Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte - Rafik Schami

  • Carl Hanser Verlag, 2011
    Gebundene Ausgabe: 176 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Großer Auftritt für Rafik Schami: In seinem neuen, persönlichsten Buch erzählt er, wie er zu einem der beliebtesten Erzähler Deutschlands wurde. Er berichtet von seiner Kindheit in Damaskus, als es noch Geschichtenerzähler gab, die im Kaffeehaus ihr Garn gesponnen haben, er zeichnet ein liebevolles Portrait seines Großvaters, und er macht sich Gedanken darüber, wie die Märchen in die Welt gekommen sind. In diesem Buch, und das macht den großen Reiz aus, spricht Schami mit dem Leser - und wir hören ihm atemlos zu.


    Über den Autor:
    Rafik Schami, geb. 1946 in Damaskus, kam 1971 nach Deutschland, studierte Chemie und legte 1979 seine Promotion ab. Heute lebt er in München. Er ist Mitbegründer der Literaturgruppe 'Südwind' und zählt zu den erfolgreichsten Schriftstellern deutscher Sprache. Sein Werk wurde unter anderem mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis, dem Hermann-Hesse-Preis, dem Prix de Lecture und mit dem Hans-Erich-Nossack-Preis ausgezeichnet. 2007 erhielt Rafik Schami den Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund.


    Mein Eindruck:
    Das Erscheinen des neuen Buches des in Syrien geborenen Rafik Schami wird durch die schlimmen Ereignisse in Syrien überschattet. Rafik Schami hat sich in letzter Zeit öfter zu der Situation in Syrien geäußert, dieses Buch beschäftigt sich natürlich noch nicht mit dem Aufstand, da es kurz vorher geschrieben wurde.


    Das neue Buch von Rafik Schami hat wenig gemeinsam mit den großen Romanen „Die dunkle Seite der Liebe“ und „Das Geheimnis des Kalligraphen“
    Abgesehen von der geringen Seitenteil ist es auch eine andere Form. Es handelt sich um teilweise autobiographisches Material verbunden mit essayistischem Ansatz
    Es reicht von durchaus verklärten Kindheitserinnerungen in Damaskus bis zu umfangreichen Abhandlungen von Themen wie Märchen, Sprichwörtern, die mündliche Erzählkunst. Meistens verbindet Rafik Schami das eine mit dem anderen.
    Natürlich schafft es Rafik Schami zwischendurch immer wieder auch kleine Geschichten mit einzubauen, die gewohnt amüsant sind. Das ist vor allen im langen Kapitel Der Wettbewerb der Lügner der Fall.


    Eigentlich hat mir das kurze, kompakte Buch ganz gut gefallen, eine gewisse Harmlosigkeit der erzählten Geschichten habe ich aber auch empfunden. Relevant bleiben aber die Abschnitte, die direkt Rafik Schamis eigene Erfahrungen betreffen. Außerdem haben mich die Passagen über Rafik Schamis Veranstaltungen besonders interessiert. Und wenn dann literarische Figuren wie Don Quixotte und Sancho Pancho lebendig werden und Rafik Schami in seiner Wohnung besuchen, überträgt sich eine große Imaginationskraft auf den Leser.
    Somit ist auch dieses Buch ein kleiner wichtiger Baustein in Rafik Schamis imposantem Werk.

  • Danke für die Rezi und den Hinweis, Herr Palomar. :wave
    Das Buch werde ich mir auf jeden Fall zulegen.


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Rafik Schami war bei der aktuellen Sendung des Literaturclub als Gast dabei und beweist sich als ebenso guter Literaturkritiker wie Autor.


    Für Interessierte, sollte es sie geben, hier der Link auf die Sendung vom 27.09.11:
    http://www.videoportal.sf.tv/v…9a-4215-8277-c2255f4e6da5


    Er machte einen wunderbar sympathischen Eindruck. Was er sagte, war mehr als interessant, besonders im Hinblick auf das neue Buch des letztjährigen Literaturnobelpreisträgers.

  • Rafik Schami beginnt sein Buch mit bunten Erzählungen von Erlebnissen aus seiner Kindheit in Damaskus. Diese Geschichten und Schamis Großvater haben mir sehr gut gefallen. Wer hätte nicht auch gerne so einen Opa, der mit ihm durch die Straßen von Damaskus geht und mit dem man gemeinsam erlebt, wie eine Frau ihren Mann auf dem Flohmarkt verkauft. Doch das ist nur eine von mehreren Geschichten.


    Schami schwelgt in seinen Erinnerungen und ich bin ihm dabei gerne in die Gassen von Damaskus gefolgt, von denen jede ihr eigenes Aussehen und ihren eigenen Duft hat.


    Bis dahin hat mich das Buch richtig begeistert. Doch dann beginnt der Autor über verschiedene Themen wie z.B. die Macht einer guten Geschichte und die Bedeutung von arabischen Märchen für Erwachsene und Kinder zu philosophieren. Außerdem vergleicht der Autor noch ausführlich die Unterschiede einer aufgeschriebenen Geschichte mit der mündlichen Erzählung und schildert hierbei wie schwer es ist ein richtig guter Erzähler zu sein. Das Lesen dieser Betrachtungen, die leider einen Großteil des Buches ausmachen, empfand ich teilweise als ermüdend, auch wenn sie sicher viel Wahres enthalten.


    Eingebettet in diese Gedankengänge sind Ausschnitte aus Schamis Leben und man bekommt eine ungefähre Vorstellung, wie schwer sein Weg war zu dem Erzähler zu werden, der er heute ist. Als seine Wegbegleiter stellt er dem Leser Don Quijote, Sancho Panza und Ibn Aristo vor. Wobei Don Quijote und Sancho Panza sehr unterhaltsam waren ganz im Gegensatz zu Ibn Aristos etwas belehrenden Erläuterungen.


    Am Ende gibt es noch eine rührende Geschichte in welcher es erneut um seinen Großvater geht.


    Das war mein erstes Buch von diesem Autor und seine humorvolle Art Geschichten zu erzählen hat mir sehr gut gefallen. Sicher werde ich wieder ein Buch von ihm lesen, allerdings eines ohne theoretische Betrachtungen.