Halbwertzeit von Büchern

  • Viele alte Bücher, also sehr sehr alte Bücher, sind ja in einem recht traurigen Zustand, wenn man mal von langwierig restaurierten Büchern absieht, die hinter Museumsvitrinen ihr Dasein fristen.


    Ich habe mich gefragt, wie lange sich wohl die Generationen nach uns an unseren heutigen Sammlungen erfreuen können? Wie lange überlebt ein Buch den Aufenthalt im Bücherregal, anschliessende Vererbung an Kinder und vielleicht deren Kinder, etc.?


    Sind die heutigen Produktionstechniken und Papierbeschaffenheiten dazu geeignet Bücher länger leben zu lassen, als die vergilbten Zeugen unserer belesenen Ur/Großeltern?


    Gruss,


    Doc

  • Nach äußeren Faktoren hängt es schlicht von Verarbeitung und Aufbewahrung ab. Beides schwankt.
    Ich erinnere mich noch gut an Dumont-Taschenbücher zu Kunst und Architektur aus den späten Siebzigern, aus denen dir nach einmaligem Durchblättern die Seiten entgegenflatterten. Die überlebten grad mal den Gang zur Kasse in der Buchhandlung und dann - zong!
    Ansonsten sag ich mal ganz romatisch, daß ein Buch so lang lebt, wie's geliebt wird.
    Ich hab noch Bücher aus der Zeit meiner Großeltern und zwar nicht Goethe, sondern Mädchenbücher und Romane. Die Bindung ein bißchen wackelig, die Seiten gelblich, manche eingerissen, die roten Wangen der Kinder auf dem Umschlag verblaßt. Bei sorgfältigem Umgang (nicht mehr so innig ans Herze drücken!!) leben die noch hundert Jahre.
    :-)
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Wie magali schon schrieb: Es kommt auf Haltung und Pflege an. Dazu hatten wir schon mal einen Thread über alte Bücher, den ich gerade nicht finde.


    Bücher, die noch aus chlorhaltigem Papier gedruckt wurden, zersetzen sich allerdings aufgrund von Salzsäurebildung in Reaktion mit der Raumluft.


    Heutige Bücher überdauern möglicherweise 200 Jahre, dann ist Schluß.
    Daher die Bemühungen, Kulturgut auf Mikrofiche oder CD/DVD zu bannen. Wobei dabei übersehen wird, daß dazu auch in Zukunft eine Technologie vorliegen muß, die diese Daten entsprechend einlesen kann.
    Und auch Mikrofiche ist zwar haltbarer als Papier, aber eben auch nicht unendlich haltbar -- und CDs/DVDs sind ebenfalls nicht unkaputtbar.
    Aber das ist ein anderes Thema. :grin

  • Zitat

    Original von Iris
    Aber das ist ein anderes Thema. :grin


    Nicht wirklich. Das Thema können wir gerne auch ein bischen ausdehnen. Wie sichert man langfristig Literatur? Und ich meine so richtig langfristig, also über Jahrhunderte hinweg. Und zwar so, daß nicht nur sogenanntes Kulturgut weitergegeben werden kann, sondern auch Bücher aus der Trivial-Literatur, die gnadenlos durch das "historisch wertwoll"-Raster durchfallen würden. Gibt es da schon Bestrebungen oder macht sich da niemand Gedanken dazu?


    Gruss,


    Doc

  • Hi, nicht historisch wertvoll,
    literarisch wertvoll.
    Ist aber auch kein besonders gutes, weil immer zeitabhängiges Kriterium.
    (Iris, guck nich so! Ich habe das Wort Gesellschaft vermeiden!! :grin)
    Mit Büchern/Theaterstücke/Gedichten, die dem nicht entsprechen, ist es in der Tat problematisch.
    Unterhaltungsliteratur des 19. Jh. ist oft nicht mehr zu bekommen, manchmal existiert irgendwo noch ein einziges Exemplar.
    Große Bibliotheken bewahren einiges auf, in Innsbruck an der Uni gibt es eine Datenbank für historische Romane ab dem späten 18. Jh., glaube ich, mit Titel und Besitznachweis in österreichischen und deutschen Bibliotheken. Die neuere Germanistik bemüht sich, das aufzuschließen.
    Die Anna Amalia Bibliothek hatte viele <seufz>
    Und irgendwo in Norddeutschland gibt es eine Privatsammlung.
    Dann gibt es Sammler im Netz, die sich vor allem, den Romanheftchen widmen, aber meist nach 1945. Der Bestand vorher ist schwer aufzutreiben.
    Kinderbuchsammlungen sind Sonderschwerpunkte bestimmte Bibliotheken, dito Schulbücher.
    Ich finde das alles ganz, ganz wichtig. Wenn man nur die höchste Schicht der Literatur einer Gesellschaft (einmal darf ich aber!!) betrachtet, wobei schon die Kriterien für 'höchste' faul sind, hat man einen äußerst eingeschränkten Blick auf die Menschen.
    Also, Leute, werft eure alten Perry Rhodan, Courths - Mahler, Fix und Foxi NICHT in den Müll.
    Es ist Kultur. Auch wenn es die Typen vom Feuilleton der ZEIT, FAZ etc. nicht glauben
    :grin
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich befürchte mal, Menschen, die Bücher liebevoll behandeln, wird es immer weniger geben, weil einfach immer weniger lesen. Und die, die nicht viel lesen, aber trotzdem ein paar (Alibi)Bücher besitzen, gehen mit diesen natürlich wenig liebevoll um. Was ich da schon alles erlebt habe bei meinen Büchersichtungen für das virtuelle Lädchen :cry Ob es wertvolle Bücher sind, die schon mehr als hundert Jahre auf dem Buckel haben und einst der Oma gehörten, oder Bücher, die noch nicht mal 10 Jahre alt sind: Die liegen irgendwo in feuchten Räumen und sind mit Schimmelpilzen per Du oder wurden einfach kreuz und quer in irgendwelche Kisten geworfen, Eselsohr lässt grüßen und und und... Fürchterlich!!! Macht mich sehr traurig. Literatur als elektronische Daten bewahren, das mag schon sinnvoll sein. Aber nix ist von Dauer, und was geht schon über so ein richtiges Buch oder eine originale Handschrift???

  • Das ist ne interessante Frage. Die meisten geben darauf heute nur die Antwort: Ständiges Umkopieren! Doch da fallen eben die von Dir speziell angesprochenen nicht-hochkulturellen Texte eher selten drunter.
    Es gibt wohl in Californien einen Freak, der an der WWW-Entwicklung (Protokolle und Krams) beteiligt war und nun sich ausschließlich mit solchen Fragen beschäftigt. Finanziert wird das (wie in den Staaten üblich) von potenten Firmen, die solche "Spinnereien" unterstützen, weil vielleicht ja mal was Nützliches rauskommen könnte. Und siehe da: Der Typ setzt wieder auf SCHRIFT!! Mikrokleine Buchstaben auf einem speziellen Material; das wird in einer Spirale draufgeritzt (o.ä.) inklusive einer Anleitung zum verwendeten Schriftsystem, damit man in dreitausend Jahren auch die Buchstaben entziffern kann. Der kriegt ziemlich viel auf so ner Scheibe unter. (Lustig, gab es ja schon mal alles und zwar beim Diskus von Phaestos). Dieses System soll Informationen auch über viele Jahrhunderte transportieren ....

  • Zitat

    Original von columbo
    Mikrokleine Buchstaben auf einem speziellen Material; das wird in einer Spirale draufgeritzt (o.ä.) inklusive einer Anleitung zum verwendeten Schriftsystem, damit man in dreitausend Jahren auch die Buchstaben entziffern kann. Der kriegt ziemlich viel auf so ner Scheibe unter. (Lustig, gab es ja schon mal alles und zwar beim Diskus von Phaestos). Dieses System soll Informationen auch über viele Jahrhunderte transportieren ....


    Das ist wirklich hochinteressant!!
    Nur wird sich so ein System wohl kaum für alte YPS-Hefte (bzw. deren kulturellen Entsprechung) eignen. :-(


    Gruss,


    Doc


  • Zu einem originalen YPS- Heft gehört für mich auch das Gimmick! :bruell

  • Die Deutsche Bibliothek ist für das Sammeln, Erschließen und bibliografische Verzeichnen der deutschen und deutschsprachigen Literatur ab 1913 zuständig.



    Auszug aus dem Auftrag


    Gesammelt werden alle Druckwerke, die in einem Vervielfältigungsverfahren hergestellt und zur Verbreitung bestimmt sind. Druckwerke im Sinne des Gesetzes sind alle Darstellung in Schrift, Bild und Ton.


    Jeder gewerbliche oder nicht gewerbliche Verleger in der Bundesrepublik Deutschland ist verpflichtet, von seinen Veröffentlichungen zwei Pflichtexemplare kostenlos an Die Deutsche Bibliothek abzuliefern.


    Damit sind minestesn 2 Exemplare von Docs YPS-Hefte grettet :grin


    Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Also ich finde das liegt hauptsächlich an dem Leser wie er die Bücher behandelt. Natürlich liegt es auch am Material.
    Weil Du die Kinderbücher und deren Vererbung angesprochen hast Doc , ich habe meine fein säuberlich gehortet und hebe sie für meine späteren Kinder auf. Dasselbe gilt für Kinderkassetten wie Bibi Blocksberg etc.


    Liebe Grüße
    leseratte007