Suhrkamp, 2000
153 Seiten
Kurzbeschreibung:
Einer bricht auf, seinen Onkel zu besuchen, der vor langer Zeit ausgewandert ist, um in Pico Grande, Patagonien, sein Amerika zu entdecken, und muß bei der Ankunft feststellen, daß der Onkel bereits tot ist. Damit beginnt eine Welt der Hoffnungen und Erwartungen zu zerbröseln, die aus Briefen, Erzählungen und Kindheitsträumen entstand und in der diese Fremde ebenso zurechtidealisiert worden ist wie die Menschen, die hier ihre "Heimat" gefunden haben.
Was sind das für Menschen? Da ist Rosa, die Cousine, der die deutschen Wörter immer irgendwo im Hals stecken bleiben; man liebt sich ein wenig und manchmal ein bißchen mehr, nichts, was das Leben aus den Fugen geraten lassen könnte. Und da ist Fritz, der mit seinen Büchern lebt, seinem echten Braque und den Elektrogeräten - nie hat er es gewagt, den Verwandten, die sie ihm wohlmeinend zuschickten, zu gestehen, daß er keinen Strom hat ...
Über den Autor:
Arnold Stadler, geboren 1954, lebt in Sallahn, Wendland. Er studierte in München, Rom und Freiburg im Breisgau. Arnold Stadler wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Alemannischen Literaturpreis und mit dem Georg-Büchner-Preis.
Mein Eindruck:
Feuerland ist nach einem Lyrikband und einem ersten Roman das dritte Buch von Arnold Stadler, 1992 geschrieben. Der Ich-Erzähler teilt einige biographische Elemente des Autors, ist also eine Art Alter Ego von Stadler.
Es beginnt mit einem Selbstmord eines Mannes in Patagonien. Dann erfährt man, dass es der Cousin des Protagonisten des Romans war. Sein Onkel ist einst 1938 von Deutschland nach Patagonien ausgewandert. Kennen gelernt hatte er ihn nie, außer durch Briefe. Daher ist der Drang irgendwann in den 80ziger Jahren so groß, dass er beschließt ebenfalls Patagonien zu besuchen. Der Onkel ist tot als er ankommt, aber mit seiner Cousine Rosa versteht er sich gut. Ihr erzählt er auch von der alten Heimat.
Was folgt sind sehr viele kurze Kapitel, die manchmal poetische Momente, und sehr oft viele skurrile Szenen beinhalten.
Er trifft auf ungewöhnliche Leute, wie z.B. den alten Fritz, ehemaliger Soldat aus Deutschland.
Durch die Kürze der Kapitel wird ein flüssiges runterlesen unmöglich gemacht.
Stadlers Stil stellt die Anforderung an den Leser aufmerksam zu folgen, um zu erkennen, welche Passagen aktuell passieren und welche aus der Erinnerung heraus imaginiert werden.
Es entstehen zahlreiche bemerkenswerte Motive. Weiterführend verweise ich hier auf Kapitel 4 von Jenny Haases Buch "Patagoniens verflochtene Erzählwelten" (ISBN 348455049X), erschienen im Niemeyer-Verlag.
Bei Arnold Stadler fällt auf, dass sein Werk eine große Geschlossenheit an Stil und Themen besitzt, die natürlich vielfältig variiert werden. In Feuerland findet sich Sätze, die man später auch in seinem Lyrikband „Gedichte aufs Land“ lesen kann.
Durch zu viele Sprünge in der Handlung wird dem Roman an Wirkung genommen, er bleibt Stückwerk, aber immerhin auch ein wichtiger Baustein im Gesamtwerk.