Inhaltsangabe:
"Sternenschatten" ist der Fortsetzungsband eines Zweiteilers. Das Buch knüpft nahtlos an die Handlung von "Sternenspiel" an. Ohne vorher den 1. Teil gelesen zu haben, sollte man Sternenschatten nicht in die Hand nehmen, da man sonst die Geschichte nicht so würdigen kann, wie sie es verdient hat.
Ehemaliger Raumfrachterpilot Pjotr Chrumov hatte in Sternenspiel mit seinem Großvater Andrei Walentinowitsch, zwei Mitgliedern des russischen Geheimdienstes, der Nagerkriegerrasse der Alari und den Zählern einen geheimen Aufstand gegen das Konklave angezettelt, um die Erde aus ihrer gefährlichen Position eines Planeten, der eine schwache Rasse beheimatet, zu befreien. Mit Hilfe des Symbionten Cualcua schlich sich Pjotr unerkannt auf der Heimat (Planet der Geometer) ein, um herauszufinden, ob sie geeignete Verbündete für die Menschheit wären, die ihnen im Konklave beistehen könnten. Pjotrs Erkenntnisse waren ernüchternd.
Er lehnt die manipulative Gesellschaft der Geometer ab und sieht sogar Gefahr für die Erde darin, von den Geometern „assimiliert“ zu werden. Er hat jedoch erfahren, dass die technisch hoch entwickelten Geometer gleich mit ihrem ganzen Planeten aus dem Zentrum der Galaxie vor der mysteriösen Bedrohung des „Schatten“ geflohen sind. Gegen den Willen seiner Mitverschwörer will Pjotr den Schatten aufspüren, um bei ihm Hilfe für die Menschheit gegen das Konklave und die Geometer zu finden. Doch was ist der Schatten?
Pjotr findet heraus, was es damit auf sich hat. Doch die Begegnung mit dem Schatten läuft völlig anders ab, als sich das Pjotr vorgestellt hat. „Der Eintritt in den Schatten“ würde das Gegenteil zur „Freundschaft mit den Geometern“ bedeuten, wo man Glück ohne persönliche Freiheit sucht. Er bedeutet unbegrenzte Freiheit für den Einzelnen. Für Pjotr ist damit seine Suche nach einem passenden Verbündeten, einer idealen Gesellschaftsform für die Erde wieder vergeblich, denn die unbegrenzte Freiheit seine innersten, unbewussten Bedürfnisse ausleben zu können, verhindert in seinen Augen die Weiterentwicklung der menschlichen Gesellschaft auf eine höhere moralische und ethische Ebene.
Doch Pjotr ist in einer Sackgasse angekommen. Das Konklave hat Wind von den Aktivitäten seiner kleinen Rebellengruppe bekommen. Die Erde ist somit kein nützlicher aber unbedeutender Planet mehr, sondern eine Bedrohung. Und diese soll ausradiert werden. Für welches der beiden „Übel“ (Geometer – Schatten) soll er sich nun entscheiden, damit die Erde überlebt? Erschwerend kommt hinzu, dass Pjotrs Menschsein während der langen Reise und der überstandenen Gefahren auf der Strecke geblieben ist. Er ist nicht mehr nur Mensch, sondern er hat das Bewusstsein des Geometer Nik Riemer und den intelligenten Culacua in sich aufgenommen, die beide ihre eigenen Ziele verfolgen.
Meine Meinung:
Was mich am meisten an der Figur des Pjotr fasziniert ist, dass er die Gründe für sein Handeln erst nur widerwillig akzeptiert, sie für ihn dann aber umso zwingender werden. Sein weitsichtiger Großvater hat ihn dafür ausgesucht und ihn dazu erzogen, diese schwere Aufgabe zu bewältigen. Hat ihm seine Werte, Weltanschauung und nicht zuletzt die Liebe zur Erde vermittelt. Auch eine gewisse Skrupellosigkeit, dass das Ziel die Mittel heiligt und man nötigenfalls über (viele) Leichen gehen muss, um die Erde zu retten und dass er selbst das Werkzeug ist, das alleine dieses Ziel erreichen kann. Während seiner Erlebnisse auf der Heimat und dann im Schatten philosophiert Pjotr ausgiebig darüber, welche Weiterentwicklung für die Menschheit wohl die aussichtsreichste wäre. Er trifft immer öfter Entscheidungen, die seine anerzogenen Verhaltens- und Denkmuster sprengen, aber letztlich die richtigen sind und die Erde vor der Vernichtung bewahren.
Pjotr war auf der Suche nach sich selbst und hat sich gefunden und die Menschheit bekommt ihre eigene Chance auf Vollkommenheit. David Nathan gelingt es, Pjotr genau die richtige Stimme zu verleihen, damit man bei diesen 600 langen Seiten bei der Stange zu bleibt, wenn die Spannung manches Mal abflacht. Sternenschatten ist trotzdem ein gelungener Abschluss des Zweiteilers, in dem zwar Raumschlachten, Sternetore und fremde Lebensformen vorkommen, der aber nicht mit den üblichen Vertretern des Genres verglichen werden kann. Wer unvoreingenommen an die Geschichte herangeht, den wird sie in seinen Bann ziehen, auch wenn man, so wie ich mit philosophischen Grundsatzüberlegungen rund um Fragen wie „Wie sollte man leben?“ oder „Darf ich meine Überzeugungen anderen ungewollt aufzwingen?“ eher weniger am Hut hat.