Tinkers - Paul Harding

  • Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
    Verlag: Luchterhand Literaturverlag (29. August 2011)
    ISBN-13: 978-3630873671
    Originaltitel: Tinkers
    Preis: Euro 19.99 / CHF 28.50


    Autor


    Paul Harding wurde 1967 in Wenham, Massachusetts, geboren und lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in der Nähe von Boston. Er studierte Englische Literatur, war Schlagzeuger in einer Rockband und machte den Master in Creative Writing am Iowa Writers’ Workshop. Paul Harding war Stipendiat am Fine Arts Work Center in Provincetown und Guggenheim Fellow und hat in Harvard und der University of Iowa unterrichtet. Für seinen ersten Roman "Tinkers" wurde er 2010 u.a. mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet. Er schreibt an einer Fortsetzung.


    Klappentext


    Der Uhrmacher George Washington Crosby liegt, umgeben von seiner Familie, in seinem Haus in dem Städtchen Enon im Sterben. Paul Hardings Roman begleitet ihn durch seine letzten Tage, reist aber auch zurück durch die Zeit und spürt den Erinnerungen nach, beschwört die Landschaft von Maine herauf, Georges ärmliche Kindheit, das Leben seines Vaters Howard, der noch als „Tinker“, als Kesselflicker und fahrender Händler, mit dem Maultierkarren über Land zog.


    Meine Meinung


    Wenn Du im sterben liegst, sind deine Erinnerungen das Wertvollste, was Du besitzt.


    Die Geschichte dieses preisgekrönten Romans hat keine nennenswerte Handlung, sie beschränkt sich auf die Erinnerungen, die einprägsamen Momente vom Leben des im sterben liegenden George Washington Crosby. Das ungewöhnliche an Erinnerungen ist, dass es nicht immer die grossen Ereignisse im Leben sind die bleiben sondern die flüchtigen Augenblicke eigentlich unwichtiger Dinge oder die kurzen Begegnungen mit Menschen die sich im Gehirn festsetzen und die man zeitlebens nicht mehr vergisst. Der Gewinn den solche an sich banalen Momente bieten ist manchmal höher als die einschneiden Ereignisse und prägen das Leben mehr und machen es so wie es eben sein sollte, LEBENSWERT.


    George Washington Crosby ist in Gedanken versunken und mit dem Tod vor Augen beginnt er zu halluzinieren, sieht Wände einfallen oder den Himmel mitsamt den Sternen auf sich hinabstürzen. Das Leben zieht rasant an ihm vorüber und an einigen mehr oder weniger zufälligen Stellen bleibt es stehen und genau diese Momente werden im Buch beschrieben, dass was George so alles erlebt hat und wen er getroffen hat. Aber an was und wen erinnert sich das Gehirn in den letzten Stunden auf den Sterbebett? An seinen Vater der an Epilepsieanfällen litt und George früh verlassen hatte und als Kesselflicker durchs Land zog, die späte Leidenschaft von George für Uhren und diese zu flicken und bis zur kleinsten Schraube und Rädchen zu verstehen. Aber auch an die Gefühle von Sehnsucht, Bitterkeit über stille Wut bis zur Hoffnung das schlussendlich alles gut werden wird.


    Diesmal fällt mir meine Meinungsäusserung äusserst schwer. Dieses Buch hat den Pulitzerpreis gewonnen und ich bin sicher das die Feuilletons der Zeitungen und Zeitschriften eine Laudatio nach der andern publizieren werden, Lobpreisungen dürften in Hülle und Fülle über den Roman und den Autoren ausgeschüttet werden und dann kommt so eine kleine unbedeutende Büchereule wie ich und schreibt das er mit dem Roman nicht viel anfangen konnte. Bin ich nun Frevler, eine Mensch der die hohe Kunst des Schreibens nicht zu würdigen weiss, selbst wenn sie ihm, so wie hier, dicht vor Augen steht? Mag sein, aber ich bin ein Leser, ein Konsument der weiss was ihm gefällt und seine ehrliche Meinung schreibt.


    Das Buch ist sprachlich und literarisch auf einem aussergewöhnlich hohen Niveau, ganz fein und überaus detailreich erzählt. Der Intellekt sowie der Geist wird direkt angesprochen und nach ein paar Seiten habe ich die beseelte Art wie die Geschichte erzählt wird gedanklich registriert. Aber leider geschah dies nur auf Kopfebene, mein Buchgefühl, mein Gemüt haben leider nicht den geringsten Zugang zur Geschichte und zur Person von George gefunden. Zu meinem Leidwesen entfaltete der Roman nicht die erhoffte Wirkung, er blieb mir verschlossen wie ein Kokon dem nie ein wunderschöner Schmetterling entschlüpfen wird, eine Blume deren verheissungsvolle Knospe nie zur vollen Pracht erblüht. Mein Herz ist aber weder morsch, noch verschlissen oder aus dem Takt, es konnte schlicht und einfach mit dieser Geschichte nichts anfangen oder es war das falsche Buch zur falschen Zeit. Mehr als 6 Punkte kann ich für diesen 189 Seiten kurzen und eher langweiligen Roman nicht vergeben.

  • Hmh das Buch stand bei mir eigentlich bereits auf der Wunschliste, aber wird wohl nun ein paar Plätze nach unten rücken. Vielleicht sollte ich doch lieber auf Taschenbuchausgabe warten (oder es in der Bibo ausleihen, fallls möglich)... :gruebel


    Danke natürlich für deine Rezi!

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

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  • :gruebel, das hört sich jetzt nicht sehr begeistert an.
    Lesen werde ich es dennoch, denn ich habe mich zu lange darauf gefreut.


    Danke für deine Rezi :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • @sapperlot - es erging mir ähnlich, das Buch hat mich nicht wirklich erreicht. :wave


    Meine Meinung: Schon die ersten Sätze dieses Buches beweisen Hardings großartiges Talent, eindrucksvolle Bilder zu entwerfen. Und genau das war dann auch der Gesamteindruck dieses Buches.
    Es geht zwar um das Sterben des Georg Washington Crosby, der zu Hause im Kreis seiner Familie versucht, in seinen letzten Stunden sein Leben an sich vorüberziehen zu lassen, doch angesichts der Liebe des Autors zu seinen eigenen sprachlichen Konstrukten scheint Crosby nur ein Hilfsmittel zu sein, um diese darzulegen.
    Crosby, der spät seine Liebe zu Uhren entdeckte, versucht einen chronologischen Ablauf seines Lebens zu sehen, doch gelingt ihm das nicht. Immer wieder springen seine Gedanken und er sieht sich in unterschiedlichen Szenen aus verschiedenen Kapiteln seiner Vergangenheit. Diese Sprünge sind es, die sich beim Lesen nicht immer sofort erschließen und die verwirren, da man scheinbar ebenso desorientiert den einzelnen Abläufen gegenübersteht wie der Protagonist selbst.


    Immer wieder werden einzelne Bilder in den Raum gestellt und geben einen Blick in das Leben Crosbys, doch sind diese trotz ihrer Perfektion eher emotionslos und bieten wenig Identifikationsmöglichkeiten mit den Protagonisten an. So war ich zwar begeistert von der Sprache und den eingeworfenen Sequenzen, doch blieben mir die Hauptfiguren fremd und ich hatte das Gefühl, der Autor verliert sich in seinen Beschreibungen und Satzbauten.


    Mein Fazit: Ein beeindruckender Stil, sprachlich perfekt ausgeklügelt, anspruchsvoll – ein Buch, das mich nicht erreichen konnte, dessen Lektüre sich aber trotzdem gelohnt hat.

  • Ich wundere mich immer wieder was für Bücher mit Preisen ausgezeichnet werden... ?( Sprachlich, Stilistisch gibt es absolut nichts zu bemäkeln und der Autor beherrscht das Schreibhandwerk aber wenn ich mich als Leser bei der Geschichte langweile so ist doch auch einiges schief gelaufen.


    Ich werde mein Buch mit nach Hannover ans Eulentreffen nehmen. Dort wird es entweder auf dem Büchertauschtisch landen oder Bouqi schnappt sich das Buch und wird es im Wanderbuchforum zirkulieren lassen. Trotz Pulitzerpreis und schönem Cover ist es kein Buch das unbedingt bei mir zuhause stehen muss.

  • Tinkers - Paul Harding
    ISBN: 3630873677
    Luchterhand Literaturverlag
    Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
    Originaltitel: Tinkers
    Übersetzt von Silvia Morawetz



    Mein Eindruck:
    Tinkers ist ein schmales Buch, sicher kein Pageturner, aber durchgängig sorgfältig durchkomponiert. Der Text erfordert ein langsames Lesen und Konzentration vom Leser.
    Die Handlung mit den Hauptfiguren ist atmosphärisch gestaltet. Ein alter Uhrmacher liegt auf dem Sterbebett und erinnert sch an seinen Vater Howard, der ein Kesselflicker war. So entsteht ein Bild einer vergangenen Zeit in New England.


    Das Buch gewann 2010 den Pulitzerpreis für Fiction und hat damit schon jetzt viele Vorschusslorbeeren bekommen.


    Die Stärke des Autors liegt in einem ökonomischen Stil und der Fähigkeit Details mit großer Kraft und Genauigkeit zu beschreiben. So entstehende Szenen erreichen den Leser mit bildhafter Deutlichkeit.
    Während ich diese Aspekte und Qualitäten des Romans erkennen und anerkennen kann, wundert es mich doch, dass der Roman mich ansonsten unberührt gelassen hat. Die Figuren erscheinen mir nur schwach skizziert und erreichen mich nicht. Die Handlung gleitet ins Leere. Mein Hauptproblem liegt in der sehr konstruierten Form, die Komposition wirkt unangemessen streng.

  • Ich war neulich in der Stadt und habe bei Kaufland geparkt, da kann man umsonst parken, wenn man später da einkauft. Und da war ein Wühltisch für Bücher, 3,99.


    Daher hab ich das Buch gekauft, obwohl ich noch nie davon gehört hatte.


    Mir hat es gefallen. Ich bin gespalten. Es ist ein komisches Buch. Es wirkt auf mich ein wenig "gewollt intellektuell".


    Aber es gab Szenen, die ich toll fand. So toll, wie ich es woanders noch nie gelesen habe. Aber so insgesamt ist das Buch wirklich komisch und für mich persönlich: ich hab es gelesen, hat mich auch nicht geärgert, aber das war es dann auch.


    Es gab Passagen, die ich mir rausgeschrieben habe. Aber das Buch insgesamt. Ist wirklich eher komisch, wenn nicht gar langweilig.


    Ich hab die Lektüre dennoch nicht bereut und werde auch den Nachfolger lesen, weil es mir nicht so wichtig ist, wie die Story ist. Ich achte mehr auf die Sprache. Und es gab in diesem Buch mehrere Stellen, die mich durchaus berührt haben, nicht im Zusammenhang mit den Personen im Buch, sondern so in meinem Leben.


    Klingt vielleicht blöd. Aber die Leute im Buch waren mir fremd. Aber es gab dennoch echt schöne Stellen, die mich sehr berührt haben, weil ich die übertragen konnte auf Leute, die ich kenne.


    Fazit: man kann schon was Schönes finden, wenn man das Buch liest. Aber man verpasst auch nicht viel, wenn man es lässt. Aber manches war echt sehr schön.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Meine Meinung:
    George Washington Crosby liegt im Sterben. Seine Familie hat sich in seinem Haus versammelt, um ihn auf seiner letzten Reise zu begleiten. Doch in seinen letzten Tagen und Stunden verliert er sich in den Erinnerungen seines Lebens. Einzelne Episoden, Momente, Sinneseindrücke tauchen vor ihm auf und präsentieren sich dem Leser als Momentaufnahmen eines Lebens, das - ja, was eigentlich? Erfüllt war? Glücklich war? So recht fassen lässt sich dieser George Washington Crosby und sein Leben nicht. Über seine Frau und seine Kinder sowie sein eigenes Leben als Erwachsener erfährt der Leser so gut wie nichts. Stattdessen gibt es viele Szenen mit Georges Vater Howard, der als Tinker, als Kesselflicker, durch die Lande zog, und einige mit dessen Vater, einem Prediger. Die Episoden, in denen Harding seine Figuren agieren und kommunizieren lässt, sind kraftvoll und voller Menschlichkeit, wie ein nüchterner Beobachter beschreibt er die Handlungen und Dialoge, die geprägt sind von Angst und Wut, Liebe und Sehnsucht, aber auch Aufgabe und Resignation. Leider sind diese starken Szenen viel zu selten, sie gehen fast unter in teilweise endlos erscheinenden Beschreibungen der Natur, die durchaus von "einzigartiger sprachlicher Schönheit" sein mögen (wie auf dem Buchrücken zu lesen), aber in ihrer Fülle und Detailtreue eher ermüden. Und das ist angesichts der vielen "unausgefüllten" Stellen im Leben des Protagonisten und der vielen offenen Fragen, die sich beim Lesen zwangsläufig stellen, sehr schade.


    Deshalb schließe ich mich den oben vergebenen 6 Punkten an.