wie die einzige Kriegshandlung des zweiten Weltkriegs in Island, als die Deutschen einen britischen Tanker versenkten, was den Fjord in eine Ölwüste verwandelte. Teenageranekdoten kommen ebenso zur Sprache, wie die teilweise sehr seltsamen Sitten im alten Island.
Und selbst wenn sie ausführlich die Handgriffe erklärt, die getan werden müssen, bis ein kompletter Fisch letztlich im Heringsfass gelandet ist, wird es nie langweilig, ihr zuzuhören.
Denn vorallem lebt dieses Hörbuch von Kristíns grandioser Sprache. In einem nahezu perfekten Deutsch, erinnern nur die teilweise wunderbaren altmodischen Begriffe und dieser liebenswerte Akzent, dass sie vor langer Zeit deutsch gelernt hat.