Die Party bei den Jacks - Thomas Wolfe

  • Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
    Verlag: Manesse Verlag (13. Juni 2011)
    ISBN 978-3717522348
    Originaltitel: The Party at Jack's
    Preis: € 24,95



    Kurzbeschreibung
    Dieses erstmals ins Deutsche übersetzte Prosajuwel führt uns empor in die höchsten Sphären von Manhattan – mitten hinein in die Glamourwelt der Schönen und Reichen. Starlets und Damen von Welt, Broker und Magnaten, Privatiers und Parvenüs geben sich auf einer Penthouse-Party die Ehre. In stakkatohaften Sequenzen fängt Thomas Wolfe den Rhythmus einer rastlosen Metropole ein, in der der Tanz ums goldene Kalb immer ausgelassenere Formen annimmt.


    Alles, was Rang und Namen hat, findet sich im Art-déco-Ambiente von Esther und Frederick Jack ein: sie eine gefeierte Broadway-Künstlerin, er ein aus Koblenz stammender Jude und Selfmade-Millionär. Die Roaring Twenties sind auf ihrem Höhepunkt angelangt, schon wirft die Große Depression ihre Schatten voraus. Doch vom drohenden Ende der Sause will man bei den Jacks noch lange nichts wissen … Mit seiner Innenansicht einer New Yorker Luxusadresse – von der Dachterrasse bis hinab in den Untergrund, von wo die Subway feine Vibrationen durchs Gebäude schickt – zeichnet Wolfe das Panoptikum einer faszinierenden Stadt und einer faszinierenden Epoche.


    Erstmals auf Deutsch – eine literarische Entdeckung



    Mein Eindruck:
    Als Frederick Jack mit 17 Jahren, nach ersten antisemitischen Anfeindungen, Deutschland verläßt und nach Amerika auswandert ahnt er nicht in welchen plutokratischen Kreisen seine Zukunft liegen wird.
    Er heiratet Esther, eine Bühnenbildnerin, deren Karriere ebenso unaufhaltsam ansteigt wie seine eigene.
    Eine spannende Verbindung; sie verehrt und geachtet in Künstlerkreisen, in der Welt des Theaters und der Kunst zuhause - er, ein erfolgreicher Wallstreet-Broker geachtet in der Welt der Hochfinanz und befreundet mit den angesehensten Juristen. Und so verwundert es nicht, daß in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis all die schönen, wichtigen, reichen, berühmten und schillernden Persönlichkeiten aus beiden Lagern versammelt sind.
    Aber anders als viele erfolgreiche, geldschwere Menschen hatte Esther Jack den Bezug zum Leben nicht verloren:


    "Denn obwohl sie selbst eine gefeierte Persönlichkeit war, hatte sie die banale und klischeehafte Lebensweise vermieden, in die so viele berühmte Menschen hineingeraten - ein Leben nämlich, das gar kein Leben mehr ist oder nicht mehr mit Leben erfüllt, sondern nur aus einer platten Ansammlung berühmter Namen besteht, aus einem Kompendium berühmter Geschichten, einer Sammlung von Witzen oder Anekdoten über berühmte Menschen, die eifrig aus zweiter Hand aufgesogen und innerhalb ihrer Clique weitergereicht werden - die aber in Wirklichkeit nur ein Abklatsch des Lebens sind, leer, tot und höllisch schal."


    Während uns Thomas Wolfe unausweichlich zu der Party bei den Jacks führt, erfahren wir in einzelnen Kapiteln von den exqusiten Vorlieben und dem Werdegang der beiden "Hauptdarsteller", wobei er Mrs. Jack wesentlich mehr Platz einräumt als Mr. Jack.


    Fazit:
    Wie unter einer Lupe betrachtet zeigt uns Thomas Wolfe eine Gesellschaft der es an nichts mangelt und entstanden ist ein punktgenaues Gesellschaftsporträt eines zeitlosen Menschenschlags.
    Mir hat das Buch kurzweilige Lesestunden über eine Zeit die man die Roaring Twenties nennt, beschert. Aber all das hätte auch durchaus heute stattfinden können.

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Ein Buch mit einer verheissungsvollen Inhaltsangabe das auch rund 80 Jahre nach der Erstveröffentlichung an Aktualität nichts, aber auch gar nichts eingebüsst hat. Eine rauschende Party im Mikrokosmos der New Yorker Upper-Class, destillierte und verquirlte Eindrücke einer elitären und unbeschwerten Gesellschaft die sich und ihresgleichen feiert. Doch es entsteht das Gefühl, dass diese dekadente in Selbstgefälligkeit versunkene Ansammlung an Partygästen eine unbewusste Vorahnung hat dass es mit dieser Herrlichkeit nicht unendlich so weitergehen kann aber dieses beängstigende Gefühl verdrängt. Symbolisch für das Ende der zwanziger Jahre mit dem mächtig donnernden Börsencrash und der folgenden Grossen Depression ist der Brand im Hochhaus und das ungläubige Staunen der Feiernden das ihnen so etwas zustossen konnte und mit welch beängstigender Hilflosigkeit, Gleichmütigkeit und Arroganz sie dies zur Kenntnis nehmen.


    Der Roman beginnt mit dem detailreichen Porträt von Frederick Jack und seiner Frau Esther Jack. Die beiden sind die Karriereleiter steil empor gestiegen und leben den amerikanischen Traum mit fürstlicher Stadtwohnung und zahlreichen Angestellten. Bis in die Mitte des Romans ist das Leben der beiden Hauptpersonen der alleinige Dreh- und Angelpunkt. Gerade als sich so etwas wie Langweile einnisten will nimmt die Geschichte rechtzeitig eine Wendung und von nun an widmet sich alles der beginnenden Party. Es haben sich alle versammelt, von der beutegierigen Hochfinanz über die wirtschaftlichen Gesundbeter, die liberalen Rechtsverdreher ebenso wie die sozialistischen Welterlöser und alle werden vom beflissenen Dienstpersonal umschwirrt. Man widmet sich dem Small Talk, ist "very sophisticatet" und berauscht sich ausgelassen am zügellosen Lebensstil... bis der aufziehende Rauch des Brandes die Menschen aus dieser Scheinwelt auf die Strasse treibt.


    Die Sprache und der Erzählstil von Thomas Wolfe hat mich ganz ehrlich komplett aus den Socken gehauen. Die Beobachtungsgabe und die Detailversessenheit mit der er alles schildert in Verbindung mit der nicht enden wollenden Flut an Adjektiven und das in lockerer, federleichter Art auf Papier gebracht ist ganz grosse literarische Kunst. Der Autor scheint mir äusserst gebildet zu sein und er verfügt über einen schier unerschöpflichen Wortschatz. Aus dem riesigen Reservoir an Beschreibungen bedient sich der Autor in grossem Masse und zaubert Textpassagen hervor die ich nur als grandios bezeichnen kann. Auch wenn das Buch ein paar Phasen hat die etwas langatmig anmuten strahlt die Geschichte eine Faszination aus der ich mich nicht entziehen konnte. Eine dicht verwobene Geschichte von grosser literarischer Qualität ganz fein und eloquent erzählt. Ich bin tief beeindruckt von der Zeitlosigkeit des Inhalts und der Sprache.

  • @Sapperlot
    Herzlichen Dank für deine grandiose Rezi - was aber eben auch bedeutet, das dieses Buch zwangsläufig auf meiner Wunschliste landet. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.