...und wie liest sich dieser Anfang?!

  • ... auf der Suche nach einer ehrlichen Meinung zu diesem Buch-Einstieg:


    Das Visier auf ihr Gesicht gerichtet, scheint die laute Wohnzimmeruhr plötzlich gar nicht mehr so laut zu ticken – als würde sie jede Sekunde stehen bleiben.
    Das Gewehr ist so schwer, dass der Schütze es nicht ruhig auf einem Punkt halten kann – 4,6 Kilo, die schwer auf ihm lasten. Ihre Augen sind weit aufgerissen, die Pupillen schreckerweitert vergrößert und blicken in das Ende des Gewehrlaufs; wie ein junges Rehkitz, das auf der Landstraße in den immer schneller herannahenden Lichtkranz blickt, bevor es jeden Augenblick ganz dunkel wird. Doch der Schütze hat keine andere Wahl. Sein fast schulterlanges, störrig gewachsenes Haar und auch seine unsäglich verhärteten Gesichtszüge spielen für sie keine Rolle mehr, als die Patrone die 600 mm Lauflänge des Gewehrs überwunden hat und sie direkt ins Herz trifft.


    ???? möchte man bei diesem Einstieg weiterlesen, oder erinnert er zu sehr an "die Skandal-Headline" in der Bildzeitung? Ich freue mich auf Kritik.

  • Ich würde eher nicht weiterlesen. Zum einen diese ganzen technischen Sachen spielen weder beim Täter, noch beim Opfer eine Rolle und dann ist mir das zuviel Beschreibung der Personen, die von der Handlung ablenkt.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Ich würde nicht weiterlesen - da der Text ganz einfach nur schlecht ist und keinerlei Spannung aufbaut. So, dann mal nächster Versuch.... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich würde wohl auch nicht weiterlesen. Vielleicht noch ein oder zwei weitere Absätze, um den Eindruck zu bestätigen, aber nicht mehr.


    Das scheint mir ein Versuch zu sein, eine in die Geschichte einführende Tötungsszene extrem verlangsamt darzustellen. Das kann man ja prinzipiell schon einmal machen. Der Begriff "Infodumping" trifft das Problem für mich nicht, denn nach meiner Interpretation geht es bei Infodumping darum, für die Geschichte relevante Information (wer ist mit wem verwandt? was macht jemand beruflich?) in einen Text zu verstreuen, ohne dass sie in die Szene passen (das berühmte "Show don't tell"). Das ist hier nicht so, denn Gewicht und Lauflänge des Gewehrs sind sehr wahrscheinlich vollkommen unerheblich für die weitere Handlung, sondern sollen hier durch die Detailgenauigkeit den Zeitlupen-Effekt verstärken.


    Das liest sich dann leider nicht so gut. Das könnte an der Erzählperspektive liegen, mal wird aus seiner Sicht erzählt, dann aus ihrer und da beide die genauen Details über das Gewehr nicht wissen werden, lässt das wiederum auf einen allwissenden Erzähler schließen. Auch das kann man machen, gibt dem ganzen aber keine richtige Struktur.


    Das wirkt tatsächlich etwas zu effekthascherisch, vor allem ist es als Effekt aber zu unoriginell, als dass es einen Leser wirklich packen würde. Das Bild der einfrierenden Uhr ist ein zu verbrauchtes Bild für eine solche Szene.


    Nur so als Idee, was wäre wenn man diesen Einstieg auf nur einen Satz reduzieren würde, wie z.B. auf den letzten:


    "Sein fast schulterlanges, störrig gewachsenes Haar und auch seine unsäglich verhärteten Gesichtszüge spielen für sie keine Rolle mehr, als die Patrone die 600 mm Lauflänge des Gewehrs überwunden hat und sie direkt ins Herz trifft. "


    Immer noch nicht perfekt, aber da wäre für mich schon genug Überraschungs- und Verwirrungseffekt für den Einstieg drin.

  • Äußerst komisch. Danke für den Lacher am verregneten Samstagmorgen.
    *Lachtränen abwisch*


    Ich weiß, es geschah unfreiwillig. Aber warum macht der Typ sich die Mühe, mit einer solchen Waffe die Wohnzimmeruhr zu erschießen? Ob das an seiner Frisur liegt? Scheint eine Art Punk zu sein, ich gebe aber zu, daß ich den Ausdruck 'störrig gewachsen' noch nie gehört habe, vo allem das Wort 'störrig' nicht. Ist das Dialekt?


    Die 'unsäglich verhärteten Gesichtszüge' sind leider ideal dazu geeignet, Lachstürme auszulösen.


    Eine Frage zum Schluß: wenn er das Gewehr nicht ruhig halten kann, wieso trifft er dann ins Herz? Glückstreffer?



    Kinder, ehe Ihr losschreibt, denkt mal ein bißchen über Wörter, Worte und das nach, wozu Sprache da ist.
    Sie kann alles, wenn man sie kann. Und nichts, wenn man sie nicht kann.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali


    Kinder, ehe Ihr losschreibt, denkt mal ein bißchen über Wörter, Worte und das nach, wozu Sprache da ist.
    Sie kann alles, wenn man sie kann. Und nichts, wenn man sie nicht kann.



    Aber ich bitte dich Magali..... :grin
    Um solche Nebensächlichkeiten können sich unsere angehenden Schreiberlinge nun wirklich nicht auch noch kümmern...... :lache :lache :lache :lache

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von magali
    Scheint eine Art Punk zu sein, ich gebe aber zu, daß ich den Ausdruck 'störrig gewachsen' noch nie gehört habe, vo allem das Wort 'störrig' nicht. Ist das Dialekt?


    Nö. Nur eine seltener angewandte Form, die sich aber sowohl im Duden als auch im Wahrig findet.

  • Zitat

    Original von Orchidee
    mehr so laut zu ticken – als würde sie jede Sekunde stehen bleiben.


    Wenn es eine tickende Uhr ist, bleibt sie auch jede Sekunde stehen und in der nächsten Sekunde macht sie einen Schritt weiter. Die Zeit, die sie stehen bleibt ist kürzer als eine Sekunde, aber vorhanden. "Da würde ich also eine andere Formulierung wählen.




    Zitat

    Das Gewehr ist so schwer, dass der Schütze es nicht ruhig auf einem Punkt halten kann – 4,6 Kilo, die schwer auf ihm lasten.


    Wiederholung. Würde ich umformulieren.





    Zitat

    Ihre Augen sind weit aufgerissen,



    Können Augen auch nicht weit aufgerissen sein? Das Adjektiv kann man sich quasi sparen.





    Zitat

    die Pupillen schreckerweitert vergrößert


    "weit" "erweiter" - Wiederholung. Vergrößeren sich Pupillen durch einen Schrecken? Oder hängt die Größe der Pupillen nur mit dem Lichteinfall oder Drogenkonsum zusammen?



    Zitat

    wie ein junges Rehkitz,


    Was wäre ein altes Rehkitz? Ist "junges Rehkitz" nicht ein Pleonasmus?
    Außerdem wird der Vergleich zu oft gebraucht. Der ist einfach schon etwas abgegriffen. Ebenso Wendungen wie "irgendwo bellte ein Hund" und "als hätte er meine Gedanken gelesen".



    Zitat

    störrig gewachsenes Haar


    Der Duden kennt tatsächlich "störrig". Es ist ein seltener gebrauchter Begriff für "störrisch".




    Zitat

    unsäglich verhärteten Gesichtszüge


    Darunter kann ich mir nichts vorstellen. Warum sind sie "unsäglich"?



    Zitat

    ???? möchte man bei diesem Einstieg weiterlesen, oder erinnert er zu sehr an "die Skandal-Headline" in der Bildzeitung? Ich freue mich auf Kritik.



    Ich würde nicht weiterlesen wollen. :wave

  • Man muss leider immer wieder feststellen, dass die Wörter "Autorin" und "Autor" keine "geschützten" Begriffe sind. Jede/jeder darf sich ihrer bedienen. :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Der Text ist überdramatisiert.
    Die Autorin hat hier versucht, etwas ganz besonders Anspruchsvolles zu schreiben: Eine Szene, bei der der Betrachter/ Leser sowohl durch die Augen des Opfers schaut, als auch durch die des Täters und gleichzeitig noch im Raum schwebt und das Drumherum erlebt.
    Das ist grandios in die Hose gegangen.
    Durch das wilde hin und her interessiert die erschossene Figur nicht mehr als die Uhr, die Frisur des Schützen bleibt mir so egal wie die Waffe.


    Mein Tipp wäre: Fang deine Schreiberei nicht mit einer derart komplizierten Perspektive an, an der selbst beste Autoren gerne scheitern. Am Anfang würde ich einen personalen Erzähler wählen: Die Perspektive einer Figur (die können wechseln, dann aber nicht mitten im Absatz), das konsequent durchgesetzt.
    Damit üben.


    Kleine Schritte. Wenn jemand backen lernen will, backt er auch nicht zu allererst eine abstrakte Torte mit fünf schrägen Ebenen. Das ergibt Matsche.

  • Das Hauptproblem dieses kurzen Abschnittes sind die wirren und völlig durcheinander geratenen Perspektiven.


    Man weiß nie, wer einem gerade welche Information zukommen lässt und es ist unmöglich, in irgendeiner Weise Stellung zu beziehen. Der Text ist wie ein verheddertes Wollknäuel.


    Du solltest dir zuerst einmal überlegen, wer denn die Geschichte erzählt und welche Rolle der Leser dabei bekommen soll. Ist er Beobachter? Soll er sich mit einer Figur identifizieren können?


    Erst wenn du das für dich klar bekommen hast, kannst du die Geschichte erzählen. Ansonsten ist der Text konfus und lässt Leser völlig verwirrt zurück.


    Es liest sich im Übrigen, als sei die Uhr der Mittelpunkt/Perspektivträger des Geschehens.


    Gruß,
    Melle

  • Voltaire


    :grin



    Bouquineur


    danke, ich habe auf regionalen Gebrauch getippt. Ich kenne nur störrisch, 'störrig gewachsen' ist aber gewagt.



    @all


    ich fürchte, der Thread wird bald gelöscht, weil die Threaderstellerin zu wenig Beiträge hat.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Mulle


    Kleine Schritte. Wenn jemand backen lernen will, backt er auch nicht zu allererst eine abstrakte Torte mit fünf schrägen Ebenen. Das ergibt Matsche.


    Es gibt Torten mit schrägen Ebenen? :gruebel



    @Topic: Ich mag generell nur sehr selten Perspektivwechsel, aber hier wechselt die Perspektive ja sogar innerhalb des Satzes, oder wird tatsächlich die Uhr angeschossen? :wow


    Ich möchte aber mal positiv vermerken, dass Rechtschreibung und Grammatik gut sind! Zweimal hintereinander würde ich jedoch nicht mit einem Gedankenstrich ( - ) arbeiten.

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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