Verlag: Nagel & Kimche
Gebundene Ausgabe: 544 Seiten
Kurzbeschreibung:
Kurt Gerron war einmal ein Star und ist jetzt nur noch ein Häftling unter Tausenden. Der Nationalsozialismus hat den bekannten Schauspieler von den Berliner Filmateliers ins Ghetto von Theresienstadt getrieben, wo er ein letztes Mal seine Fähigkeiten beweisen soll: Als er den Auftrag bekommt, einen Film zu drehen, der das erniedrigende Dasein der Juden als Paradies schildern soll, sieht er sich vor einer Gewissensentscheidung, bei der sein Leben auf dem Spiel steht. In dieser Lage lässt Gerron sein Leben noch einmal Revue passieren. Charles Lewinsky erzählt die faktenreiche und doch erfundene Biographie des Schauspielers Kurt Gerron, der dem Holocaust zum Opfer fiel - ein literarisch brillanter und berührender Roman.
Über den Autor:
Charles Lewinsky, geboren 1946, lebt in Zürich. Er arbeitet als Dramaturg, Regisseur und Redakteur sowie seit 1980 als freier Autor. Neben Hörspielen und Theaterstücken schreibt er Romane.
Mein Eindruck:
Charles Lewinsky schrieb mit diesem Buch eine Biographie über den jüdischen Schauspieler und Regisseur Kurt Gerron. Er wählte dafür die Form einer Autobiographie, in der der Leser an den Gedanken und Emotionen Kurt Gerrons lebhaft teilnehmen kann. Die Eckdaten der Biographie sind belegt, manches Detail vermutlich auch erfunden. Ob Gerrons Gedankengänge dem des realen Vorbildes wirklich so entsprachen ist ohne Belang. Wichtig ist, dass sie repräsentativ für einen jüdischen Intellektuellen und Kunstschaffenden Anfang bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts sind.
Ausgangspunkt ist der Aufenthalt Gerrons und seiner Frau im Ghetto Theresienstadt. Hier kommen die Nazis auf die Idee, einen Film über Theresienstadt drehen zu lassen, der die Öffentlichkeit und das Ausland über die verherrenden Zustände im Ghetto täuscht. Der Führer schenkt den Juden eine Stadt, soll das Motto sein. Und Gerron wird gezwungen diesen Film zu drehen, andernfalls droht der Abtransport nach Auschwitz.
Für Gerron ist diese Verpflichtung ein letztes mal die Chance als Filmschaffender zu wirken, es wird auch eine Frage nach der persönlichen Identität.
Die Erzählstimme Gerrons prägt den Roman. Obwohl der Inhalt der Passagen mit den grausamen Geschehnissen in Theresienstadt traurig machen, behält Gerron doch immer auch einen leisen Humor und bittere Ironie.
Die Zustände im Ghetto werden schonungslos erzählt. Das grenzt den Roman von vergleichbaren Büchern oder Filmen ab, die die Zeit verklären. Die Wahrheit ist, in Theresienstadt gab es nur Elend und Hunger, Krankheit und Tod sowie Terror und die allgegenwärtige Gefahr des Abtransport in die Vernichtungslager.
Es gibt auch leichtere Abschnitte, wenn Gerron auf seine Kindheit und Jugend zurückblickt. Besonders fasziniert hatten mich die Abschnitte Anfang der dreißiger Jahre mit Deutschlands Filmkultur. Gerron arbeitete bei der Ufa mit Größen wie Marlene Dietrich und Peter Lorre, Heinz Rühmann und Emil Jannings, sogar Max Schmeling zusammen. Auch beim Theater mit Berthold Brecht oder Max Reinhard. Sein bekanntester Film wurde Der blaue Engel. Gerron wirkte auch als Regisseur.
Gerron ist ein hervorragendes Buch und sehr zu empfehlen!