Originaltitel: Den Sidste Gode Mand (2010)
Heyne Verlag 2011, 607 S.
Kurzbeschreibung:
Ein Mönch in China, eine Ärztin in Kanada, ein Bürgerrechtler in Russland – rund um den Erdball werden Menschen ermordet. Menschen, zwischen denen ein geheimnisvoller Zusammenhang besteht: Die Opfer tragen ein blutiges Mal auf dem Rücken. In Kopenhagen laufen die Fälle zusammen, und Kommissar Niels Bentzon übernimmt die Ermittlungen. Unterstützung bekommt er von Hannah Lund, einer genialen Physikerin, die das Rätsel schließlich löst. Doch damit bringt sie sich und Bentzon in tödliche Gefahr.
Über den Autor:
A. J. Kazinski ist das Pseudonym für das dänische Autorenduo Anders Rønnow Klarlund und Jacob Weinreich. Anders Rønnow Klarlund, Jahrgang 1971, arbeitet als Autor und Regisseur. Für seine Filme ist er bereits mehrfach ausgezeichnet worden. Jacob Weinreich, 1972 in Århus geboren, ist Drehbuch- und Romanautor. Die Auserwählten ist ihr erster gemeinsamer Roman.
Hier geht es zu einem Interview mit den beiden Autoren, in dem sie unter anderem erzählen, wie es zu dem Pseudonym kam.
Meine Meinung:
In Venedig entdeckt Polizist Tommaso di Barbara eine ungewöhnliche Gemeinsamkeit bei einer Reihe über die Kontinente verteilter, mysteriöser Todesfälle. Er stößt bei seinen Nachforschungen auf einen alten jüdischen Mythos, nach dem es in jeder Generation 36 Gerechte auf der Erde geben soll, die die Menschheit beschützen. Und nun ermordet jemand diese Menschen auf grausame Weise. Tommaso glaubt, dass der nächste Mord in Kopenhagen stattfinden wird und nimmt Kontakt zu seinem dortigen Kollegen Niels Bentzon auf.
Niels ist ein geschickter Verhandlungsführer bei der Polizei, doch wegen seiner manisch-depressiven Schübe aufs Abstellgleis geschoben, wird er nun damit beauftragt, alle „guten Menschen“ als mögliche künftige Opfer zu identifizieren und zu warnen. Dabei lernt er die Astrophysikerin Hannah Lund kennen. Aufgrund ihrer mathematischen Berechnungen beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit auf der Suche nach möglichen weiteren Zielen.
Das Autorenteam bedient sich eines Trends, der auch im Thrillerbereich derzeit zu beobachten ist: eine Zunahme an religiösen und metaphysischen Elementen, mehr, als in dem Genre traditionell zu finden sind. Diese erlauben es, auch nicht rationale Handlungsstränge zu kreieren. Dabei ist mit diesem Roman ein erstaunlich gut funktionierender Mix aus spannender Krimihandlung und religiösem Mythos, gewürzt mit psychologischem Tiefgang, in einem sehr gut lesbaren Schreibstil entstanden.
Niels Bentzon steht vor einer schweren Aufgabe. Nach gut 20 Jahren als Polizist, in denen er die Bösen gejagt hat, soll er sich nun auf die Guten konzentrieren, die potenziellen Opfer herausfinden. Das sieht zunächst unlösbar aus, bis er die Astrophysikerin Hannah Lund kennenlernt. Sie ist sich sicher, mit Hilfe der Mathematik Zeitpunkt und Ort der Ermordung des letzten guten Menschen bestimmen zu können. („Der letzte gute Mann“ lautet der Originaltitel in der Übersetzung.)
Die intelligent entwickelte Handlung enthält viele überraschende Drehungen und Wendungen, die für Spannung sorgen, wobei einige transparenter sind als andere. Streckenweise wirkt es wie ein Drehbuch oder ein Skript für einen Film, was bei den Autoren durchaus naheliegend ist. Der Spannung konnte ich mich nicht entziehen, obwohl die Handlung trotz der vielen Szenenwechsel – als schnell kann ich sie nicht bezeichnen, weil ich viele Abschnitte als langatmig und zu ausführlich beschrieben empfand – streckenweise eintönig erscheint. Die Autoren bremsen ihre Protagonisten mehrfach aus. Die Zeit drängt, Tempo und Action sind angesagt, stattdessen gibt es immer wieder ausschweifende Beschreibungen und kein Vorankommen. Hier hätte dem Buch eine Straffung gut getan.
Die Anzahl der Protagonisten ist überschaubar, sie sind gut gezeichnet und haben psychologische Tiefe. Leider lassen die Autoren sie in einigen unrealistischen und deutlich konstruierten Aktionen agieren.
Durch die geballte Mobilisierung von Themen wie Astrophysik, Geophysik, Theologie und Parapsychologie ergibt sich am Ende zwar eine überzeugende Theorie für die Geschehnisse, damit endet das Buch dann aber auch. Der ungewöhnliche Schluss bietet keine klare Auflösung an. Die Verbindung, die die Autoren hier knüpfen, erscheint mir doch sehr gewagt, obwohl das Thema durchaus zum Nachdenken anregt.
Ach ja: Ein weiterer Roman mit dem Protagonisten Niels Bentzon ist bereits in Arbeit und soll im Frühjahr 2012 in Dänemark erscheinen.