Lieber Mischa: Du bist ein Jude - Lena Gorelik

  • Kurzbeschreibung


    Lena Gorelik gehört der neuen Generation junger Juden in Deutschland an, die sich über ihre Zukunft, nicht über ihre Vergangenheit definieren wollen. Dazu passt perfekt, dass sie gerade Mutter geworden ist: In ihrem neuen Buch erklärt Lena Gorelik ihrem Sohn nicht nur präventiv, wie er sich später einmal ihrer mütterlichen Fürsorge entziehen kann. Sondern auch, warum bei Festen immer viel geweint wird, obwohl seine Eltern nicht gläubig sind. Warum sein Großvater lieber Sudokus macht als in der Thora liest. Warum er auf seine Nase und seine Ohren stolz sein kann. Wie er die Weltherrschaft erlangt, auch wenn er kein Rothschild ist. Wie er es auf die Liste der 10 coolsten Juden der Welt schafft und wie er sich Leute charmant vom Leib hält, die mit Leuchten in den Augen sagen: Waas, du bist wirklich Jude?!


    Über den Autor


    Lena Gorelik, geboren 1981 in Sankt Petersburg, kam 1992 mit ihrer russisch-jüdischen Familie als "Kontingentflüchtling" nach Deutschland.
    Bisher hat sie zwei Romane veröffentlicht (Meine weißen Nächte und Hochzeit in Jerusalem) und ein Buch über ihre Geburtsstadt, Verliebt in Sankt Petersburg. Die Süddeutsche Zeitung attestierte ihr, "dass junge deutsche Literatur sowohl Leichtigkeit als auch Tiefe besitzen kann".
    Lena Gorelik wurde mit dem Bayerischen Kunstförderpreis, dem Ernst-Hoferichter-Preis der Stadt Bad Homburg ausgezeichnet. Hochzeit in Jerusalem war für den Deutschen Buchpreis 2007 nominiert.
    Sie lebt mit Mann, Sohn und Hund in München.



    Meine Meinung


    Als erstes bin ich mir nicht sicher, ob dieses Buch in die Rubrik Belletristik fällt, wenn nicht, bitte verschieben.


    Lena Gorelik schreibt einfach wunderbar (wie auch schon bei ihren anderen Büchern), humorvoll, ironisch und spannend. Sie erklärt ihrem Sohn Mischa (...der du fast Schlomo Adolf Grinblum geheissen hättest, es tut mir so leid, dass ich dir das nicht ersparen konnte: Du bist ein Jude), dass Jüdischsein in ihrer Familie, im allgemeinen und in Deutschland.
    Die Inhaltsangabe spricht für sich:
    Die Top Ten der antisemitischen Vorurteile: Warum sie wahr sind
    Lieber Mischa
    Oj vej
    Wie wir beim Feiern leiden
    Unser Hund, der Rabbi
    Wie ich keine jüdische Mutter geworden bin
    Natürlich darfst Du heiraten, wen Du willst, aber...
    Warum Du noch ein bisschen klüger bist als die anderen
    Die zehn coolsten Juden der Welt usw.


    Es gibt immer wieder Randnotizen zu einem Thema und dazu noch ein Kommentar zum Kommentar. :grin


    Dieses Buch macht einfach Spass. Ihr unverkrampfter Umgang mit dem "Jüdischsein". Ich musste so oft laut lachen und war froh, dass ich dabei zuhause war.
    Ich gebe diesem Buch 10 Punkte und wünsche ihm viele Leser.


    Edit: Fehler gefunden

  • Herzlichen Dank für diese sehr schöne Rezi. Selbst eingedenk eines kaum noch zu bewältigenden SUB habe ich mir den Titel mal notiert. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Oh nein, mein armes Geldbeutel! Aber nach dieser tollen Rezension kann ich auch nicht "nein" sagen ... :wave


    Die Eulen sorgen schon dafür, dass die Geldbeutel nicht unter Fettleibigkeit leiden - eher schon sorgen die Eulen für eine chronische Geldbeutelmagersucht. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Wie gut dass ich es nicht auf die Merkliste setzen muss :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • werd es auch auf meine Wunschliste setzen, danke für die tolle Rezension :wave


    Zitat

    Original von Voltaire


    Die Eulen sorgen schon dafür, dass die Geldbeutel nicht unter Fettleibigkeit leiden - eher schon sorgen die Eulen für eine chronische Geldbeutelmagersucht. :wave


    das trifft es gut :rofl

  • Zitat

    Original von Mia08
    werd es auch auf meine Wunschliste setzen, danke für die tolle Rezension :wave



    das trifft es gut :rofl


    Das stimmt!
    Seit neuestem habe ich - dank der Eulen - einen zusätzlichen "unbedingt-ganz-bald-haben-MUSS-Buchwunschzettel", neben all den "Normalen". Dieses landet nun auch darauf.

    "There is beauty in imperfections. They made you who you are. An inseparable piece of everything…" Arcane

  • Zitat

    Original von Saiya



    Das stimmt!
    Seit neuestem habe ich - dank der Eulen - einen zusätzlichen "unbedingt-ganz-bald-haben-MUSS-Buchwunschzettel", neben all den "Normalen". Dieses landet nun auch darauf.


    Das ist eine gute Idee, sowas mach ich mir auch :wave

  • :wave Danke für die tolle Rezi - Gestern noch habe ich ein Buch von meiner WL gestrichen, weil gekauft - nun kommt wieder eines dazu. So ist das Leben... :-)
    Ich meine, ich habe bereits ein Buch von dieser Autorin. Nun werde ich wahrscheinlich heute Nachmittag meine Regale durchforsten.. :-)

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Selbst eingedenk eines kaum noch zu bewältigenden SUB habe ich mir den Titel mal notiert. :wave



    Lass es nicht bei der Notiz!
    Ich lese es derzeit und bin einfach nur begeistert. Ein bisschen musste ich an das denken, was D. Erk in seinem "So viel Hitler war selten" über den jüdischen Humor gesagt hat. Manchmal ... äh ... sagen wir mal ... schräg, aber es erscheint mir ein unglaublich aufrichtiges Buch zu sein.

  • Was für eine wunderschöne Idee: Eine junge Mutter schreibt einen langen Brief an ihren kleinen Sohn und erklärt ihm darin die Welt aus ihrer Sicht, die vielleicht auch die seine werden wird, weil beide als Juden geboren worden sind und weil sie eben ihre ganz eigene ist. Das kommt mit einigem Tempo daher, mit viel Witz und einem Humor, bei dem mir allerdings hin und wieder das Lachen im Halse stecken blieb. Ob es daran lag, dass uns mehr Jahre trennen, als sie zählt? Weil ich (noch) einen gänzlich anderen Blick habe als sie, die sich wünscht, dass sich Juden nicht mehr (nur) über den Holocoast definieren?


    Mischa kann sich aus meiner Sicht glücklich schätzen, denn er hat eine Mutter, die nicht nur über einige Ironie, sondern auch eine gute Portion Selbstironie verfügt, was im Leben immer weiter hilft, ob nun jüdisch oder nicht. Für mich die schönsten Seiten des Buches waren ihre Blicke nach vorne in die Zukunft ihre Sohnes, immer mit dem Blick der jüdischen Mamme, die sie doch gar nicht sein wollte, und die zurück in ihre Vergangeheit, als es hieß, das eigene Jüdischsein zu entdecken.


    Lena Gorelik kann herzerfrischend erzählen. Gut, dass sie irgendwo im Buch erklärt, den Juden sei die Melancholie nicht fremd, so kann ich mir damit erklären, was ich hin und wieder meinte wahrgenommen zu haben und ich sonst einen Anflug von Bitterkeit genannt hätte. Man liest das Buch schnell, vielleicht zu schnell; temporeich und witzig, aber an keiner Stelle heiter bekommt man einen kleinen Einblick in jüdische Lebensweise, auch wenn ich diesbezüglich hin und wieder etwas irritiert war.


    Die letzte Seite des Buches hat mir dann aber doch noch die Tränen in die Augen getrieben – und das hat wahrscheinlich wieder etwas mit meinem anderen Blick zu tun