Titel: In Zeiten des abnehmenden Lichts
Autor: Eugen Ruge
Verlag: Rowohlt
Erschienen: September 2011
Seitenzahl: 432
ISBN-10: 3498057863
ISBN-13: 978-3498057862
Preis: 19.95 EUR
Das sagt der Klappentext:
Von den Jahren des Exils bis ins Wendejahr 89 und darüber hinaus reicht diese wechselvolle Geschichte einer deutschen Familie. Sie führt von Mexiko über Sibirien bis in die neu gegründete DDR, führt über die Gipfel und durch die Abgründe des 20. Jahrhunderts. So entsteht ein weites Panorama, ein großer Deutschland-Roman, der ungeheuer menschlich und komisch, Geschichte als Familiengeschichte erlebbar macht.
"Günter Grass ging beim gespannten Zuhören die Pfeife aus.", meinte Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Der Autor:
Eugen Ruge, geb. 1954 in Sosswa am Ural, studierte Mathematik in Ostberlin und wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Physik der Erde. Bereits 1986 begann er mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Seit 1989 wirkt er hauptsächlich als Autor für Theater, Funk und Film. Neben seinen Übersetzungen mehrerer Tschechow-Texte und der Autorentätigkeit für Dokumentarfilmeund Theaterstücke lehrte er zeitweise in Berlin und Weimar, bevor er 1988 aus der DDR in den Westen ging.
Meine Meinung:
In aller Bescheidenheit nannte der Rowohlt-Verlag dieses Buch „einen großen Deutschland-Roman“ – man kann wirklich nur froh sein, dass der Verlag sich nicht noch weiter hat hinreißen lassen und dieses Buch als „DEN großen Deutschland-Roman“ bezeichnete. Denn mehr als ein durchaus lesenswerter, aber eben auch höchst durchschnittlicher Roman, ist dieses Buch ganz sicher nicht. Selbst die Bezeichnung „ein großer Deutschland-Roman“ ist schon arg an der Grenze der Vermessenheit.
Eugen Ruge beschreibt das, was schon häufig in ähnlicher Form beschrieben wurde. Neue Wege geht dieser Autor leider nicht, obwohl der eine oder andere neue Weg diesem Buch ganz sicher nicht geschadet hätte. So bleibt im Ergebnis eben nur ein durchschnittlicher Allerweltsroman, der ohne große Höhepunkte bleibt und der sicher auch nicht das Zeug dazu hat, sehr lange im Gedächtnis haften zu bleiben. Ruge bedient sich leider der gängigen Klischees über die deutsche Vergangenheit, über das Exil in der Sowjetunion, über die Verbannung nach Sibirien, über die Emigration nach Mexiko und über das Leben im geteilten und dann wiedervereinigten Deutschland.
Was der Autor allerdings sehr gelungen beschreibt, ist die spießbürgerliche deutsche Lebensart, in der DDR aber eben auch in der damaligen Bundesrepublik Deutschland – eine Sache, in der sich beide deutschen Staaten offenbar immer ganz einig war. Egal wie – Hauptsache aber spießbürgerlich und verbissen.
Eugen Ruge hat einen durchaus lesbaren Roman geschrieben der es aus mir unerfindlichen Gründen sogar auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2011 geschafft hat. Dieses Buch wirkt insgesamt ein wenig griesgrämig, eine kleine Prise Humor hätte ihm ganz sicher nicht geschadet – allerdings verkörpert diese Griesgrämigkeit aber wohl auch deutsche Lebensart. Die wiederum wurde, wie bereits erwähnt, treffend beschrieben.
Wieso die FAZ allerdings meinte, Günter Grass wäre beim gespannten Zuhören die Pfeife ausgegangen, das erschließt sich mir nicht. Das ist mal wieder so ein Satz, der sich auf einem Buchrücken vielleicht ganz gut macht, der aber in seiner Sinnleere schon beeindruckend ist.
Muss man dieses Buch nun gelesen haben? Wenn man mitreden will, wenn man im literarischen Smalltalk mangels anderer Themen ansonsten den Mund halten müsste – ja, dann sollte man dieses Buch lesen – so hat man in der „elitären“ Runde wenigstens einmal den Mund aufgemacht. Manchmal gehört es eben zum „guten Ton“ dieses oder jenes Buch gelesen zu haben.
Wenn man aber liest, weil man Freude am Lesen hat – nein, dann muss man dieses Buch ganz sicher nicht unbedingt gelesen haben.
Aufmerksam auf dieses Buch wurde ich übrigens als ich auf 3SAT ein Gespräch des Autors mit einer sich unglaublich wichtig nehmenden Dame sah, deren Name mir leider entfallen ist, die sich in halsbrecherischen Formulierungen verhedderte und dabei versuchte den Anschein zu erwecken, sie hätte Ahnung von der Materie.
Dieses Buch von Eugen Ruge bot mir keine neuen Erkenntnisse, Altbekanntes wurde nur wieder aufgewärmt. Sicher gibt es auf diesem Gebiet weitaus schlechtere Bücher – aber es gibt eben auch bessere Bücher. In Tom Liehrs „Sommerhit“ beispielsweise erfährt man mehr Wissenswertes über das geteilte Deutschland als in diesem Buch von Eugen Ruge.
Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass Ruge nicht chronologisch erzählt – er springt zwischen den einzelnen Zeitabschnitten hin und her, für den Leser durch die jeweilige Jahreszahl gut kenntlich gemacht. Diese Zeitsprünge lockern das Buch ein wenig auf und sind in stilistischer Hinsicht ein gutes Mittel den Leser bei der Stange zu halten.
Fazit: Kein schlechtes Buch, kein überragendes Buch – solider Durchschnitt.