'Der Untergeher' - Seiten 001 - 050

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    Original von Babyjane
    Flöt:


    hm....ich glaube nicht, daß hier das eigene Versagen abgewälzt werden soll. Schließlich sind auch die beiden anderen Meister ihres Fachs (verstehe ich zumindest so) allerdings streben alle Drei nach Perfektion und nur einer erlangt sie, woraufhin die beiden anderen im Angesicht dieser Perfektion die Segel streichen, aber versagt haben sie wohl nicht.....


    Das mit der Perfektion ist hier wohl auch eher subjektiv zu sehen. Wir wissen zwar, dass Gould ein echter Virtuose war. Das Talent der anderen beiden wird aber nur von denen selber beurteilt. Sie können in ihrem Spiel ja auch ebenso gut gewesen sein. Man empfindet manchmal, das jemand besser ist als man selbst, ohne dass man darauf hin gleich das Handtuch werfen muss... Es gäbe zB viel weniger Schriftsteller, wenn diese angesichts anderer gut schreibender Autoren den Stift zur Seite legen würden. Es wird noch was anderes sein, als die Perfektion Goulds. Ich habe viel drüber nachgedacht, ob das so wirklich passieren könnte. Da spielt wohl die Persönlichkeit der anderen eine Rolle. Wertheimer hat sich mit seiner Entscheidung für die Musik zB viel extremer als die anderen beiden gegen sein Elternhaus, gegen das In-die-Welt-geworfen-Werden gerichtet. Und er scheint mir allgemein viel schwächer zu sein. Hätte es Gould denn auch zu dem Bruch mit der Musik drängen können, wenn er Wertheimer oder den Icherzähler für besser befunden hätte? Ich glaube nicht, denn er war in sich viel überzeugter von seinem Klavierspiel, so sehr, dass für sich sogar die Entscheidung getroffen hat, sich vom Publikum zurückzuziehen, einfach nur seine Musik zu machen.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Außerdem ist man auch von größtenteils sehr einfältigen Menschen umgeben


    Nicht nur das: Man ist manchmal - wie Wertheimer zB - von gar keinen Menschen umgeben. Das mag einem vielleicht einmal verlockend vorgekommen sein, er hat die Einsamkeit bewusst gesucht. Und genau diese Einsamkeit kann einen dann krank machen, in jeder Hinsicht.


    Musste schmunzeln über die Sache mit der Wirtsfrau. Er ist so einsam, dass er zu gelegentlichen Stelldicheins ins Wirtshaus kommt. Bei sich zu Hause mag er ja niemanden haben, wie auch der Icherzähler nie lang geblieben ist zu seinen Lebzeiten. Und dann also die Wirtsfrau in ihrem schmutzigen Wirtshaus. "Der Überästhet im Dreckbett" :lache

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    Original von Babyjane
    Flöt:
    Ich bin ja nun schon ein bißchen weiter als ihr und es dreht sich immer noch um Wertheimer, ich denke aber das keiner der Drei hier besonders hervor sticht, (Es wird zwar viel über WErtheimers Suizid geschrieben, Gould massig gelobt und schön geredet und der Ich-Erzähler ist ja allein durch seine Erzählerfunktion sehr wichtig) vielleicht ist das gerade die Aussage des Buches, egal was man im Leben leistet und erreicht, im Grunde sind wir doch alle gleich. .....


    Also bis hierher habe ich eher das Gefühl, Bernhard will mir weniger zeigen, dass wir alle gleich sind, sondern wie unterschiedlich drei Menschen unter ähnlichen Voraussetzungen mit ihrer Lebenssituation umgehen. Nur den Icherzähler kann ich noch nicht recht einschätzen. Da er ja größtenteils die Gedanken und das Handeln der anderen beschreibt... Bin sehr gespannt, ob man über den noch mehr erfährt.

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    Original von Flöt
    Bin sehr gespannt, ob man über den noch mehr erfährt.


    Darauf warte ich auch, im Moment kommt er mir ein bißchen zu kurz....



    Die Sache mit der Wirtsfrau fand ich irgendwie verstörend...
    Es paßte so gar nicht.... :-(

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    Original von Flöt


    Also bis hierher habe ich eher das Gefühl, Bernhard will mir weniger zeigen, dass wir alle gleich sind, sondern wie unterschiedlich drei Menschen unter ähnlichen Voraussetzungen mit ihrer Lebenssituation umgehen. Nur den Icherzähler kann ich noch nicht recht einschätzen. Da er ja größtenteils die Gedanken und das Handeln der anderen beschreibt... Bin sehr gespannt, ob man über den noch mehr erfährt.


    hm...stimmt auch wieder, mir scheint, dieses Buch kann man aus ganz vielen Blickwinkeln betrachten, finde ich sehr Klasse.

  • Hihi,
    Der Erkältung zum Dank komme auch ich mit dem Buch weiter.
    Bin ja selbst eine Musikerin, spielte jahrelang Klavier und war auch drauf und dran so eine Perfektionistin zu werden... Gott sei dank (?) oder leider (?) hatte ich einen Unfall und meine Hände konnten das nicht mehr machen.. Jedenfalls hab ich mir die Sache dann nochmal angesehen.


    Was heißt schon "Perfektion" ? Ist das dann nicht eine Art "Tod sein"?
    Wie kann man perfekt sein, ohne weiter zu leben?
    Perfekt sein, heißt für mich, Stillstand, es geht nichts mehr weiter.
    Wenn man perfekt ist, braucht man nichts mehr dazu.
    Ist das nicht auch langweilig..? Was hat man dann schon noch vom Leben?


    Für mich sind "noch" diese 3 Figuren, 3 unterschiedliche Sichtweisen des Lebens.. Gould ist eher positiv, Wertheimer eher negativ und der IchErzähler ist irgendwo mittendrin. Kann man das auch so verstehen, dass beide Ausartungen zum Tode bringen.. ? Und der "Normale" eher so zurechtkommt im Leben.. ?


    Was mich ein bisschen nervt, ist die "Langweiligkeit" des Buches. Bisher ist kaum was erzählt worden, immer Wiederholungen. Ich weiß noch nicht, ob ich das jetzt gut oder schlecht finden soll..


    Wie seht ihr eigentlich das Wirtshaus an sich?
    Passt das überhaupt rein? Warum hat Bernie überhaupt die IchErzählung - also den Ort - in ein Wirtshaus gesetzt?


    lg, Kathrin

  • Mhm, das Wirtshaus... In einem Wirtshaus herrscht Kommen und Gehen. Hier denke ich ist es auch eine Art Zwischenstation. Der Icherzähler macht in diesem Buch eine Bestandsaufnahme. Er denkt über Gewesenes nach. Wie es konkret weiter geht, weíß er teilweise noch nicht. Er ist unsicher bezüglich seiner Wohnungen/Häuser, er ahnt, dass er das Papier an dem er gerade arbeitet, das über Gould, zuhause wieder wegwerfen wird. Und von Neuem anfangen??? Eine Übergangsphase, ein Selbstfinden. Wo könnte man das besser machen, als in einem Wirtshaus, in dem man sich nicht heimisch fühlt. Oder?

  • Oh yeah, Flöt, das ist ne gute Sicht. So ähnlich ist die auch bei mir,


    spiegelt auch irgendwie - da er es jetzt so ekelig beschreibt - das wider, dass es gerade eher schummrig ist. Dass das Leben Wertheimer so schummrig ist und das passt wirklich in so ein dreckiges Wirsthaus.. :-]

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    Original von Kathrin
    Für mich sind "noch" diese 3 Figuren, 3 unterschiedliche Sichtweisen des Lebens.. Gould ist eher positiv, Wertheimer eher negativ und der IchErzähler ist irgendwo mittendrin.


    Kann ich gerade noch gar nicht so sagen. Wertheimer wird nie nur positiv dargestellt. Scheinbar schwankt der Icherzähler auch immer wieder, je nachdem, in was für eine Stimmung ihn sein Aufgearbeite gerade versetzt. Stellenweise kritisiert er Wertheimer extrem, hält ihn für selbstmitleidig, für den Untergeher eben, der das was er vom Leben bekommen hat nicht zu schätzen weiß. An anderen Stellen ist der Ton wesentlich abgemildert, er bringt Wertheimer Sympathie und Mitleid entgegen.
    Auch Gould sieht er nicht ganz unkritisch.
    Er selbst. Mhm. Er ist nicht wirklich normal, mit sich im Reinen meine ich. Oft grenzt sich von Wertheimer ab, gleichzeitig, zB oft wenn er über Gould spricht, macht er deutlich, dass Wertheimer UND er selbst es nicht geschafft haben, nachdem Gould sich als Genie entpuppt hat. Gesteht sich sein Versagen ein. Und mal ehrlich: Die Bestandsaufnahme des Icherzählers fällt bis hierher nicht rosig aus. Da ist jemand, der sich und seine eigenen Gedanken hin und herjagt, ja der gejagt ist. Der bis vor Kurzem glaubte, seinen Platz in seinem gerade noch hingebogenen Leben zu haben. Und genau das stellt sich doch irgendwie als Illusion raus. Denke ich mal so.

  • Die Geschichte fängt richtig interessant an. Bach, Horowitz und die Goldbergvariationen - ich geb's zu das Cover hat mich richtig angesprungen und mich wahnsinnig interessiert
    aber wie weit ist der Kerl gekommen, sein Zimmer hat er doch noch lange nicht