Der Maler Johann Veraguth und seine Frau Adele haben sich während langer Ehejahre entfremdet und leben nur noch wegen ihres jüngsten Sohnes Pierre gemeinsam auf Roßhalde. Auf Drängen eines Freundes will der Künstler seine Familie schließlich doch verlassen, um wieder ein freies Leben führen zu können. Er schmiedet schon Reisepläne als Pierre schwer erkrankt ...
Anfangs hat mir das Buch nicht sonderlich gefallen, vor allem war mir nicht klar, warum die Eheleute miteinander so unglücklich sind. Johann Veraguth scheint recht umgänglich zu sein, ist außerdem sehr erfolgreich, seine Bilder verkaufen sich gut, und die Familie könnte ein sorgenfreies und unbeschwertes Leben führen.
Doch bald hatte mich Hesses wunderschöne Sprache völlig in ihren Bann gezogen. Die Gefühlswelt des Malers, der mit seiner strengen und schwerfälligen Ehefrau nicht die richtige Lebenspartnerin gefunden hatte, aber auch die tiefe Liebe zu Pierre und das schlechte Verhältnis zum älteren Sohn hat Hesse höchst eindringlich beschrieben. Er erzählt aber auch aus Pierres Perspektive so anschaulich, dass man ihm mühelos in seine Kinderwelt folgen und in ganz ungewohnter Weise an den Empfindungen und Erlebnissen des sensiblen Knaben teilhaben kann.
Gegen Ende der Geschichte, als der Tod bereits die Hand nach Pierre ausstreckt, bin ich den Worten des Meisters, die den Leser mitten ins Herz treffen, schließlich so fasziniert gefolgt, als hinge das Überleben des Kindes allein von meinem Lesetempo ab.
Mein Fazit: Nach einem etwas schleppenden Anfang, von dem man sich keinesfalles vom Weiterlesen abhalten lassen sollte, ist Hesse mit diesem Roman sicher eines seiner Meisterwerke gelungen, das bei mir sowohl inhaltlich als auch stilistisch gleichermaßen punkten konnte.