Fit fürs Museum - Andreas Blühm, Klaus Stuttmann

  • Wer kennt das nicht, das Wort ‚Museum’ allein löst schon Gähnen aus. Man sieht endlose Gänge und Hallen immenser Dimensionen vor sich, mit Schaukästen voller Dinge, die einer trotz einigermaßen angemessener Beleuchtung verstaubt vorkommen oder mit Wänden, die mit Zeugs behängt sind, die kein Mensch anschauen will. Museen ‚muß’ man besuchen, mit der Schulklasse, den Eltern, der Patentante. Weil man sich bilden muß. Weil es dazugehört, weiß die Geierin, warum.
    Wenn man Pech hat, sind die Museen auch noch voll mit Leuten, die aus irgendwelchen dämlichen Gründen ebenfalls dorthin gezwungen wurden. Klar gibt es Leute, die auch freiwillig ins Museum gehen. Aber Verrückte gibt es überall.


    Andreas Blühm, langjähriger Direktor des Wallraf-Richartz-Museums in Köln, hat einen Führer geschrieben, der nicht nur deutlich macht, warum man ins Museum gehen soll, sondern für einmal erklärt, wie man ein Museum besuchen soll, damit man hinterher auch etwas mehr davon hat, als schmerzende Füße, einen knurrenden Magen und einen glasigen Blick von all dem, was man nicht kapiert hat.


    Das Buch ist in kurze Kapitel geteilt, in denen man Tips zum Schuhwerk, zur Museums Garderobe ebenso findet, wie zum Museumscafé, zum Sinn von Museen und zu Verhaltensweisen, die die eigenen Nerven ebenso schonen, wie die anderer Besucher und des Personals. Die knapp gehaltenen Texte sind zum einen durch Kästchen aufgelockert, in denen die wichtigsten Überlegungen noch einmal als eine Art Merksätze hervorgehoben werden. z.B. die Anregung, erst einmal herauszufinden, auf welche Art Museum man überhaupt Lust hat. Die Gemäldegalerie? das Naturkundemuseum? Das Technikmuseum? Blühm räumt auf mit der Vorstellung, daß man immer alles gesehen haben muß. Erfrischend ist sein Tip, sich beim Besuch auf das Betrachten nur weniger Stücke zu beschränken und aufzuhören, wenn man das Gefühl hat, genug zu haben. Oder einfach nur durchzuspazieren, den Blick frei schweifen zu lassen.


    Er weist auf Urteile, Vorurteile und Fehlurteile über Museen hin. Er versteht zu begeistern, man merkt fast jedem Abschnitt seine Liebe zu seinem Beruf an. Er spricht ein wenig über Probleme der Konservierung, der Sicherheit und des Schutzes der ausgestellten Gegenstände, erklärt, warum man, wenn es heißt, daß man keine Fotos machen soll, auch nicht fotografieren sollte, was ein Kurator ist und warum das, was man zu sehen bekommt, der kleinste Teil der Sammlungen ist. Die Lektüre ist kurzweilig, ohne daß die Darstellung salopp würde. Hin und wieder sind die Merksätze in dunklen Farben unterlegt, was das Lesen erschwert.


    ‚Farben’ ist das Stichwort für das, was diesen kleinen Führer zum Museumsbesuch eigentlich auszeichnet. Das sind nämlich die ausgesprochen witzigen Karikaturen von Klaus Stuttmann. Gelangweilte Teenager, kunstbeflissene Touristen, plärrende Kleinkinder, ein Restaurator bei der Arbeit, sie alle werden vorgeführt, hin und wieder als Cartoons mit den dazugehörigen ironischen, frechen oder provokanten Sprüchen versehen. ‚Sie sind hier nicht zu Hause’ mault eine Besucherin einen Typen an, der sich mit Coladose und Chips auf dem Boden ausstreckt, um ein Bild anzuschauen. ‚Doch’, sagte er fröhlich. ‚Hab ich alles mit meinen Steuern bezahlt!’


    Es gibt Listen mit einer Auswahl von Museen, Freilichtmuseen, Spezialmuseen, willkürlich zusammengestellt, aber anregend, mit Webadresse. Einige berühmte Museumsarchitekten werden genannt, es gibt einen kurzen Abriß zur Geschichte der Museen und ein Glossar von ‚Abguß’ bis ‚Wunderkammer’. Daß Blühm als Museumsdirektor für die Museumsshops wirbt als einzigartige Möglichkeit, sich mit Geschenken zu versorgen, verzeiht man ihm angesichts der Lage der öffentlichen Kassen leicht.


    Erfrischender Blick auf Museumsbesuche, auf traditionelle BildungsbürgerInnen kann die Lektüre verstörend wirken.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus