Das finstere Tal
Thomas Willmann
ISBN: 978-3935890717
Liebeskind
315 Seiten, 19,80 Euro
Über den Autor: Thomas Willmann, Jahrgang 1969, lebt als freier Kulturjournalist, Autor und Übersetzer in München. Das finstere Tal ist sein erster Roman und avancierte bereits kurz nach Erscheinen zum gefeierten und erfolgreichen Geheimtipp.
Buchrückentext: Ein abgeschiedenes Hochtal in den Alpen kurz vor Winterbeginn. Ein Fremder kommt mit seinem Maultier ins Dorf und bittet um Quartier. Die Bewohner sind misstrauisch, lassen sich aber von seinem Gold überzeugen. Nach einiger Zeit gewöhnen sie sich an den Fremden. Dann schneidet der erste Schnee das Tal von der Außenwelt ab und es gibt einen Toten, kurz darauf einen zweiten. Und das ist erst der Anfang. Eine unaufhaltsame Geschichte von Liebe und Hass, Schuld und Vergeltung nimmt ihren Lauf.
Meine Meinung: Als Genremix aus Alpenroman, Krimi und Western wird das Buch beschrieben und zusammen mit dem Cover, das ein etwas kitschiges Alpenmotiv darstellt, machte mich das neugierig. Der Autor selbst bezeichnet Ludwig Ganghofer und Sergio Leone als Paten für dieses Buch. Das klingt zumindest erst einmal sehr ungewöhnlich, und so war ich sehr gespannt, was mich erwarten würde.
Zunächst fällt der Schreibstil auf, der das Ganze wirken lässt, als habe man ein Buch aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der Hand. Gewählte Worte, verschachtelte Sätze und sprachlich manchmal fast ein wenig verstaubt wirkend, passt sich der Stil an die Zeit der Handlung, das 19. Jahrhundert, an.
Die Handlung beginnt gemächlich gewinnt aber nach und nach mehr Fahrt, bis hin zu einer atemlos machenden Rasanz.
Über allem liegt permanent die Frage, mit welcher Absicht ein Fremder in ein abgeschiedenes Tal kommt, in dem die Bewohner, angeführt durch den Brenner Bauern und seine Söhne, ein freudloses Dasein fristen. Der Fremde, „Greider“ genannt, findet ein Zimmer bei einer Witwe und ihrer Tochter und fortan geht er mit seinem Skizzenblock durchs Dorf und zeichnet - zeichnet, bis man sich an ihn gewöhnt hat, doch zuerst fallen nur winzige Kleinigkeiten auf, zeigen minimale Verschiebungen von der Norm, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt und man beginnt leise zu ahnen, in welcher Mission Greider unterwegs ist.
Ganz einfach war der Stil zu Beginn für mich nicht, er braucht viel Aufmerksamkeit und es liest sich nicht nebenbei. Ich musste erst etwas warm damit werden, doch als das geschehen war, mochte ich das Buch nicht mehr zur Seite legen, denn die Spannung zieht immer mehr an und die Geschehnisse im Dorf beginnen sich zu überschlagen. Was tatsächlich wie ein Alpenroman der alten Schule beginnt, nimmt seinen Weg als Thriller und mutet am Ende als Western an, soviel kann man verraten.
Die eingeschworene Dorfgemeinschaft, ihre kargen und trostlosen Lebensumstände und die Herrschaft eines reichen Bauern sind so plastisch geschildert, dass man sich alles gut vorstellen kann. Einzelne eingeschobene Episoden aus der Vergangenheit des Dorfes ergeben nach und nach einen Sinn, nur mit einer Erzählsequenz stand ich auf Kriegsfuß und weiß bis jetzt nicht genau, was der Autor dem Leser damit sagen wollte.
Mein Fazit: Stil und Handlung ergeben tatsächlich wie angekündigt eine ungewöhnliche Mischung. Ein Buch, das auf jeden Fall aus der breiten Masse heraussticht und das mir gut gefallen hat, wenngleich es auch teilweise etwas anstrengend zu lesen war. Von mir 7 Eulenpünktchen dafür. Bleibt die Frage, ob der Autor diesem Schreibstil treu bleiben wird, oder ob er sprachlich auch in der Lage ist, zeitgemäße Themen anzugehen. Sein nächstes Buch interessiert mich allein schon aus diesem Grund.