Das Leben geht weiter - Hans Keilson

  • Broschiert: 252 Seiten
    Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 1 (19. April 2011)
    Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung
    Hans Keilson erzählt die Geschichte einer Jugend vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Hoffnungen, Träume und Aufbruch verschränken sich auf poetische Weise mit den Nöten der ökonomischen und politischen Wirren. Schließlich führt der wirtschaftliche Niedergang des Vaters zum Aufbruch aus der Provinz in die große Stadt, wo sich die Nazibewegung immer deutlicher artikuliert. Mit diesem ersten Roman ist Hans Keilson ein sehr persönliches Gemälde der Weimarer Republik gelungen.
    Ergänzt wird der Band durch ein Nachwort, das Hans Keilson für die Neuauflage seines Romans 1984 verfasst hat.Seinerzeit von Oskar Loerke empfohlen, fand sich Keilsons Roman "Das Leben geht weiter" schon einmal im Programm ... Das war im Frühjahr 1933. Kaum ausgeliefert, brannte der Reichstag, einige Monate später war das Buch des jüdischen Autors Keilson auf der Verbotsliste. Er handelt vom wirtschaftlichen Niedergang eines kleinen Selbständigen in einer kleinen Kreisstadt in der Mark Brandenburg, eingelassen in die politischen, sozialen und ökonomischen Wirren der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, der Weimarer Republik, der Inflationszeit und des aufkommenden Nationalsozialismus.


    Über den Autor
    Hans Keilson wurde 1909 in Bad Freienwalde geboren. Sein Roman "Das Leben geht weiter" erschien 1933. Er war der letzte jüdische Autor, der noch im "alten" S. Fischer Verlag debütieren konnte. Hans Keilson verließ 1936 Deutschland und emigrierte in die Niederlande, wo er noch heute lebt und praktiziert. Er hat unter den deutschen Schriftstellern der Gegenwart eine einzigartige Stellung in seinem Hauptberuf als Psychotherapeut und Forscher wie als Lyriker, Romancier und Essayist. Wie kaum ein anderer Autor hat Hans Keilson die seelischen, politischen und kulturellen Folgen der NS-Zeit analysiert und sprachlich vergegenwärtigt; ein literarisches Engagement, das bis heute anhält. In großem Kontrast zu den lauten Wirren des Jahrhunderts stehen die geradezu leisen, manchmal komischen, immer aber zutiefst menschlichen Darstellungen seiner Figuren und ihrer existentiellen und geschichtlichen Erfahrung. Ein großer Dichter in seiner Prosa, ein hellsichtiger Analytiker in seiner Dichtung. Zuletzt wurde er ausgezeichnet mit dem Johann-Heinrich-Merck-Preis, der Moses-Mendelssohn-Medaille, der Humboldt-Medaille und dem WELT-Literaturpreis.


    Meine Meinung


    "Die Literatur ist das Gedächtnis der Menschheit. Wer schreibt, erinnert sich, und wer liest, hat an Erfahrungen teil. Bücher kann man wieder neu auflegen. Von Büchern gibt es schließlich Archivexemplare. Von Menschen nicht."


    Hans Keilson erzählt in seinem Roman "Das Leben geht weiter" vom schleichenden Untergang der Weimarer Republik.
    Am Beispiel der Kaufmannsfamilie Seldersen analysiert Keilson die Schwierigkeiten in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg, schreibt über den aufkommenden Nationalsozialismus und wirtschaftliche Einbrüche.


    Herr Seldersen und seiner Frau gehört ein kleiner Kaufmannsladen und schon zu Beginn des Buches müssen sie diesen räumen und in einen kleineren Eckladen ziehen. Während des Buches wird ihre wirtschaftliche Situation langsam, aber unaufhaltsam, prekärer. Auch ihren Kindern ergeht es nicht besser. Ihr Sohn Albrecht kommt kaum zum studieren, da er sich gleichzeitig noch als Musiker durchschlagen muss um Geld zu verdienen.


    Zitat

    "Er ist auf der Strecke geblieben, der Bürger Johann Seldersen, er ist im Kampf unterlegen. Was Krieg, Nachkrieg, Inflation, jedes für sich allein, nicht vermochten, haben sie vereint in langer, zäher Arbeit geschafft: Krieg, Nachkrieg, Inflation."


    Keilson berichtet jedoch nicht nur über die Seldersens, sondern auch über andere Einwohner der kleinen Stadt. Eine besondere Rolle im Buch spielt auch Albrechts Freund Fritz, der seine Ausbildungsstelle verliert und auf der Straße landet.


    Eindrucksvoll berichtet Keilson vom Schicksal eines kleinen Selbstständigen, der wirtschaftlich bankrott geht. Aber das Schicksal und die Verzweiflung der jungen Generation bleiben nicht unerwähnt. In lakonischer, manchmal auch humorvollen Sprache, hat Hans Keilson einen gut lesbaren, flüssigen Roman vorgelegt. An vielen Stellen, vor allem die, in denen Albrecht eine Rolle spielt, wird es wiederum fast philosopisch und ich bin immer wieder sehr nachdenklich geworden. Interessant fände ich es noch zu wissen, wie viele autobiographische Züge die Figur von Albrecht trägt ...


    Im Original ist das Buch 1933 im S. Fischer Verlag erschienen und war das letzte Buch eines jüdischen Autors, das noch veröffentlich werden konnte. Ich bin froh, dass es jetzt noch einmal neu aufgelegt wurde und hoffe, dass Hans Keilson noch einige weitere Leser finden wird.

  • Danke für diese anregende (besonders kaufanregende) Rezi.
    Es scheint mir fast, Hans Keilson habe nur lesenswerte Bücher geschrieben. Als ich letztens "Da steht mein Haus" abholte, war mein Buchhändler schwer begeistert, dass er so empfohlen wird.