Unglaubwürdige Charaktere

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    eigentlich schon, mein Beitrag gehörte jedoch zum Nebenschauplatz auf Tila Salix Frage.


    Hast recht, ich hab mich da vertan.


    Ich selber hätte auch lieber ein Beispiel für wen, der nicht flach ist und dennoch unglaubwürdig. :grin

  • Zitat

    Original von LilianFiona
    ein paar Posts vorher hab ich doch eines genannt. Könnt ihr euch ja noch mal durchlesen, wenn ihr wollt.


    Ich hab's gelesen, aber da ich von der Serie nur einen kleinen Ausschnitt vom ersten Band kenne, den ich dann auch noch ziemlich flach fand, hilft mir das Beispiel nicht wirklich weiter ...


    Edit: Letztlich hängt es wohl tatsächlich von eigenen Geschmäckern und vielleicht auch von der eigenen Lesegeschichte ab, was man als flach findet und inwieweit man unglaubwürdig mit flach gleichsetzt oder nicht.


    Mir ist - anders als Herrn Palomar - noch kein Charakter aufgefallen, den ich gleichzeitig flach und glaubwürdig fand. Meiner Leseerfahrung nach ist ein unglaubwürdiger Charakter immer auch eine flache Figur. Mal schaun, wie ich das nach meiner Begegnung mit der Marquise sehe.


  • Ich denke mal, es hängt mit der Definition "flach" zusammen, ist sie personen- oder autorbezogen? Sprich: Ist die Person bzw ihr Charakter verwischt und unentwickelbar und somit bis zum Ende unverändert angelegt (vielleicht als Beispiel Scarlett O´Haras erste beiden Ehemänner) oder hat der Autor es nur nicht geschafft, ihn so zu erschaffen, dass er für mich als Leser greifbare Konturen annahm (Beispiel: Fast das gesamte Personal in einem Irland-Test-Leserunden-Buch vor nicht allzulanger Zeit - sogar der Titel ist mir schon wieder entfallen). Und was das "unglaubwürdig" angeht: Constanze im "Gurkensandwich" war bestimmt nicht flach, aber sie erschien mir total unglaubwürdig, weil mE niemand wirklich so bescheiden konstruiert sein kann, auch die Protas im vergessenen Kind haben Konturen, sind aber in ihren Handlungen teilweise für mich schwer nachvollziehbar.
    Fazit: Ein Unglaubwürdiger kann flach, ein Flacher unglaubwürdig sein, aber beides ist nicht zwingend miteinander verbunden.
    Und ob das etwas damit zu tun hat, ob es die Person wirklich gegeben hat, weiß ich nicht. Auf die Mätressen-Rezi bin ich gespannt... :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von maikaefer
    Ich denke mal, es hängt mit der Definition "flach" zusammen, ist sie personen- oder autorbezogen? Sprich: Ist die Person bzw ihr Charakter verwischt und unentwickelbar und somit bis zum Ende unverändert angelegt (vielleicht als Beispiel Scarlett O´Haras erste beiden Ehemänner) oder hat der Autor es nur nicht geschafft, ihn so zu erschaffen, dass er für mich als Leser greifbare Konturen annahm (Beispiel: Fast das gesamte Personal in einem Irland-Test-Leserunden-Buch vor nicht allzulanger Zeit - sogar der Titel ist mir schon wieder entfallen). Und was das "unglaubwürdig" angeht: Constanze im "Gurkensandwich" war bestimmt nicht flach, aber sie erschien mir total unglaubwürdig, weil mE niemand wirklich so bescheiden konstruiert sein kann, auch die Protas im vergessenen Kind haben Konturen, sind aber in ihren Handlungen teilweise für mich schwer nachvollziehbar.
    Fazit: Ein Unglaubwürdiger kann flach, ein Flacher unglaubwürdig sein, aber beides ist nicht zwingend miteinander verbunden.


    Genau daher war ich ja der Meinung, dieser Thread bzw. die Eingangsfrage hätte besser im Thread über flache Charaktere gepasst - denn das eine hat ja doch irgendwie mit dem anderen zu tun, und es wäre (für mich) einfacher, auf die jeweiligen Statements zum Thema flache Charaktere einzugehen.


    :gruebel Allerdings liegt die Tatsache, dass hier flach und unglaubwürdig gegeneinander/miteinander diskutiert werden, eindeutig an mir und meinem Statement, beide wären miteinander austauschbar, von daher halte ich jetzt meine Klappe, warte auf die Marquise und sehe dann weiter. Bin auf jeden Fall gespannt, was hier noch zum Thema Unglaubwürdige Figuren gesagt wird.


    Zitat

    Original von maikaefer
    Und ob das etwas damit zu tun hat, ob es die Person wirklich gegeben hat, weiß ich nicht. Auf die Mätressen-Rezi bin ich gespannt... :wave


    Ich auch :chen Kann aber noch etwas dauern, ich habe das Buch ja gerade erst in der Fernleihe bestellt.

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Genau daher war ich ja der Meinung, dieser Thread bzw. die Eingangsfrage hätte besser im Thread über flache Charaktere gepasst


    Aber das konnte man ja nicht zusammenlegen, da unglaubwürdige Charaktere nicht notwendigerweise flach sein müssen.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Aber das konnte man ja nicht zusammenlegen, da unglaubwürdige Charaktere nicht notwendigerweise flach sein müssen.


    :-) Herr, Palomar, wir drehen uns im Kreise!
    Genau das ist ja die Frage, die ich in diese Diskussion gebracht habe, zu der ich aber gerade nicht viel mehr sagen kann, als dass ich es anders sehe, mich aber gerne von Gegenbeispielen überzeugen lasse.
    Meine Meinung ist jedoch nicht maßgeblich, die Mehrheit sieht hier zwei getrennte Themen, also lebe ich damit. Und eigentlich wollte ich mich jetzt bis zu meiner Begegnung mit der Marquise zurückhalten, damit der Thread in Ruhe von dem von mir aufgemachten Nebenschauplatz "Ist flach gleich unglaubwürdig?" zurück zum eigentlichen Thema findet, nämlich


    Zitat

    Original von LilianFiona
    Kennt ihr so was? Habt ihr schon mal erlebt, dass ihr Charaktere erst für stark haltet und dann später unglaubwürdig?


    ... und deshalb mache ich jetzt genau das. Ich halte meine Klappe und schau jetzt erst mal nur noch lesend rein. :wave


    LG und nichts für ungut,
    Tilia

  • also ich habe jetzt gelernt (durch das andere Thema), dass flache Charaktere nicht tiefgrünnig sind und nicht so gut beschrieben sind zum Beispiel.


    Unglaubwürdig ist dann aber wie schon gesagt wurde was ganz anderes.




    Noch mal zu Vampire Academie:


    Rose fand ich teilweise auch am Ende ziemlich ungläubig. Eigentlich ist sie ziemlich pfiffig, aber das offensichtlichste soll sie dann angeblich nicht oder erst verdammt spät kapieren. Ja klar, wers glaubt.



    Hm, leider kenn ich kein Beispiel für einen berühmten flachen Charakter der auch gleichzeitig unglaubwürdig ist. (Vampire Academie ist zwar schon beliebt, aber es kennt deshalb ja noch nicht irgendwie jeder. Und vor Vampire Academie sind mir solche Charaktere leider noch nicht aufgefallen.

  • Ich grabe diesen Thread mal wieder aus, weil es da noch einen losen Faden gab:




    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Die Marquise de Pompadour in dem Roman
    Die Favoritin des Königs von Claudia Ziegler


    Ich fand den Roman gut und lesbar, wie die Protagonistin als Mätresse des Königs dargestellt wurde, war historisch wohl korrekt, doch die Figur blieb in einer Hinsicht flach. Sie wurde nämlich als große Liebende verkauft und nicht als eine Frau, der es sehr wohl um viel Einfluss ging.



    Ich habe mir daraufhin den Roman besorgt und auch angefangen zu lesen. Dieser Thread geisterte beim Lesen immer im Hinterkopf umher, gerade in Hinblick auf das von Herrn Palomar geschilderte "glaubwürdig und dennoch flach".


    Ich bin mittlerweile zu dem Schluss gekommen, dass ich tatsächlich etwas zu kurz gedacht habe, gerade in Hinblick auf historische Romane. Eine Figur kann noch so ausgefeilt dargestellt sein, wenn ihre Roman-Handlungen im Widerspruch zu den bekannten historischen Fakten stehen, dann muss das vom Autor schon gut rübergebracht werden, damit die Figur glaubhaft bleibt.


    Die Pompadour im Roman fand ich übrigens nicht unbedingt flach, nur reichlich naiv. Ich habe es allerdings nicht zuende gelesen, sondern nach 170 Seiten abgebrochen, Obwohl's recht gut geschrieben ist. Die Autorin war sich nur leider nicht zu schade, in die selbe Kerbe zu hauen, in die so fast jeder historische Liebesroman schlägt: während der erzwungene Ehemann ein grober Widerling ist, glänzt der ersehnte Geliebte mit einer unglaublichen Perfektion im Bett, dass die Glückliche förmlich dahin schmilzt. Und ich das Buch zuschlage. Womit wir dann wieder bei der Frage nach der Glaubwürdigkeit wären ;-)

  • Schönes Thema!


    Der letzte unglaubwürdige Charakter, der mir untergekommen ist, ist Frajera aus "Kolyma" von Tom Rob Smith.
    Auf eine Art und weise ist sie ein Musterbeispiel für eine toughe Frau, auf der anderen Seite ist das, was sie im Verlaufe der Geschichte tut, lässt, sagt, getan hat, durchsteht irgendwie immer vorhersehbar in seiner ganzen Überzogenheit.
    An einer Stelle - ich will jetzt nicht spoilern, deshalb so undeutlich - hatte ich vor meinem geistigen Auge eine Passage, die ungefähr "...und dann sprang sie irre kichernd vom Dach und stieß wilde Flüche aus" hätte lauten können.


    Außerdem war sie - um die Definitionen vom Anfang des Threads aufzugreifen - auch noch flach angelegt. In Bezug auf diesen Charakter blieben so viele Fragen offen, die man - wie ich finde - hätte klären müssen und auch können. Das hätte dann zwar sicher dazu geführt, dass das Buch doppelt so dick geworden wäre, aber das hätte nicht geschadet.

  • Zitat

    Original von Moloko
    Also bei so ziemlich allen Büchern von Dan Brown fand ich die Charaktere unglaubwürdig.


    Ich möchte fast sagen: bei allen. Und mich gleichzeitig auch fragen: warum wird der so dermaßen oft gelesen?

  • Für mich können flache Charaktere ebenso unglaubwürdig sein, jedoch können unglaubwürdige Charaktere nicht flach sein. Oder aber so unglaubwürdig, dass es so flach nicht sein kann. :lache


    Die Frage ist daher, ab wann ein Charakter unglaubwürdig wird, bzw. vielmehr deren Handlungen. Ich finde, hier wurde schon gut beschrieben, dass ein Charakter scheinbar unglaubwürdig sein kann, aber durch entsprechende Recherchen und Erläuterungen des Autors die Unglaubwürdigkeit verlieren kann. Beispielsweise bei psychischen Erkrankungen, ganz massiv bei wahnhaften Geschehen oder aber auch bei Persönlichkeitsstörungen, wo es ja sogar ganz konkret um übertrieben ausgeprägte Charaktereigenschaften geht. (narzistische Persönlichkeiten, hysterische Persönlichkeitsstrukturen, anarkastische Persönlichkeiten, soziale Phobien etc.) Ohne ansatzweise zu wissen, dass es bei dem Charakter eine Form der hystrionischen Persönlichkeitsstörung sein könne, würde man dazu neigen, einen Charakter als unglaubwürdig zu empfinden, weil er zu Dramaturgie und hysterischen Ausbrüchen neigt, schlichtweg zu Übertreibung.


    Flach ist für mich einen Charakter, der kaum Eigenschaften trägt. In ihm sehe ich nichts lebendiges sondern sie wirkt dann eher wie eine Wachsfigur, im übertragenen Sinne. Es kann aber auch ein Charakter sein, der durch eine Nebenrolle vom Autor dementsprechend wenig erkennbar wird, weil es wenig Priorität im Geschehen hat. Hier kann es dann aber auch passieren, dass die Person eine unglaubwürdige Handlung begeht, weil keinerlei Persönlichkeit der Romanfigur bekannt ist, hier neigt man dazu, es vorn vorn herein als unglaubwürdige Handlung zu bezeichnen.

  • Hallo zusammen,


    eine interessante Diskussion habt ihr hier. Ich habe das vorher noch nie so auseinandersortiert, mir jetzt aber mal Gedanken gemacht. Ich bin auch der Meinung, dass flach und unglaubwürdig zwei Paar Schuh sind.
    Mal ein Beispiel, welches ich zwar gerade nicht kongretisieren kann, was mir aber schon unter gekommen sind.
    Es gibt Autoren, wie King zum Beispiel, die sich gerne viel Zeit dafür nehmen, einen vielschichtigen Charakter zu entwickeln, und denen das in der Regel in meinen Augen auch gelingt. Dennoch gibt es Situationen in denen sie unglaubwürdig erscheinen. Wenn zum Beispiel ein 10jähriger Junge immer einen Zacken schlauer und gewitzter ist als sein Verfolger, kann es zu Lasten der Glaubwürdigkeit gehen. Wenn ich so darüber nachdenke, kommt es gerade bei Kindercharakteren nicht so selten vor, dass sie sich unglaubwürdig verhalten, aus unglaublichem Wissen schöpfen können, unglaublich vielschichtig, philosophisch oder verantwortungsvoll sind usw. Dennoch sind sind sie nicht selten dennoch so gut ausgearbeitet und sympatisch, dass ich mich da nicht unbedingt daran störe.


    Für mich ist mangelnde Glaubwürdigkeit aber nicht zwingend negativ, solange es irgendwie in den Kontext des Buches/der Figur passt. Flach finde ich (bis auf Ausnahmen, bei denen Handlung und Aussage des Buches wichtiger sind) schlimmer als unglaubwürdig.
    Mich hat es zum Beispiel nie gestört, das Filme aus der Star Wars Reihe scheinbar die physikalischen Gesetzmäßigkeiten außer Kraft setzen und Explosionen im Vakuum des Weltraums hörbar sind ;-). Mich hat auch nie gestört, dass Bruce Willis nach mindestens 6 Liter Blutverlust immernoch stärker ist als seine Gegener :chen (na gut, vielleicht kein so gekonntes Beispiel, John McCane ist jetzt vielleicht nicht der vielschichtigste Charakter.. ich mag ihn trotzdem).


    Unglaubwürdigkeit kann aber auch nerven. Und zwar besonders dann wenn der Charakter in sich nicht schlüssig agiert oder unglaubwürdige Wesensänderungen durchmacht.


    liebe Grüße
    Aj

  • Zitat

    Original von Stute
    Den Autoren sind bei der Erfindung der Charaktere keine Grenzen gesetzt


    ...leider, in so manch einem Fall..
    Unglaubwürdigkeit entsteht doch nicht per se aus der Fantastik. Unglaubwürdig sind nicht irgendwelche Monster, Fantasiewesen oder sprechende Tiere an sich, seien sie noch so undenkbar in der realen Welt. Fantastik und Glaubwürdigkeit schließen sich doch nicht aus. Die Kunst ist ja eben gerade, die Charaktere so zu entfalten, dass sie dennoch ganz vorstellbar für den Leser werden. Und manchem gelingt das eben nicht aus dem ein oder anderen Grund. Ein Grund kann eben auch sein, dass seine Figuren in sich nicht schlüssig sind, Autorenfreiheit hin oder her.