Über den Autor
Juliane Koepcke, verheiratete Diller, 1954 geboren, wuchs in Lima und im Urwald auf, wo ihre Eltern die Forschungsstation Panguana gründeten. Sie arbeitet als promovierte Biologin an der Zoologischen Staatssammlung München und kehrt jedes Jahr nach Peru zurück. Heute leitet sie Panguana. Ihre Geschichte wurde von Werner Herzog unter dem Titel »Schwingen der Hoffnung« verfilmt.
Kurzbeschreibung
»Für mich war der Dschungel nie eine grüne Hölle, sondern der Ort, der mich am Leben hielt.« Es sollte der Beginn der Weihnachtsferien sein – und endete für 91 Menschen mit dem Tod: Flug 508, der am 24. Dezember 1971 über dem peruanischen Regenwald abstürzte. Nur die damals 17-jährige Juliane, die neben ihrer Mutter in der Maschine saß, überlebte. Zwei Jahre hatte Juliane mit ihren Eltern im Dschungel gelebt und alles über den Urwald gelernt. Mitreißend erzählt sie jetzt erstmals ihre eigene Geschichte: von dem Paradies ihrer Kindheit unter lauter Tieren. Davon, wie der tropische Regenwald für sie zur Schule des Überlebens wurde. Und wie sie heute als Biologin und engagierte Umweltschützerin hilft, dieses Wildreservat zu bewahren.
Meine Rezension
Juliane Koepcke ist 17, als sie mit ihrer Mutter an Heiligabend von einem Aufenthalt in Lima zurück in den Dschungel fliegt, wo die Familie gemeinsam lebt. Die Eltern sind Biologen und erforschen im abgelegenen Panguana die Flora und Fauna Perus. Trotz Warnungen nehmen sie einen Flug der berüchtigte Airline LANSA, weil sie zum Jahreswechsel zuhause sein möchten. Was sie nicht wissen: es ist der letzte Flieger, den die Airline überhaupt noch in Besitz hat und es ist ein maroder alter Kasten. Als sie in ein Gewitter geraten, passiert das Furchtbare: die Maschine stürzt ab und als Juliane aus ihrer Ohnmacht erwacht sieht es so aus, als wäre sie die einzig Überlebende – mitten im undurchdringlichen Dschungel Perus.
Das Blätterdach der Bäume ist derart undurchdringlich, daß es ihr sicheres Todesurteil wäre, auf Hilfe zu warten. Nachdem sie sich vergewissert hat, daß in ihrer Umgebung keine anderen Überlebenden sind, beginnt das junge Mädchen, sich irgendwie durchzuschlagen - in der Hoffnung darauf, an einen Ort mit Menschen zu gelangen. Dabei helfen ihr ihre Zeit im Dschungel und die Tips, die ihr ihre Eltern dort mit auf den Weg gaben…
Das Buch erzählt die bewegende Geschichte einer interessanten Familie: Da sind zuerst Julianes Eltern, Biologen mit Leib und Seele, die keine Mühen scheuen, ihr Ziel – als Zoologen in Peru zu arbeiten – zu erreichen. Zeitweise lebt Juliane mit ihren Eltern mitten im Dschungel – diese Erfahrungen werden später ihr Leben retten.
Sehr eindringlich und intensiv schildert Juliane das Gestern und auch das Heute. Sie schreibt aus heutiger Sicht über ihr Leben, verfällt aber immer wieder in Rückblicke, um den Absturz und die Zeit danach Revue passieren zu lassen.
Juliane Koepcke ist eine starke Frau, die sich nun nach 40 Jahren, endlich in der Lage sieht, die damaligen Geschehnisse, bei denen sie ihre Mutter verlor, zu Papier zu bringen. Sehr intensiv beschreibt sie die Momente des Absturzes und auch die Schilderung ihres langen Marsches zurück den Menschen. Die Gefühle, die sie empfindet, als sie die Suchmaschinen über sich kreisen hört und genau weiß, daß sie nicht von ihnen gesehen werden kann – das beeindruckt und berührt immens.
Doch mit ihrer Rettung ist ihr Weg noch lange nicht zu Ende: obwohl sie abgeschirmt wird, ist ein normales Leben kaum mehr möglich. Journalisten aus aller Welt lauern ihr auf und versuchen, irgendwie zu ihr zu gelangen.
Sie lebt erst in einer Art Kokon weiter: sie möchte doch nur irgendwie weitermachen und so weiterleben wie früher. Sie ist doch erst 17! Doch daß das nicht möglich ist, daß sie erst die Geschehnisse verarbeiten und vor allem auch um ihre Mutter trauern muß, wird ein schmerzlicher Erfahrungsprozeß für sie. Man hat das Gefühl, sie ist völlig überfordert mit der Situation und auch ihr Vater, der gerade erst die tote Mutter identifizieren musste, kann ihr noch keine Stütze sein.
Doch Juliane, die von ihrem Vater nach ein paar Monaten zu Verwandten nach Deutschland geschickt wird, um ein weitestgehend normales Leben führen zu können, geht ihren Weg: Sie studiert ebenfalls Biologie, um so das Vermächtnis ihrer Eltern bewahren zu können und Panguana als Reservat zu erhalten und zu beschützen.
Juliane Koepcke schildert ihr Leben, das ihrer Eltern und die Ereignisse um Weihnachten 1971 sehr eindringlich. Die Liebe, die sie trotz aller Vorkommnisse zu diesem Land hegt, ist auf jeder Seite spürbar. Mit diesem Buch, aber bereits auch mit der Dokumentation „Wings of Hope“ von Werner Herzog (ca. 1999) arbeitet sie endlich die Geschehnisse auf und man hat das Gefühl, sie kann nun auch besser mit der Frage „Warum ausgerechnet ich?“ umgehen, mit der sie im Laufe der Jahre von Angehörigen anderer Opfer, aber auch von Kollegen ihrer Mutter (und man hat das Gefühl, vielleicht sogar auch ein wenig von ihrem Vater, der den Tod der Mutter nie verwindet) konfrontiert wird.
Ein sehr eindrucksvolles, interessantes Buch, das durch den Bildteil noch abgerundet wird – mir hat es wirklich ausnehmend gut gefallen.