Adrian Mayfield - Auf Leben und Tod (Floortje Zwigtman)

  • ACHTUNG An alle, die die ersten beiden Teile der Adrian-Mayfield-Trilogie ("Ich, Adrian Mayfield", "Adrian Mayfield - Versuch einer Liebe") noch nicht gelesen haben, es aber noch vorhaben: Diese Rezension ist nicht spoilerfrei, da sie direkt an das Ende des 2. Teils anschließt.


    Inhalt


    Nach einer Wartezeit von fast zwei Jahren erschien nun endlich der letzte Band der Trilogie um Adrian Mayfield, der direkt an den zweiten Band der Reihe anknüpft.. Floortje Zwigtman zeigt auf über 600 Seiten, wie die Liebe des einfachen Jungen Adrian Mayfield zu Vincent Farley, einem Mann aus besserem Hause endet und welche Folgen die Wilde- Prozesse auf das Leben der beiden haben.


    Adrian Mayfield steht vor den Trümmern seines Lebens. Nachdem Vincent Farley ihn aufgrund seiner Vergangenheit als Stricher aus dem Haus geworfen hat, sinnt der Junge auf Rache. Verletzt, allein und hasserfüllt will er alles daran setzen Vincent Farley zurück zu gewinnen. Dabei scheint ihm jedes Mittel Recht, insbesondere als er mitbekommt, dass sich Vincent mit dem Gedanken trägt, die unschuldige Octavia Webb zu ehelichen. Dank des Strichjungen Nettles stolpert Adrian über Lady Kinderly, die in Wirklichkeit ein tuberkulosekranker Mann ist. Ihr Pfleger Chris soll bei Vincent einbrechen, um die etwas expliziteren Skizzen und Briefe zu stehlen, bevor Adrians ehemaliger Liebhaber sie vernichten kann. Der Diebstahl gelingt, doch Lady Kinderly plant mehr mit den Bildern und will sie ausstellen lassen, um dem Ruf der Farleys zu schaden. Adrian ist einverstanden und beschließt mit ihr zusammenzuarbeiten, verbindet ihn mit Lady Kinderly doch ein ähnliches Schicksal.


    Schon wenige Tage später entdeckt Adrian, dass die Lady, zusammen mit Chris und der kleinen Eliza (auch ein kleiner Junge) einem richtig teuflischen Geschäft nachgeht - sie entführt kleine Kinder, um sie in Paris an Bordelle und reiche Herrschaften zu verkaufen. Adrian ist zwar entsetzt und will nichts mit einer solchen Bande zu tun haben, doch als Vincent mit Octavia nach Paris aufbricht, um dort um die Hand des Mädchens zu bitten, steht für Adrian fest, dass er unbedingt ebenfalls in die französische Hauptstadt fahren muss, um den Antrag zu verhindern. Dass es Lady Kinderly ist, die er zusammen mit drei entführten Kindern, begleitet, stört anfangs Adrian nicht. In Paris angekommen lernt er den amerikanischen Journalisten McBride kennen, der sogar seine Mutter für eine gute Story verkaufen würde. Mit ihm als ewigen Schatten, lernt Adrian nicht nur Paris kennen, er begegnet auch Augustus Trops und Bosie wieder, die nach Frankreich geflohen sind. Trops ist glücklich Adrian zu sehen, jedoch umso entsetzter als er erfährt, dass Vincent ihn verlassen hat. Er bietet ihm seine Unterstützung an, insbesondere als herauskommt, dass Adrian gezwungen war sich selbst zu prostituieren. Adrian sieht seine Chance die drei Kinder aus den Fängen der Lady zu befreien und er bittet Trops um Hilfe. Tatsächlich gelingt die Rettungsaktion, wenngleich Adrian danach noch tiefer in Probleme rutscht, ist die Lady doch überhaupt nicht begeistert, dass ihre Einnahmequelle verschwunden ist.


    Sie beschließt mit Adrians unfreiwilliger Hilfe Vincent zu erpressen. Adrian erhält dafür sogar die Gelegenheit mit Vincent zu sprechen und tatsächlich scheint sich alles zum Guten zu wenden. Vincent willigt ein, die geforderten 400 Pfund zu zahlen. Als er sich nicht daran hält und mit Victoria aus Paris zurück nach London flieht, fühlt sich Adrian erneut verraten und fallengelassen. In blindem Hass und Zorn scheint ihm jedes Mittel Recht zu sein, Vincents Beziehung zu ihm öffentlich zu machen - zu einer Zeit der Wilde-Prozesse der Todesstoß für die Farleys. Während Vincents Bruder Stuart alles unternimmt, um den Schein zu wahren und die Hochzeit zwischen Vincent und Octavia Webb vorantreibt, entscheidet sich Adrian, beeinflusst von Lady Kinderly, alles zu riskieren. Als Frau verkleidet soll er auf einem Ball der Farleys auftreten und Vincent dort öffentlich demaskieren. Adrian, durch eine seltsame Krankheit (die er für Tuberkulose hält) geschwächt und geistig fast vollständig wahnsinnig, lässt alles mit sich geschehen. Sein einziges Ziel scheint zu sein, mit Vincent zusammen an seiner Liebe zu ihm zu zerbrechen. Doch er rechnet nicht mit Stuart und seinem Diener Palmtree, die unterdessen nicht einmal mehr vor einem Mord zurückschrecken, um die Beziehung zwischen Adrian und Vincent zu verheimlichen...


    Eigene Meinung:


    Der letzte Band der Trilogie ist nicht nur um knapp 150 Seiten länger, er ist auch wesentlich dramatischer und fanatischer, als die vorherigen Bände. Was sich zu Ende des zweiten Bandes bereits angekündigt hat, nimmt nun einen Großteil der Handlung ein. Adrians Hass und Rache bestimmen fast 500 Seiten der Geschichte. Es wird gezeigt, wie tief Vincent Adrian eigentlich verletzt hat und welche Opfer Adrian bringen will, um Vincent schlussendlich zu demaskieren. Dass er in dieser Zeit weder logisch handelt, noch sich von seinen Freunden oder seine Familie helfen lässt, zeigt nur wie sehr er Vincent eigentlich geliebt hat. Adrian gerät für einige Monate vollkommen auf die schiefe Bahn, kann bald nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden und scheint das meiste eher wie einen wahnsinnigen Fiebertraum zu erleben.
    So schwer seine Handlungen nachvollziehbar erscheinen - sie passen zu Adrian, der schon vor der Trennung durch Vincent bedingungslose Liebe erwartet hat und von einem sicheren Leben träumte. Erst gegen Ende des Bandes entwickelt sich Adrian weiter, reift an den Ereignissen (insbesondere als seine Familie herausfindet, dass er homosexuell ist) und findet wieder zurück ins Leben.


    Vor dem Hintergrund des letzten Wilde-Prozesses und dem öffentlichen Hass gegenüber Homosexuellen, erzählt Floortje Zwigtman das mitreißende Ende einer Geschichte, voller Dramatik, Hass und Rachsucht. In einigen Punkt ist die Handlung zwar nur schwer nachvollziehbar, da Adrian in ein solch tiefes Loch stürzt, dass ihn die Ereignisse fast vollständig zu einer anderen Person machen, dennoch passt es zu der Zeit und den Figuren.


    Es gelingt der Autorin neue interessante Persönlichkeiten (Lady Kinderly, Octavia Webb, Marthe) einzuführen, ohne dass sie auf alte Bekannte verzichtet. Nahezu jede Figur, ob historisch oder nicht, erhält noch einmal einen kleinen Auftritt, seien es nun Oscar Wilde, Bosie, Aubrey Beardsley oder Augustus Trops. Nicht nur Adrian entwickelt sich im Laufe der Geschichte weiter, auch Vincent, Augustus Trops und Adrians Familie sind gezwungen ihre Prinzipien zu überdenken und zu ändern.
    All das macht Adrian Mayfield - Auf Leben und Tod" zu einem gelungenen Abschluss der Trilogie. Zusammen mit dem blumigen, mitreißenden Schreibstil der Autorin, die einmal mehr die damalige Zeit und die Figuren real werden lässt, ist der Abschlussband von Adrian Mayfield" ein Muss für jeden Fan der Reihe. Floortje Zwigtman schafft ein mehr als gelungenes, nachvollziehbares Ende, dass ein wenig an E. M. Fosters Maurice" erinnert und obgleich es einige Längen gibt, lässt sich der Roman gut und schnell lesen.


    Insgesamt ist Adrian Mayfield - Auf Leben und Tod" ein guter, solider Abschluss der Reihe, der zwar nicht ganz an Band 1 herankommt, jedoch dank der letzten Seiten und des Epilogs (in meinen Augen das Highlight der Geschichte) wesentlich spannender und besser ist als der zweite Band. Fans der Reihe sollten sich den Abschluss der Adrian Mayfield- Trilogie nicht entgehen lassen. Wer neugierig geworden ist, außergewöhnliche schwule Literatur sucht oder einfach nur ein Fan der Zeitepoche und Oscar Wildes ist, sollte sich diese Reihe nicht entgehen lassen. Selten wirkte ein Portrait des 19. Jahrhunderts so lebendig und Oscar Wilde so nah, wie in Floortje Zwigtmans Trilogie. Unbedingt lesen!

  • Die Geschichte


    Adrian ist am Boden zerstört: Vincent Farley, seine große Liebe, hat ihn aus seinem Haus und seinem Leben verbannt! Und Adrian kann nur noch an Rache denken, die Vincents neues vorgetäuschtes normales Leben mit einer Frau zerstören soll.
    Doch in London wird es für den Achtzehnjährigen immer gefährlicher, da die Prozesse um Oscar Wilde immer mehr an Bedeutung gewinnen und die gegnerische Seite alles für ihren Sieg tun wird, auch wenn sie dafür Zeugen unter Druck setzen oder bezahlen müssen. So schwebt Adrian ständig in der Gefahr von den Häschern des Marquis gefangen zu werden, da auch er einiges gegen den „Sodomiten Oscar“ zu erzählen hätte.
    Aber genau im richtigen Moment erhält er das Angebot, einer eher zweifelhaften Dame, sie nach Paris, der Stadt seiner Träume, zu begleiten, um ihr wegen ihrer Gebrechen während einiger Geschäfte zu helfen. Doch dass diese Geschäfte weit außerhalb der Legalität liegen, befand sie für nicht wichtig zu erklären.
    In Paris taucht dann auch noch ein amerikanischer Journalist auf, der sich für Adrians Lebensgeschichte interessiert, und einige aus London Geflohene, unter denen sich auch Vincent befindet. Und Adrians Racheplan nimmt Formen an, die ihn jedoch beinahe unter der Erde landen lassen.


    Meine Meinung


    Wie es sich für das Finale einer Buchreihe gehört, kommt es in „Adrian Mayfield – Auf Leben und Tod“ zu den alles entscheidenden Wendungen. So kommt es in der Beziehung zwischen Adrian und Vincent zu einer endgültigen Entscheidung, die Wilde-Prozesse finden ihr Ende und Adrians Verhältnis zu Freunden und Familie wird gestärkt, aber auch gelöst.
    Überhaupt dreht sich dieser abschließende Band im Hintergrund hauptsächlich um Adrians Selbstfindung. Denn er strebt nach Vergeltung für Vincent, hegt aber immer noch Gefühle für ihn. Er kommt sogar in der Hinsicht ins Schwanken, ob er wirklich nur mit Männern eine Beziehung eingehen kann. Dieses ständige Zweifeln hat die Autorin sehr stark ausgebaut und es kommt das gesamte Buch über in Gedanken, Träumen und Wutausbrüchen zum Ausdruck. Doch wird dadurch die aktive Handlung keineswegs abgeschwächt, eher im Gegenteil: So erkennt man eine stete Weiterentwicklung, welche zu einem wirklich unerwarteten Ende führt.
    Die vielen Charaktere, die sich mit der Zeit um Adrian herum gesammelt haben, ziehen die Geschichte immer wieder in eine vollkommen andere Richtung, was die Autorin aber komplett „unchaotisch“ dargestellt hat. So befindet sich Adrian mal in verdreckten Kellern und Kneipen, im Gerichtssaal und in der Redaktion, mal in Pariser Pensionen und Vergnügungshäusern. Somit ist dieser Band meiner Meinung nach der vielseitigste der Reihe, da nichts mehr an London oder das Café Royale gebunden ist.
    Ein besonderer Genuss ist auch der Epilog, ein ausgedehnter Brief von Vincent viele Jahre nach dem Ende der Handlung, der seine Motive eindringlich erklärt.


    Fazit


    Insgesamt ist der dritte Teil der Adrian Mayfield Trilogie für alle zu empfehlen, die auch schon in den ersten beiden Teilen mit dem Protagonisten mitgelitten und nun gespannt auf das Ende gewartet haben, das noch viele Überraschungen bereithält.

  • Die Rezis habe ich nun beide nicht gelesen, da ich noch recht am Anfang bin bei Band 1. Habe mir die Trilogie neulich auf Empfehlung zugelegt und was ich bisher gelesen habe, war richtig, richtig gut.

  • Für alle, die die Trilogie gelesen haben und ein bisschen mehr über die Autorin, Adrian und die Enstehung der Geschichte erfahren möchten, sollten einen Blick auf das Interview werfen, dass ich letzte Woche mit der Autorin geführt habe. Sie ist sehr nett und hat einige Einblicke in ihr schriftstellerisches Dasein gegeben:


    http://vee-jas.de/Like/floortje.html

  • Das Interview werde ich mir mal vormerken. Momentan habe ich wegen Augen-OPs leider Lesepause und bin auch nicht mehr sehr viel weitergekommen mit Band 1. Aber sobald es wieder klappt mit dem Lesen, mache ich mich gleich wieder drüber her.


    Eventuelle Tippfehler möge man mir verzeihen.

  • Ich muss sagen, mit dem Band habe ich mir doch schwer getan. Ich habe es ein paar Jahre lange "gehortet", einerseits, weil ich es als relativ sicheren Tipp betrachtet habe, aber auch, weil ich ein wenig Bammel davor hatte, weil es doch weit dicker als die ersten beiden war. Hatte ich den richtigen Instinkt?


    Mein Problem mit diesem Buch, abgesehen davon, dass es mir zu lang mit zu viel für mich sinnloser Handlung war, war dass ich mit Adrian und seinen Handlungen überhaupt nicht mehr klar gekommen bin.


    Der beste Teil, fand ich, war der Epilog, Vincents Brief.