Kinder von den Sternen - Emmanuel B. Dongala

  • Originaltitel: Les petits garçons naissent aussi des etoiles


    Klappentext:
    Matapari ist Drilling und kommt, beinahe vergessen im Bauch seiner Mutter, zwei Tage später zur Welt als seine beiden Brüder: am 20. Jahrestag der Unabhängigkeit seines Heimatlandes in Zentralafrika. Frech und umwerfend komisch erzählt der 15jährige Matapari von den Verwicklungen, die sich daraus ergeben und die Familiengeschichte auf das engste mit den politischen Ereignissen verknüpfen. Obwohl der Roman - zeitlich die Jahre 1980 bis 1995 umfassend - über große und ernste Themen spricht, geschieht dies mit Leichtigkeit und Charme. Dongala erzählt von afrikanischen Jugendlichen, die sich wie überall auf der Welt für Computer interessieren und für die neueste Jeansmode. er erzählt von Überlebenskünstlern, die mit Erfindungsgabe und Einfallsreichtum ihren Weg suchen in einer sich rasant verändernden Welt, die sich herumschlagen mit den grotesken Auswüchsen eines überkommenen Kommunismus, mit der "Wende" auf afrikanisch.


    Über den Autor:
    Emmanuel B. Dongala wurde 1941 in Alindao (Zentralafrika) geboren und wuchs in Kongo-Brazzaville auf. Er studierte in Frankreich und in den USA Chemie und war Professor für Molekularchemie an der Universität von Brazzaville. Als der Bürgerkrieg ausbrach, fand Dongala 1998 dank der Hilfe des bekannten amerikanischen Autors Philip Roth in den USA Asyl, wo er seitdem Chemie und afrikanische Literaturwissenschaft lehrt. Seine Kurzgeschichten - z.B. Palmwein, in der Anthologie Mondfrau (Peter Hammer Verlag 1998) veröffentlicht - und seine Romane haben Dongala literarischen Ruhm eingebracht. Für Kinder von den Sternen erhielt er den renommierten Preis "Tremoin du Monde" von Radio France Internationale.


    Meine Eindrücke:
    Matapari ist fünfzehn und erzählt seine Geschichte, die seiner Familie und seines Landes, der Volksrepublik Kongo, seit 1991 Republik Kongo. Sein Vater ist, wie schon der Großvater, ein angesehener Lehrer an der Dorfschule, die Mutter betreibt einen kleinen Handel auf dem Markt, um das Lehrereinkommen aufzubessern. Beide sind gebildet, Bücher und Wissen sind wichtig in ihrem Haushalt, in dem es oft nur eine einzige Mahlzeit am Tag gibt. Der Großvater ist eine wichtige Bezugsperson für Matapari und dann ist da noch Onkel Boula Boula, ein ehemaliger Boxer, klug, redegewandt und immer auf der Gewinnerseite. Er schafft es mit einem erfundenen Doktortitel aus der DDR und flammenden Reden zum zweitwichtigsten Mann im Staat neben dem kommunistischen Führer des Landes aufzusteigen. Staunend verfolgt Matapari, was da geschieht, und ist auch bei der beginnenden Demokratisierung des Landes Anfang der 1990er Jahre hautnah dabei. Onkel Boula Boula stürzt im freien Fall (um wie immer auf den Füßen zu landen und aus der neuen Situation das Beste zu machen), der Vater landet wegen seiner Forderung nach Demokratie und Mehrparteiensystem im Gefängnis, die Mutter kämpft mit Matapari für seine Freilassung, immer mehr Menschen gehen auf die Straße und erzwingen schließlich Veränderungen.


    Die Figuren sind liebevoll ausgedacht und gezeichnet, selbst Onkel Boula Boula ist liebenswert. Mataparis Familie ist ideal für einen Heranwachsenden: Der naturwissenschaftlich begeisterte Vater ist ein leuchtendes Vorbild für den Jungen und verfügt über eine bemerkenswerte politische Weitsicht. Die Religiosität der Mutter wird respektiert. Während des Umsturzes zeigt sich, dass auch in der Mutter eine Kämpferin steckt. Mataparis Brüder (ohne ihn Zwillinge, mit ihm Drillinge) sind eine wunderbare Angriffsfläche zum Kräftemessen, der Großvater ist ein weiser Ratgeber. Mir erscheint das ein wenig zu ideal; dennoch sind die Figuren bestens dafür geeignet, die Historie des Landes zu illustrieren. An einigen Stellen passt die Naivität des Erzählers für meine Begriffe nicht ganz zu einem Fünfzehnjährigen, andererseits musste ich hier und da lächeln und auch das eine oder andere googlen. Der Erzählton macht das Buch leicht und flüssig lesbar, auch wenn es um Themen wie den Umgang mit politischen Gefangenen, den Größenwahn von Politikern, über Armut auf der einen und Überfluss auf der anderen Seite geht.


    Ein Buch ohne großen Spannungsbogen, nett zu lesen, lesenswert für Leute, die sich für die jüngere Geschichte des Landes in Zentralafrika interessieren.