HartzIV-Empfänger - die bösen Sozialschmarotzer?

  • Wenn man HartzIV hört, hat man sofort ein bestimmtes Bild im Kopf - ein Penner, der keine Lust zum Arbeiten hat und den ganzen Tag mit der Bierflasche vor dem Supermarkt sitzt. Und in den Medien wird dieses Bild verstärkt. Dabei wird gern übersehen, daß sehr viele Langzeitarbeitslose ehrenamtlich und zum Großteil unentgeltlich in sozialen, kulturellen und pädagogischen Bereichen arbeiten. Tätigkeiten, die notwendig sind und auf diese ehrenamtliche Aktivitäten angewiesen sind, weil genau dort, wo das Geld dringend notwendig wäre, von staatlicher Seite erbarmungslos der Rotstift angesetzt wird. Gerade an Kultur und Bildung wird gespart, dafür ist aber Geld für sinnlose Kreisgebietsreformen und unbeliebte Überwachungssysteme da und die Polizei braucht dringend blaue Uniformen, weil die grün-weißen nicht mehr gut genug sind. (also, ich finde einen Polizisten, der wie ein Klempner aussieht eher albern als respekteinflößend) Auch in Tierheimen arbeiten viele dieser kostenlosen Helfer. es geht nicht darum, daß Arbeitslose mehr Geld bekommen sollen. Es ist ja richtig, daß jemand, der acht Stunden und mehr täglich arbeitet besser bezahlt wird (wenn es denn so wäre, wäre ja schön). Statt dessen geht es darum, daß diese Tätigkeiten mehr gewürdigt und respektiert werden. So ist es einfach eine Zumutung, daß Leute, die ehrenamtlich aktiv sind auf der ARGE beschimpft und beleidigt werden und einem größeren Druck ausgesetzt sind als die, die tatsächlich mit der Bierflasche vor dem Supermarkt sitzen. Genau so eine Unverschämtheit ist es, daß diese Schießbudenfigur von der FDP die Frechheit besitzt, von "spätrömischer Dekadenz" zu sprechen. Jemand, der nichts leistet, unser Ansehen im Ausland durch sein peinliches Auftreten aber in Verruf bringt und sich von der Wirtschaft für eine Politik, die sich gegen die Bevölkerung richtet, bezahlen läßt. Da fragt man sich ernsthaft, wer der Sozialschmarotzer ist.


    Des weiteren finde ich es eine Frechheit, daß Langzeitarbeitslose mit dem Namen Hartz immer noch in Verbindung gebracht werden. Hartz ist ein verurteilter Verbrecher und niemand will gern mit so jemandem verglichen werden.

  • Ganz schön starker Tobak, was du hier alles zusammenbringst.


    Nur soviel zu der "Politiker sind blöd"-Polemik:
    Klar, Westerwelle ist schwul. Uuuh. Trotz allem leistet er als Außenminister eine ganze Menge und er hätte diese Stelle nicht bekommen, wenn er nicht auch fähig wäre, sie würdig zu vertreten.


    My two cents.

  • Das Eingangsposting war wohl ein 2,6-Promille-Beitrag.... :gruebel

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

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  • Hallo Dichterdämon,


    bei Betrachtung Deiner heutigen Beiträge scheint Deine Tagesform nicht die beste zu sein. Kein Problem für mich, ich gestehe jedem und mir selbst solche Zeiten zu. Vielleicht solltest Du Deine Kraft, die sich hier in politischem Unmut und Verbitterung äußert, dennoch lieber in literarische Beiträge über die Helden kleiden, die Du verehrt hast. Positive Resonanz wird Dir an dieser Stelle gewiss sein :wave.

  • Naja, so ganz unrecht hat Dichterdämon ja nun auch nicht.


    Es werden alle HartzIV Empfänger über einen Kamm geschoren, egal ob es sich wirklich um Leute handelt die keine Lust zum arbeiten haben, oder ob sie wirklich keine Arbeit finden, arbeiten wollen und sich ehrenamtlich engagieren.


    Ich möchte ja gar nicht abstreiten, das es sogenannte Sozialschmarotzer gibt, die zu Unrecht Leistungen beziehen. Aber in den Medien wird es teilweise so dargestellt, als ob das die Mehrheit wäre, die sich mit HartzIV ein Luxusleben gönnt. Und das glaube ich einfach nicht, weil meiner Meinung nach die Mehrheit wirklich Hartz IV zum reinen Überleben braucht.


    Die Hartz IV - Reform wurde nach Peter Hartz benannt, einem ehemaligen deutschen Manager. Und soweit wie ich informiert bin, wurde er wegen Untreue und Begünstigung des VW- Betriebsratschefs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, die aber zur Bewährung ausgesetzt wurde und zu einer Geldstrafe verurteilt. Er zählt damit als vorbestraft.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Macska
    Vorbestraft ist ein gewaltiger Unterschied zu der Bezeichnung Verbrecher....
    aber lassen wir das.
    Stammtischparolen kann ich mir am Stammtisch anhören, da gibts sogar Bier dazu. :-]

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Macska
    Vorbestraft ist ein gewaltiger Unterschied zu der Bezeichnung Verbrecher....
    aber lassen wir das.
    Stammtischparolen kann ich mir am Stammtisch anhören, da gibts sogar Bier dazu. :-]


    Ich kenne mich da echt nicht aus, wo da die Unterschiede bestehen. Vielleicht kannst mir ja mal kurz erklären ( da Du ja aus dem Fach bist ) ab wann man als Verbrecher zählt?

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Verbrechen


    Zitat

    Im deutschen Strafrecht werden gemäß § 12 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) als Verbrechen alle die gesetzlich normierten Delikte bewertet, bei denen eine Strafandrohung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe besteht (z. B. Raub, Körperverletzung mit Todesfolge, schwere Brandstiftung, schwerer sexueller Missbrauch, Rechtsbeugung). Delikte mit Androhung einer geringeren Mindeststrafe werden gemäß § 12 Abs. 2 StGB als Vergehen bezeichnet.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Verbrechen


    Hab ich ja gemacht, aber nicht so richtig verstanden. Da steht ja was von mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe, aber nicht ob es zählt ob man auf Bewährung kriegt oder nicht. Außerdem weiß man ja nicht was die Mindeststrafe für ein Vergehen ist.


    Ich bin nämlich auch gerade am Überlegen, unter was die Anklage von meinem Ex-Chef zählt. Er hat Gerichtsverfahren wegen Steuerhinterziehung, Insolvenzverschleppung und Veruntreuung am Hals. Ist ja in gewisser Weise ein Betrug, und das steht ja im Strafgesetzbuch.
    Also ist das dann ein Verbrechen oder ein Vergehen?


    Edit:
    Hab jetzt was gefunden:
    Verbrechen und Vergehen


    Dann hat sich meine Frage erledigt, müsste also bei meinem Ex-Chef ein Vergehen sein.


    Trotzdem danke für die Info Babyjane. :-]

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Macska ()

  • Es geht um die Mindeststrafe, nicht um die verhängte Strafe.
    Die Strafandrohung steht im Gesetz:


    So wie hier:
    http://dejure.org/gesetze/StGB/242.html
    Die Mindeststrafe ist hier eine Geldstrafe, also ist es ein Vergehen.


    Hier:
    http://dejure.org/gesetze/StGB/224.html
    Die Mindeststrafe beträgt 3 Monate Freiheitsstrafe, also ist es ein Vergehen.


    Oder hier:
    http://dejure.org/gesetze/StGB/212.html
    Da ist die Mindestrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren. Also liegt die Mindeststrafe über einem Jahr und es handelt sich somit um ein Verbrechen.


    Die von dir genannten Delikte stellen (Wenn ich jetzt keins überlesen habe) alle keine Verbrechenstatbestände dar.
    Verbrechen sind wirklich schwere Straftaten für die man mindestens ein Jahr ins Gefängnis muß. Ob die Strafe letztlich zur Bewährung ausgesetzt wird oder nicht, spielt für die Klassifizierung keine Rolle.

  • Man hätte also im Eröffnungsthread nicht von einem Verbrecher sondern von einem Vergeher reden müssen? :gruebel Man kann sich das Leben aber auch mit Absicht schwer machen.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Ich sitze seit zehn Minuten auf meinen Fingern, um eben das nicht zu schreiben.
    :lache


    Wir können uns ja auf 'Vorbestrafter' einigen.


    Ich finde es übrigens völlig richtig, daß das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen den Namen 'Hartz' trägt. Ebenso, wie 'Leistungen' von keinem Betroffenen ALG II genannt werden, sondern eben 'Hartz IV'.
    Richtiger wäre wahrscheinlich 'Schröder-Gesetz', aber ein tatsächlich Vorbestrafter ist ein zu passender Namensgeber für dieses inhumane Disziplinierungsinstrument, um darauf zu verzichten.
    Nomen est omen.



    Dichterdämon


    Deinen Zorn akzeptiere ich. Was ich nicht akzeptiere, ist der Vesuch, einen Keil zwischen die Hartz-IV-EmpfängerInnen zu treiben. ('Penner' versus 'Langzeitarbeitslose'). Es ist für alle die gleiche Falle.
    Wenn man das nicht erkennt, findet man keinen Weg hinaus. Dann bleibt es beim 'Rette sich, wer kann'. Das ist exakt so unsozial und inhuman, wie das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Dori
    Trotz allem leistet er als Außenminister eine ganze Menge...


    Echt wahr? Mir fällt da beim besten Willen nicht viel Positives ein, aber da kann man immerhin geteilter Meinung sein, während...


    Zitat

    ...und er hätte diese Stelle nicht bekommen, wenn er nicht auch fähig wäre, sie würdig zu vertreten.


    ...DAS an Weltfremdheit nicht zu überbieten ist. Sorry, Dori, aber so läuft es nun wirklich nicht. In diesen Zeiten - und auch schon davor - fördern Blendertum, Rücksichtslosigkeit und geschickte Selbstvermarktung Karrieren weitaus besser als Kompetenz und Selbstkritik. Dies gilt für alle gesellschaftlichen Bereiche, nicht nur die Politik.


    Nix für ungut, aber das konnte ich einfach nicht so stehen lassen. :wave


    harimau

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Gestattet einem jungen Mann *hust* eine vielleicht naive Frage.
    Okay, ich gebe zu, auch zu den Menschen zu gehören, denen sich bei der Aussage "Früher war alles besser!" der Magen umdreht - aber ich habe den Eindruck, das Politiker früher eher "Macher" waren als heute, in den aktuellen Zeiten erinnern sie mich eher an Manager als an Macher.


    Hartz ist ein gutes Beispiel dafür, was dabei heraus kommt, wenn Manager Politik machen... :rolleyes

  • :gruebel


    Ich schätze, es liegt daran, daß 'Manager' tatsächlich ein neues Leitbild in unserer Gesellschaft ist, einfach vom Auftreten her. Früher war es eher der väterliche Typ, der allweise über das brave Volk bestimmte. Hin und wieder mit einem Touch von angeblicher Weltgewandtheit. Schmidt oder Genscher, etwa.
    Oder der Bodenständige. Der tritt übrigens auf Landesebene auch immer noch auf. Das ist aber nur das Bild.


    Unsere PolitikerInnen 'machen' durchaus. Man darf das nicht unterschätzen. Sie vertreten ihre und die Interessen ihre Lobbyisten. Gemessen an den Zielen, die sie sich setzen - nicht das, was sie in Wahl - und Sonntagsreden erzählen - sind sie überaus erfolgreich. Unsere Exportbilanz beweist es.
    :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Alles was irgendwas über dien Kamm schert ist einfach nur dumm. Das geht los bei alle Fans von Bayern München sind Deppert bis zu alle Hartz IV Empfänger sind Sozialschmarotzer. Ich habe beruflich viel, um nicht zu sagen viel zu viel mit diesem Personenkreis zu tun und oh Wunder es gibt dort überall Menschen, so wiedu und ich. Das Problem esehe ich eher in deren Gegenüber bei den Ämtern. Viele haben längst resigniert, nichtsozialschmarotzend, sondern desillusioniert sich eingerichtet. Mir hilft eh keiner. Deshalb ist der verurteile Ex- Manager Hartz eigentlich ein armes Schwein. Er hat es gut gemeint mit fördern und fordern, nur ist fördern anstrengend und langwierig und findet darum so gut wie nie statt. Fordern und kürzen und schikanieren geht einfacher.


    Allerdings, die ehrenamtlich engagierten ALG II Empfänger - ich bin schon welchen begegnet - die stellen aber einen in Prozenten nicht darstellbaren Anteil dar.

  • Das Gehetze gegen solchen Gruppen wie Hartz 4 Empfänger ist meiner Meinung nach doch von Aussen gesteuert.
    Das Bild des asozialen, dümmlichen und faulen Harts 4 Empfänger ist für mich ein Kunstprodukt der Medien. Sicher Ausnahmen bestätigen die Regel, aber ich persönlich habe solch extreme Beispiele, wie in den z.B. RTL Sendungen noch nicht gesehen. Und das obwohl ich über 5 Jahre in einer geschlossenen Psychiatrie im Brennpunkteinzugsgebiet gearbeitet habe. Dort war nie Hartz 4 das Problem, sonder psychische Krankheiten.
    Das dieses Konzept der Medien sogut funktioniert ist, weil wir sicher (fast) alle Angst vor der Zukunft haben, Geldsorgen, wir ärgern uns über Politiker, die Steuern etc pp...sicher der Deutsche an sich jammert auf hohem Niveu, aber dennoch braucht man in solchen Zeiten doch ein Objekt auf das man herabschauen kann...da stimmt die Quote und zack gibt es dieses Bild vom Gammel Hartzi.
    Ich lehne mich mal soweit heraus zu behaupten, dass es niemanden gibt, der Hartz 4 vorzieht, wenn er die Chance auf ein höheres gesellschaftliches Niveu hätte. Aber das ist in unserer Gesellschaft nicht gewollt.


    Sorry, viele Gedanken schnell zusammengeschrieben...könnte das noch ausschmücken, aber ich denke es ist halbwegs verständlich was ich sagen möchte...hoffentlich :gruebel