Der Inhalt:
Island, während und kurz nach dem zweiten Weltkrieg.
Ugla (deutsch: Eule) ist 21 Jahre alt und stammt aus dem dünn besiedeten isländischen Norden. Sie kommt nach Reykjavík, um Orgelspielen zu lernen.
Um Geld zu verdienen, arbeitet sie als Hausmädchen bei Bui Arland, Großkaufmann, Doktor und Althing-Abgeordneten- ein vollständiger Kulturschock.
Bei ihr zu Hause werden Entscheidungen anhand des Wetters und Lebensregeln aus den Sagas getroffen, im Haus der Familie Arland wird der pseudo-amerikanische Lifestyle zelebriert. Hier werden korrupte Politiker und Handelsmänner eingeladen, rauschende Parties gefeiert und alle isländische Namen in "Dudu", "Didi", "Bobo" und "Bubu" umgetauft. Das Bild nach außen ist bürgerlich, gebildet und sittsam, es wird Chopin auf dem Flügel gespielt und auf keinen Fall möchte man mit den Kommunisten in Verbindung gebracht werden.
Nur Bui Arland scheint dieses Lebensgefühl nicht ganz ernst zu nehmen und nimmt sich selbst und seine Familie gern auf die Schippe. Ugla ist unheimlich beeindruckt von diesem gebildeten Mann, wo sie sich selbst doch so grobschlächtig und dumm vorkommt.
Sie verfolgt ihren Traum, Orgel zu spielen, und nimmt Unterricht bei einem seltsamen älteren Mann. Die Orgelstunden erweisen sich jedoch nach kürzester Zeit als Philosophie- und Diskussionsrunden, die Ugla sowohl bilden, als auch nachdenklich machen. Sie kommt dort zusammen mit allerlei schrägen Vögeln, Künstlern, einer Prostituierten und Betrügern, die ihr jedoch ans Herz wachsen. Sie kommt in diesem kleinen Häuschen mit Kommunismus und Anarchismus in Berührung und stellt mit ihrer sich festigenden politischen Einstellung den Haushalt der Arlands auf den Kopf. Gleichzeitig freundet sie sich nach und nach mit den Kindern an und traut sich auch, der hochgradig ätzenden Frau Arland die Stirn zu bieten.
Das Buch beschreibt, wie Ugla innerlich reift und wächst, gleichzeitig aber auch die politische Situation in Island. Das Bemühen des Althings, die Kommunisten im Keim zu Ersticken, die Amerikanisierung und das Vorhaben, Island an Amerika zu verkaufen um, wie der Titel sagt, eine Atomstation zu errichten.
Der Autor:
Halldór Kiljan Laxness, geboren als Halldór Gu jónsson am 23. April 1902 in Reykjavík, gestorben am 8. Februar 1998 in Reykjalundur bei Mosfellsbær, war ein isländischer Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger.
Er beschäftigte sich intensiv mit Theologie und Philosophie, aber auch mit der kommunistisch-marxistischen Lehre und verbrachte den Großteil seines Lebens an verschiedenen Orten fern seiner Heimat.
Trotzdem weisen viele seiner Werke Einflüsse der isländischen Sagas auf.
Für den Roman "Atomstation" erhielt er 1955 den Literaturnobelpreis.
Meine Meinung
Ich habe das Buch verschlungen.
Die Hauptperson ist unglaublich sympathisch und befreit sich im Laufe der Geschichte vom Klischee des Bauerntrampels- sie ist zwar ungebildet, aber doch außerordentlich pfiffig und schlagfertig.
Es ist wirklich schwer, hier zu beschreiben, wie sie ist, denn all dies klingt furchtbar nach Frauenroman. Das ist es jedoch ganz und gar nicht, obwohl sich Laxness natürlich mit den Gedanken und Gefühlen der jungen Frau auseinandersetzt. Ich bin ehrlich überrascht von der Authentizität dieser Persönlichkeit, denn ich habe schon viele äußerst murksige Romane gelesen, bei denen sich Autoren an einer weiblichen Hauptperson versucht haben- vergeblich.
Dieses Buch jedoch ist wirklich reich: sprachlich, geschichtlich, menschlich, philosophisch.
Bei den Orgelstunden wird man als Leser in ein vollkommen neues Universum geworfen, in dem flippige Menschen viele flippige Dinge erläutern und einen vollkommen anderen Lebensstil führen, als die Familie Arland. Hier herrscht nämlich die ultra-versnobte Frau, im Roman tatsächlich nur "die Frau" genannt. Sie ist beladen mit haarsträubenden Vorurteilen und einem Frauenbild, das einem vor Wut die Zehnägel einrollt. So könne sie Gesichter, die eine gewisse Bildung verraten, nicht ausstehen. Das sei Kommunismus.
Die Geschichte an sich ist im Grunde genommen gar nicht so spannend, aber so liebenswert, dass man unbedingt weiterlesen möchte.
Eine meiner Lieblingsstellen:
Erst später, als ich mich daran gewöhnt hatte, dass die große Tochter sich an den Flügel setzt und wie das Natürlichste auf der Welt Chopin spielt, begriff ich, was für eine Lächerlichkeit es von einem großen, drallen Weibsbild aus dem Nordland war, in einem so feinen Haus zu erklären:"Ich habe vor, das Orgelspielen zu lernen."
"Wie euch das aus Nordland ähnlich sieht, so mit Menschen zu sprechen", sagte die Köchin, als ich wieder in die Küche kam.Da erwachte der Trotz in mir, und ich antwortete:"Ich bin selber Mensch."
Lesen!
Lieben Gruß,
Pause