Die Worte der weißen Königin - Antonia Michaelis (ab 12)

  • Die Worte der weißen Königin
    Autorin: Antonia Michaelis
    ISNB: 3789142913
    Verlag: Oettinger
    Hardcover mit Schutzumschlag, 270 Seiten
    14,95€


    Kurzbeschreibung (Amazon)
    Poetisch und voller Sehnsucht - der neue Roman der "Märchenerzählerin"
    Niemanden beneidet Lion mehr als die Seeadler, wenn er sie beobachtet, wie sie hoch am Himmel kreisen, so frei und glücklich. Bei ihm zu Hause in dem Dorf an der Ostsee gibt es nicht viel, auf das man neidisch sein könnte. Immer häufiger verwandelt sein Vater sich im Alkoholrausch in den gewalttätigen schwarzen König, der Lion misshandelt. Als er es nicht mehr aushält, flüchtet Lion in den Wald zu den Adlern. Doch das Leben dort ist hart und immer wieder denkt Lion an die weiße Königin, die alte Frau, die ihm einst so wunderbar vorgelesen hat. Durch sie hat er den Zauber der Worte, ihre Wärme und Kraft entdeckt Antonia Michaelis erzählt eine tief berührende Geschichte über familiäre Gewalt und die Kraft, sich zu befreien Eine sprachlich brillante Hommage an die Macht der Worte und der Fantasie.


    Über den Autor (Amazon)
    Antonia Michaelis wurde 1979 in Kiel geboren. Fünf Jahre später begann sie, ihre Umwelt mit (damals noch unleserlichen) Büchern zu überschwemmen. Seitdem hat sie nicht mehr aufgehört zu schreiben. In England ließ sie sich inspirieren von der englischen Literaturgeschichte. Heute lebt die junge Autorin, die inzwischen auch ein Medizinstudium abgeschlossen hat, im Nordosten Deutschlands.



    Meine Meinung
    Ich hatte ein wenig Sorge, dass diese Autorin mich nach dem „Märchenerzähler“ nie wieder begeistern kann; einfach weil ich dieses Buch so grandios fand, dass es unmöglich zu toppen oder nur zu erreichen ist. Das hat Antonia Michaelis aber auch nicht versucht, nicht einmal ansatzweise.
    Zwar gibt es ein paar Ähnlichkeiten, z.B. das Thema häusliche Gewalt und die tröstende Kraft der Märchen und Geschichten, aber das Buch ist vollkommen anders umgesetzt, vollkommen anders geschrieben, sodass schon während der ersten Seiten etwas ganz Erstaunliches passiert ist: ich hab ihr letztes Buch einfach vergessen (und das versuche ich immer, aber es gelingt mir in vergleichbaren Situationen selten).


    „Die Worte der weißen Königin“ ist trotz realistischer Ausgangslage ein Märchen, eine Metapher. Die Worte „realistisch“ oder „glaubwürdig“ kann man vor Lions Aufbruch ruhig aus dem Wortschatz ausschließen, man wird sie für die nächsten 250 Seiten nicht benötigen.
    Es ist eine märchenhafte Reise, auf die sich Lion begibt, als er versucht, die weiße Königin zu finden, weil nur sie ihm gegen den schwarzen König helfen kann, der seinen Vater gefangen hält, und dessen Körper missbraucht, um Lion schlimmes anzutun. Und ohne es zu wissen, erklärt Lion dem schwarzen König mit seiner Flucht den Krieg.
    Wie das nun einmal so ist im Märchen, findet Lion die wundersamsten Freunde und trifft immer zur rechten Zeit auf das richtige Gesicht. Aber – auch das ist so, im Märchen – auch seine Häscher sind ihm immerzu auf den Fersen, und so begleiten wir den 10jährigen auf einer Reise voller Abenteuer, von denen ich kein Wort zu viel verraten möchte, nur soviel: Alles passiert zweimal. Man kann neu entscheiden.


    Was ist Traum, was ist Wirklichkeit … ist überhaupt irgendetwas Traum oder Wirklichkeit? Diese Fragen stellt man sich immer wieder und das verleiht auch den ruhigen Momenten im Buch Spannung.
    Das Buch hat seine düsteren Momente - sehr düstere, die mich erschreckt haben -, aber auch sehr lichte, hoffnungsvolle.
    Es ist eine Hommage an Märchen und Geschichten, vor allem an die der Astrid Lindgren.
    Ich würde es als klassischen All Age Roman bezeichnen, lesbar sicher ab 10-12 Jahren, auch wenn Kinder die ungeschriebene Ebene des Buchs vielleicht noch nicht durchschauen. Sicher wäre das Buch auch wunderbare Schullektüre, denn die Möglichkeiten der Interpretation und der eigenen Gedanken über Lion sind endlos wie der Himmel.


    Einen winzigen Punkt Abzug gibt es von mir für das Ende; hier wurde es mir persönlich etwas „zu viel“; wovon, verrate ich aber nicht.


    Fazit:
    Ein zauberhaftes Märchen für Groß und Klein. Bitte als solches lesen, dann kann man es fast nur lieben.

  • „Die Worte der weißen Königin“ ist der neuste Geniestreich der grandiosen Antonia Michaelis, die es wie kaum eine andere versteht, mit poetischen Worten die Herzen ihrer Leser im Sturm zu erobern. Sie schafft es, die wahrlich ernste Themen Kindesmisshandlung, Gewalt in der Familie und Alkoholmissbrauch auf großartige Weise in eine Geschichte zu kleiden, so dass am Ende eine Art Märchen herauskommt und wird dennoch der Ernsthaftigkeit der Themen absolut gerecht. Die märchenhaften Elemente schwächen sie keinesfalls ab, sondern geben den Hintergründen lediglich ein neues Gewand. Natürlich geht der Realitätsbezug manchmal ein wenig verloren, aber welches Märchen ist schon realistisch?


    Neben den klar benannten Themen gibt es aber noch viele andere, die Lion beschäftigen – Trauer, Verlust, Wut, Neid, Angst… aber auch das Gefühl der Freiheit, Vergebung und Freundschaft spiele eine große Rolle in seinem Leben. Mit überwiegend sanften, leisen Tönen, manchmal aber auch mit gewaltigen Worten bringt die Autorin dies alles zum Ausdruck und dem Leser Lions Leben nahe.


    Wie ein roter Faden ziehen sich Zitate aus Astrid Lindgrens „Klingt meine Linde“ und „Die Brüder Löwenherz“ sowie Saint- Exuperys „Der kleine Prinz“ durch das ganze Buch und vor allem „Klingt meine Linde“ hat einen ganz besonderen Stellenwert. Sie verleihen der Geschichte eine ganz besondere Note.


    Über das Ende kann man natürlich streiten, auch mir hat es nicht sonderlich gut gefallen, denn hier fehlte mit der Realitätsbezug ZU sehr. Dies ist aber auch der einzige Kritikpunkt, denn ich an „Die Worte der weißen Königin habe“. Ich kann mir vorstellen, dass viele Leser von diesem Buch etwas ganz anderes erwartet haben. Doch wer Märchen mag und bereit ist, sich auf eine etwas andere Geschichte einzulassen, wird es lieben!

  • Inhalt - in eigenen Worten
    Lion ist 5, als er zum ersten Mal einen Seeadler sieht und auf die weiße Königin (eine alte, weißhaarige Frau, die in der Kirche Geschichten erzählt) trifft. Jeden Samstag geht Lion in die Kirche, um den wunderschönen Worten der weißen Königin zu lauschen - das ist seine einzige Freude, denn das Leben in dem kargen Dorf ist hart und so flüchtet sich der Junge in die klingenden Worte. Lion wohnt mit seinem Vater in einem heruntergekommenen Haus und nachdem der Vater in der Werft arbeiten muss, kommt Lion eben in die Förderschule. Als Lions Vater seine Arbeit verliert, beginnt er zu trinken und Lion zu schlagen - Lion nennt seinen Erzeuger in diesen Phasen "der schwarze König". Fast zeitgleich mit dem schwarzen König taucht seine Schwester Olin auf, die Lion immer wieder erscheint. In Olin und den Seeadlern findet der Junge Halt und als sein Vater ihn so schwer misshandelt, dass er ins Krankenhaus muss, flüchtet Lion in den Wald. Da er die Worte der weißen Königin schon fast vergessen hat, macht sich der 11-jährige auf eine abenteuerliche Suche nach der Geschichtenerzählerin...



    Meine Meinung
    Nachdem ich von "Der Märchenerzähler" schwer begeistert war und habe mich sehr gefreut, dass ich diesen zauberhaften Roman geschenkt bekommen habe. Dadurch, dass die Geschichte märchenhafte Elemente beinhaltet, verliert die Geschichte manchmal etwas den Bezug zur Wirklichkeit. Aber Märchen sind ja schließlich nicht auch nicht realistisch. ;-)


    "Die Worte der weißen Königin" erzählt die Geschichte des 11-jährigen Lion Justin Torgelow (obwohl die Handlung schon ein paar Jahre zuvor beginnt), der unter fast menschenunwürdigen Umständen in einem kargen Dorf an der Ostsee wohnt. Außer dem Adler Pikikiri und seiner (Fantasie-)Schwester Olin hat er keine Freunde und als die Misshandlungen durch seinen Vater zunehmen, geht er auch nicht mehr zur Schule. Der Junge fühlt sich unverstanden und fürchtet sich vor dem schwarzen König, der dunklen Seite seines Vaters. "Die Worte der weißen Königin" beschäftigt sich neben Poesie mit Themen wie Gewalt in der Familie und Alkoholmissbrauch. Deshalb kann man auch verstehen, warum sich Lion in die Worte der weißen Königin flüchtet. Dabei spielen "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry, "Die Brüder Löwenherz" und vor allem "Klingt meine Linde" von Astrid Lindgren eine wichtige Rolle. Bei den Schilderungen, wie er sich Bücher aus der Buchhandlung "ausborgt", um dort verzweifelt nach den richtigen Worten zu suchen, kamen mir fast die Tränen...


    Weiters beschäftigt sich diese märchenhafte Geschichte mit unterschiedlichen Emotionen, wie Trauer, Zorn, Verlust, Angst und Missgunst, aber auch mit Freundschaft, Unabhängigkeit, Respekt und Zuneigung. Antonia Michaelis wechselt zwischen sanften und kraftvollen Tönen, um den Lesern Lion und sein Leben näher zu bringen. Ich-Erzähler Lion führt uns durch seine Lebensgeschichte und schildert die Ereignisse so, dass man den Jungen schnell ins Herz schließt. Allerdings hätte ich gern mehr über die weiße Königin erfahren und das Ende war nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt hätte.


    Vorliegendes Jugendbuch erzählt eine traurig-schöne Geschichte mit Höhen & Tiefen, in der jedoch einige kleine Längen enthalten sind. Durch den flüssigen Schreibstil und die Sprache, die der jugendlichen Zielgruppe angepasst ist, lässt sich das neueste Werk von Antonia Michaelis rasant lesen. Zu guter Letzt möchte ich anmerken, dass man die beiden Jugendromane dieser Autorin nicht miteinander vergleichen sollte, da sie viel zu verschieden sind, was auch am Alter der Protagonisten liegt (Lion ist 11, Anna dagegen schon 17).



    Fazit
    Antonia Michaelis hat erneut ein ernstes Thema in märchenhafte, gefühlvolle Worte verpackt, die den Leser mitreißen. Wobei ich allerdings zugeben muss, dass mir "Der Märchenerzähler" besser gefallen hat. Deshalb vergebe ich eindrucksvolle 8 Punkte.

  • Und ich hatte mich sehr auf das Neue gefreut.


    Aber entweder habe ich es zum falschen Zeitpunkt gelesen oder es ist so gar nicht meins geworden.


    Ich konnte mit diesem Märchenhaften wenig anfangen, fand ich es zwar schön umschrieben das der schwarze König den Vater gefangen hält, so denken sicher viele Kinder deren Vater so ist, und doch bin ich so gar nicht reingekommen in dieses Buch. Vielleucht war es mir zuviel Märchen und zu wenig Realität.


    Schade :-( Haben mir doch Der Windmann, Der Märchenerzähler und das Geheimnis der Mariposa so gut gefallen.

  • Der zehnjährige Lion wächst bei seinem Vater auf, seit seine Mutter vor Jahren die Familie verlassen hat. Als Lions Vater seine Arbeitsstelle verliert, wird plötzlich alles anders. Er fängt an zu trinken und schlägt Lion immer öfter. Er sperrt ihn in den kalten Keller. Eines Tages kann Lion es nicht mehr ertragen und läuft davon. Er hat ein Ziel: er möchte nach Berlin. Dort liegt die weiße Königin im Krankenhaus. Die weiße Königin ist eine alte Dame, die ihm und anderen Kindern früher in der Kirche Geschichten vorgelesen hat. Er möchte die Worte der weißen Königin wieder hören. Bei seiner Reise wird er von einem Seeadler begleitet; seinem einzigen Freund.
    * Meine Meinung *
    Eine bewegende Geschichte für Kinder und Jugendliche ab 14 Jahren. Es geht um einen zehnjährigen Jungen, der von seinem alkoholkranken Vater geschlagen wird. Der Junge sucht Zuflucht in den Geschichten einer alten Dame, die in der Kirche aus Büchern vorliest. Die Worte helfen dem Kind, in eine bessere Welt zu flüchten. Dort lebt auch Olin, seine Schwester. Immer, wenn Lion Hilfe braucht, sind Olin und sein Seeadler zur Stelle.
    Das Buch läßt sich trotz der ernsten Thematik sehr flüssig lesen. Die Handlung ist nachvollziehbar und strukturiert aufgebaut. Die Gefühle des Jungen werden sehr deutlich und klar beschrieben.
    Antonia Michaelis hat einen ganz eigenen Schreibstil. So ist zum Beispiel die Fantasie-Schwester Olin immer irgendwie präsent, obwohl der Leser genau weiß, daß sie doch eigentlich nur in Lions Fantasie wirklich existiert.
    Sehr gut gefallen hat mir auch die tiefe Freundschaft zwischen dem Jungen und dem Adler. Sie vermittelt die Botschaft, daß Tiere unsere Freunde sind und mit Respekt behandelt werden sollten.
    Auch das Ende finde ich für ein Kinder- bzw. Jugendbuch sehr gelungen. Zwar ist es wegen seiner Einfachheit irgendwie unglaubwürdig, aber wenn man sich klarmacht, daß man ein Kinderbuch vor sich hat, dann ist dieses „Happy End“ doch angebracht. Jungen Lesern sollte durch ein realistischeres Ende nicht gleich der Spaß am Lesen genommen werden.