Tramitz, Christiane - Himmelsspitz

  • ==Alpenkrimi vs. Drama==


    Hallo lieber Leser, liebe Leserin.


    ===Einleitung===
    Heute möchte ich einen Alpenkrimi „Himmelsspitz“ vorstellen, der im Juli 2011 auf den Markt gekommen ist. Der Klappentext versprach eine individuelle Spannung, die in meinen Augen weniger mit einem Krimi zu tun hat. Wie mir das Buch am Ende gefallen hat, lest selbst.


    ===Buchdaten===
    Autor: Christiane Tramitz
    Titel: Himmelsspitz
    Verlag: Gmeiner
    Erschienen: 07 / 2011
    ISBN-10: 3839211824
    ISBN-13: 978-3839211823
    Seiten: 277
    Einband: TB
    Kosten: 9,90€
    Serie: -


    ===Autor/in===
    Christiane Tramitz wurde 1959 in München geboren und studierte Sprechwissenschaften. Sie promovierte an einer Forschungsstelle für Humanethologie. Später beschäftigte sie sich in vielen Sachbüchern und Fachartikeln mit dem Verhalten des menschlichen Individiums. „Himmelsspitz“ ist ihr erster Roman.


    ===Zitierter Klappentext===
    Hamburg, Mitte der 60er. Isabel macht sich Sorgen um ihre achtjährige Tochter Lea, die schlafwandelt und von heftigen Alpträumen geplagt wird. Die Ärzte raten zu einem Urlaub in den Bergen. Zusammen mit Isabels Lebenspartner Horst machen sich Mutter und Tochter auf den Weg nach Fuchsbichl, einem kleinen Dorf in den Ötztaler Alpen, das am Himmelsspitz gelegen ist. Diesen Berg hat Lea im Fotoalbum ihrer Mutter entdeckt. Doch die Reise wird für die Familie zu einer harten Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die auf mystische Weise mit dem Schicksal der Fuchsbichler Bergbauern verwoben ist. Sie stoßen auf Missgunst, dunkle Geheimnisse, zerbrochene Beziehungen und tödliche Gewalt.


    ===Meine Meinung===
    Krimis sind immer wieder schön zu lesen. Als Fan von alten, klassischen Krimis, ist es nicht unbedingt leicht mich mit einem Kriminalroman zu überzeugen. Dieser wirkte trotz Genre-Hinweis durch seinen Klappentext individuell, was mich persönlich schon neugierig machte.


    Hamburg, Mitte der 60er Jahre. Die 8jährige Tochter Lea von Isabel ist momentan in einer komischen Phase. Sie plagen Alpträume, sie lebt in einer Phantasiewelt und ihre Gedanken drehen sich um einen bestimmten Berg. Als Isabel den Rat von einem Psychologen bekommt mit ihrer Tochter zum besagten Berg zu fahren, plant sie den gesamten Sommerurlaub dort ein. Für sie ist es ein Urlaub, der sie an ihre große Liebe und Leas Vater erinnert.
    Alpen, Mitte der 40er Jahre. Ein kleines Dorf wird von vielen Tragödien heimgesucht und von einem einzelnen Mann tyrannisiert. Dieser schreckt nicht mal davon zurück die große Liebe seiner eigenen Tochter zu verjagen, als diese von ihm ein Kind erwartet. Als einige Jahre später dieser Sohn spurlos verschwindet, ahnt jeder, dass er damit etwas zu tun hat.


    Das Erste, was dem Leser auf den ersten Seiten auffällt, sind die verschiedenen Sprünge von Zeit und Schauplatz. Einerseits befindet sich der Leser in den 60er Jahren und begleitet Isabel und ihre Familie auf der Reise von Hamburg in die Alpenregion. Neben dieser Situation wird der Leser immer wieder mittels Rückblenden über ihre große Liebe und die Entstehung von Lea informiert, die in den 50er Jahren stattgefunden hat. Auf der anderen Seite befindet man sich in einem kleinen Bergdorf mitten in den Alpen in den 40er Jahren. Dort erfährt man nach und nach die gesamten Hintergründe, und wie diese mit Isabel und Lea zusammenhängen. Am Anfang bekommt man den Hinweis zu den unterschiedlichen Zeiten. Im Anschluss muss der Leser jedoch selbst herausfinden, welche Zeit gerade aktuell ist und wo man sich befindet. Was anfänglich noch sehr verwirrend erscheint, einfach weil die Zusammenhänge fehlen, wird es schnell zu einem abgerundeten und logischen Bild.


    Der Großteil des Krimis spielt in den 40er Jahren in der Alpenregion. Typische Ausdrücke, wie „Kimm“ statt „Komm“ und typische Namen sind passend gewählt. Man versteht ohne Probleme was die Autorin sagen will und kann sich trotz der ungewöhnlichen Namen jeden Protagonisten vorstellen. Hier merkt man auch wie detailliert sich Christiane Tramitz mit den einzelnen Charakteren beschäftigt hat. Liebevoll, lebendig gibt sie jeder Figur eine eigene Note. Manche wirken total sympathisch, andere sind der Teufel persönlich. Ohne Probleme konnte ich die Gedanken und Handlungen nachvollziehen und mich in die Charaktere hineinversetzen.
    Was mir bei den Charakteren noch sehr gut gelang, war zu Beginn des Buches eine kleine Herausforderung. Einfach weil zu schnell, zu viele Namen eingeführt wurden. Erst nach und nach bekam ich einen guten Überblick. Dieses kleine Manko erschwerte auch den Schauplatz in den Alpen. Oft wurde von einem Hof zum anderen erklärt und mit den Wechseln der Perspektive kam kein rechtes Bild über den Aufbau der Ortschaft zu Stande. Bis zum Schluss war der Ort eher verschwommen. Nichtsdestotrotz minderte dies nicht mein Lesevergnügen.


    Beklemmend beschreibt die Autorin die einzelnen Schicksale der unterschiedlichen Protagonisten. Trotzdem fragte ich mich stets was diese Handlung mit einem Krimi zu tun hat. Für mich ist ein Krimi eben immer mit einem Mord und einem Ermittler verbunden. Beides ist hier nicht vorhanden. Zwar wird immer wieder ein Verbrechen bzw. Unglück angekündigt, aber worum es genau geht, erfährt der Leser erst auf den letzten Seiten des Buches. Auch wenn das Buch in meinen Augen mehr mit einem Drama als mit einem Krimi zu tun hat, konnte ich das angefangen Werk nicht mehr aus der Hand legen. Man möchte erfahren, welche Verbindung zwischen Isabel und dem Dorf besteht, warum Lea stets solche Träume hat und was damals genau vorgefallen ist. Mit diesen Fragen baut die Autorin gekonnt eine kontinuierliche Spannung auf und kann sie in meinen Augen bis zum Schluss aufrecht erhalten. Einige Punkte bleiben zwar am Schluss offen, aber es sind keine relevanten Aspekte, sondern nur einige mysteriöse Dinge, die sich um Leas Vater drehen. Dies fällt jedoch nur auf, wenn man den Roman sacken lässt und noch einmal darüber nachdenkt. Bis auf diese kleine Manko ist die eigentliche Handlung komplett und logisch abgeschlossen. Es ist nichts, was man unbedingt wissen muss und daher hat es mich auch nicht wirklich gestört.


    Neben der Spannung ist für einige Leser auch ausreichend prickelnde Erotik eingebaut. In wenigen Worten wird des öfteren auf Liebesakt und die Bedürfnisse eingegangen. Es passt in die Handlung hinein und wirkt nicht vulgär. Es ist in einem angemessenen Verhältnis eingebaut.


    Auch der historische Aspekt in Bezug auf die 40er Jahre empfand ich als grandios umgesetzt. Man erfährt viel über das Leben in einem Bergdorf zu dieser Zeit. Die schwere Arbeit, die Menschen, die Einstellung und das allgemeine Leben. Es ist interessant, aber wird nicht bis ins kleinste Detail geschildert. Dadurch wird die Geschichte nicht trocken oder sachlich.


    Nachdem ich das Buch angefangen und in einem Zug durchgelesen habe, war ich hellauf begeistert. Es gibt zwar einige winzige Mankos, die dem Lesevergnügen jedoch in keinster Weise schaden. Im Gegenteil, meine anfängliche Skepsis bezüglich des Krimis wurde in absolutes Gefallen umgewandelt. Daher kann ich das Buch auch ohne Einschränkung empfehlen.


    ===Bewertung===
    Spannend, individuell mit einem leichten historischen Hauch kommt der erste Roman von Christiane Tramitz daher. Ein fast perfekter Schluss, kontinuierliche Spannung, gelungene Perspektiv-Wechsel überzeugen den Leser, sodass kleine Mankos wie der verschwommene Ort und manches Unverständnis zu Leas Vater untergehen. Für mich fünf Sterne.


    Pro: authentisch, Stil, Spannung, individuell
    Contra: verschwommener Ort


    Danke fürs Lesen und Bewerten. Freu mich über Lob / Kritik, also her mit Kommentaren.


    Eure Sarah

    Buch-Blog


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  • Viel hatte ich mir nicht erwartet, obwohl die Inhaltsangabe interessant klang... Denn seit einiger Zeit wird die Krimilandschaft von "regionalen" bzw Alpen-Krimis geradezu überschwemmt. Und es ist so viel Unnötiges dabei, dass ich sehr vorsichtig an solche Bücher herangehe. Dieses Buch wurde mich jedoch von jemandem empfohlen, auf deren Urteil ich gerne höre. Und ich wurde wirklich nicht nur angenehm überrascht. Ich war begeistert. Dieser Krimi ist hervorragend.


    Die Stimmung ist anfangs recht geheimnisvoll, fast mystisch. Im Laufe des Romans löst sich das lange zurückliegende Rätsel auf. Ich konnte beim Lesen so richtig mitfiebern und es fiel mir schwer, das Buch zwischendurch aus der Hand zu legen. Die Autorin lässt keinen Leerlauf aufkommen und schafft es perfekt, die Vergangenheit und Zukunft im Roman zu verknüpfen. Es gibt keine Brüche, keine Ungereimtheiten und einen völlig logischen und akzeptablen Schluss, ohne dass er kitschig ist.
    Die Charaktere sind fein ausgearbeitet, die Handlung nachvollziehbar, die Spannung gut dosiert. Die Beschreibungen der Landschaft und des kargen bäuerlichen Lebens ist so gelungen, dass man sich zeitweise in einen Film versetzt fühlt und glaubt, das Geschilderte vor sich zu sehen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde