27.01. Ines Thorn liest in Frankfurt

  • Bornheim ist ein Stadtteil von Frankfurt und offenbar zugleich ein kleiner Kosmos mit eigenem Globus -- darin gleicht es bestimmten Stadtteilen anderer Großstädte wie Schwabing in München, der Prenzlauer Berg oder Neukölln in Berlin und Ehrenfeld in Köln.
    Die Bornheimer Autorin Ines Thorn war von der Bornheimer Buchhandlung Naumann & Eisenbletter geladen, um ihren neuen Roman Die Pelzhändlerin vorzustellen. Genau genommen zum ersten Mal. Nach kurzer Einführung durch einen der beiden Buchhändler stellte Ines sich kurz vor und wies die Zuhörer darauf hin, daß sie recht aufgeregt sei und man sich bemerkbar machen solle, wenn sie zu schnell, zu leise oder zu laut werde.
    Ines begann mit dem Nachwort -- konnte es sein, daß irgendjemand im Publikum saß, dessen Gegenwart sie zu befangen werden ließ, umdie historischen Hintergründe frei Schnauze vorzutragen?
    Und dann begann sie mit den ersten Seiten, selbstverständlich weder zu schnell noch zu langsam oder zu laut, eher ziemlich routiniert, ließ Wäscherin Martha auftraten, den Tod ihres Herrn erleben und dann erfahren daß ----


    Oh nein! Hier wird nichts verraten! Ihr müßt schon selbst nachlesen, wie ein Mädchen die Chance seines Lebens ergreift und durch tatkräftige Arbeit ein gutgehendes Geschäft aufbaut ...


    Ines las auch noch von Sibylla und Isaak. Und entließ uns mit einem hängenden Faden. Na, ob das so glatt weitergeht bei diesem eigensinnigen Frauenzimmer?
    Die Wirkung war verblüffend: Ausnahmslos (und allen gegenteiligen Vornahmen zum Trotz) versorgten sich die Anwesenden mit mindestens einem Exemplar des Romans, einige ließen sich die Bücher auch widmen und signieren.


    Außer Delphin, die mich am Bahnhof abgeholt hatte, war auch Solas (wird Zeit, daß du dich outest!!! :grin) in Begleitung einer Freundin gekommen und auch der Mäkel, die (!) überhaupt nicht mäkelig ist!


    Nach der Lesung und allgemeinem Händeschütteln ging es zu <an den Fingernabzähl> siebt (nur Frauen) ein paar Schritte weiter auf ein Gläschen Wein, wo uns Ines Mann eine Weile Gesellschaft leistete (der Ärmste). Wir Weiber kakelten über Gott und die Welt, vor allem über unsere Autorenschicksale :grin, denn auch Solas---- aber ich will nichts vorwegnehmen!


    Kurz vor zwölf machten wir uns auf die Socken, damit ich rechtzeitig zum Hbf käme, um den letzten Zug zu kriegen, den "Lumpensammler". Aber die Fahrt in Solas' Twingo durchs eingeschneite Frankfurt gestaltete sich zeitaufwendiger als gedacht. Lange Rede, kurzer Sinn: Den Bahnhof streiften wir zwei Minuten nach planmäßiger Abfahrtszeit des "Lumpensammlers".
    Delphin war so liebenswürdig, einer hilflosen Iris in ihrem Domizil über den Dächern von Frankfurt Asyl zu gewähren, während Solas und ihre Freundin Richtung Heimat davonbrausten.


    Am nächsten Tag hab ich es dann doch geschafft, einen Zug zurück nach Marburg zu erwischen -- sozusagen im zweiten Anlauf.


    Und ich kann bezeugen, daß sich in Delphins Wohnzimmer eine hübsche Sammlung von Penguin Classics befindet -- überhaupt ein wohlgefülltes Regal gelesener sowie ungelesener Bücher. :grin


    PS: Die Fotoaktion ist leider mißlungen; zuerst saß ich unglücklich und übergab Delphin den Fotoapparat. Dann gaben die Batterien ihren Geiste auf, und das Ergebnis ist nicht sehr aussagekräftig geworden -- aber irgendwie sieht es verdammt nach Kunst aus! :grin

  • Jetzt sage ich Euch mal, wie ich meine eigene Lesung gesehen habe:


    Oh Gott, noch zehn Minuten. WAS MACHE ICH HIER? WO SOLL ICH HINGUCKEN? Ist es
    peinlich, wenn ich Bekannte begrüße oder ist es peinlich, wenn ich es nicht
    tue?
    Ein Blick zur Tür. Ist das wirklich Iris "Tribüne" Kammerer? Die Autorin von "Der Tribun" und "Die Schwerter des Tiberius"? Sie ist es! Und das daneben muss Delphin sein. Und wer sind die anderen beiden jungen Frauen, die so freundlich gucken? Kenne ich sie? Sind das Eulen? Ehemalige Nachbarn? Oder was?
    Lächeln. Los, Frau Thorn, Lächeln!!!
    Noch fünf Minuten. Ich glaube, ich gehe nach Hause! Ist doch egal, wer den
    Text vorliest. Kann ja die Tribüne machen.
    Oh, Gott, ich bin so aufgeregt. Wieso eigentlich? Ha! Ich weiß natürlich
    genau, warum. Ich kann problemlos vor 200 Leuten lesen, wenn ich keinen davon
    kenne. Ist aber ein einziger Bekannter dabei, dann ist es aus.
    Und ist noch jemand dabei, den man gern beeindrucken möchte, dann ist es ganz
    aus.


    "Guten Abend, ich freue mich.....bra, bra, bra."
    Noch lächelt Iris - und die meisten anderen auch. Naja, wer weiß, wie lange noch.
    "bra, bra, bra..."
    Guter Gott, im ersten Satz schon dreimal versprochen.
    "Bra, bra, bra."
    Hochgucken, du weißt doch, dass du hochgucken musst. Also tu es!
    "Bra, bra, bra."
    Ob die Leute sich schon langweilen? Hoffentlich nicht. Kann es sein, dass ich
    die blödesten Stellen rausgesucht habe?
    "Bra, bra, bra..."
    Ein Blick zur Uhr. Erst 20 Minuten rum. Der Mäkel schwatzt schon. Der erzähl ich
    nachher was! Ich HABE die blödesten Stellen herausgesucht!
    "Bra, bra, bra"
    Wer fotografiert hier eigentlich die ganze Zeit? Sag mal, Ines Thorn, kannst
    du mal 5 Minuten ruhig stehen? Warum zappelst du dauernd so rum? Die Frau
    rechts vorn lächelt so nett. Komisch, meist sitzen doch die Meckerer rechts
    vorne. Mich würde überhaupt mal interessieren, warum die Leute zu Lesungen
    gehen.
    "Bra, bra, bra..."
    Bernhard Naumann, Der Buchhändler, hat gerade seine Jacke abgeklopft. Die Geste kenne ich. Er
    stünde jetzt lieber draußen und würde rauchen. ICH AUCH! Jetzt fange ich
    schon selbst an, mich zu langweilen. Wie es den Zuhörern geht? Ärgern die
    sich jetzt, dass sie statt zum Tatort auf WDR zu Eisenbletter & Naumann
    gekommen sind?
    "Bra, bra, bra..."
    Der Mäkel schwatzt schon wieder!! Ich
    werde ihr das Taschengeld streichen! Bis zum 32. Lebensjahr! Jawoll! Bei der
    nächsten Lesung nehme ich andere Stellen. Oder ich suche mir einen anderen
    Job!
    "Bra, bra, bra..."
    So, jetzt sind 40 Minuten rum. Noch ein paar Seiten, dann habe ich es hinter
    mir. Gott sei Dank kann ich gleich Wein trinken gehen. Aber darf nicht mal rauchen dabei! Wo ist eigentlich die Wasserflasche hingekommen?
    "Bra, bra, bra..."
    Mir wird langsam heiß in dem Felljoppelchen. Warum habe ich nicht die
    "Schokoladenhändlerin" geschrieben? Dann hätte ich das Pelzding gegen Ritter
    Sport eintauschen können. Hihi, Iny Lorentz hat gerade die "Kastratin"
    rausgebracht!!! Da habe ich mit der Pelzhändlerin eigentlich noch Glück
    gehabt.
    "Bra, bra, bra..."
    50 Minuten. Aus! Ende! Es reicht!
    "...bedanke ich mich und bra, bra, bra..."
    Mein Gott, geschafft! Das Leben ist schön! Und die nächste Kneipe gleich um die Ecke! Aber warum schenkt mir der Buchhändler jetzt das Buch "Der
    Dativ ist dem Genitiv sein Tod"?

  • Ines

    Genau so isses! :knuddel1


    Zitat

    Original von Ines
    Ich glaube, ich gehe nach Hause! Ist doch egal, wer den Text vorliest. Kann ja die Tribüne machen.


    Keine schlechte Idee: Gemeinsame Lesung.
    Du liest aus meinen, ich aus deinen -- aber wir sollten dann viel über die eigenen Bücher erzählen, über die Arbeit als Autor ...
    Eigentlich wirklich keine schlechte Idee ... :gruebel


    Wolke : Ines zieht in meine Nähe! Nur damit das ein für allemal geklärt ist, nä?

  • Zitat

    Original von Ines
    Danke schön! Dafür fand ich den Spruch mit der "Seance" superwitzig!


    ganz im Ernst, das war spontan der erste Gedanke, der mir kam, als ich das Bild sah. Das grüne Licht zeigt das Erscheinen des gerufenen Geistes ...


    :grin