Leserunden – Wieviel Kritik ist erlaubt?
Die Leserunden bei der Büchereule finden mich nur sehr selten als Teilnehmer. Unabhängig davon lese ich aber immer gern mit. Manche Leserunden sind langweilig und die Beiträge der Teilnehmer beschränken sich oftmals nur auf das reine Wiederholen des Gelesenen. Dann aber wiederum gibt es Leserunden, da „scheppert“ es ordentlich. Da wird hart und auch sehr emotional diskutiert. Und gerade an diesen lebhaften Diskussionen sieht man das Interesse der Teilnehmer an dem zur Diskussion stehenden Buches.
Nun aber stellt sich für mich die Frage: Wieviel Kritik ist erlaubt, wieviel Kritik kann eine Leserunde vertragen?
Meiner Auffassung nach muss man zwischen "Fehlersuche" und "kritischer Anmerkung" differenzieren.
Sicher gibt es Leser, die Fehler fast schon obsessiv suchen. Die quasi den gesamten Text durch- und zergooglen. Die auch in ihnen unbekannten Gebieten nach Fehlern suchen - mit dem einzigen Hintergrund, der Autorin oder dem Autor mal so richtig vors Schienbein zu treten. Denen geht es nicht um die kritische Auseinandersetzung mit dem gelesenen Buch - denen geht es ausschließlich um das Ausleben ihrer Charakterschwäche.
Und dann gibt es eben auch die Leser, die aufgrund ihres eigenen Wissens, sei es nun beruflich oder privat, eben auch kritisch anmerken, wenn etwas in der Darstellung falsch oder unlogisch ist. Gerade solche Einwürfe tragen doch dazu bei, dass man als "nichtwissender" Leser etwas hinzulernt und das ist in meinen Augen durchaus ein positiver Faktor.
Leserunden bedeuten nach meinem Dafürhalten doch auch, dass man sich als Leser ein wenig intensiver mit einem Buch beschäftigt, dass man die anderen Teilnehmer stets mit den eigenen Leseerlebnissen auf dem Laufenden hält. Und zu einem echten Austausch über das Gelesene gehören auch kritische Anmerkungen. Wichtig ist nur, dass diese Anmerkung sachlich geäußert werden.
Ich kann mir auch vorstellen, dass so manche die Leserunde begleitende Autorin und so mancher die Leserunde begleitender Autor mit zerfurchter Stirn vor dem PC sitzt und darüber staunt, welche Anmerkungen so zu ihrem/seinem Buch gemacht werden. In jedem Falle aber hat die schreibende Zunft doch die Gewissheit, dass das eigene Buch von den Leserundenteilnehmern mit großer Aufmerksamkeit gelesen wird.
Was mich interessieren würde ist:
• Wie sehen die Autorinnen und Autoren die Leserunden ihrer Bücher, wie fühlen sie sich wenn sie kritische Anmerkungen lesen – ich gehe hier jetzt von sachlich geäußerten Anmerkungen aus, fühlen sie (die Autorinnen und Autoren) sich dadurch verletzt?
• Profitieren andererseits die Leserinnen und Leser einer Leserunde von Fachkenntnissen der Teilnehmern dieser Leserunde, die aus deren beruflichen oder privaten Umfeld/Kenntnisstand kommen?
• Und ganz allgemein gefragt: Wieviel Kritik darf sein?
Kritik findet nach meinem Dafürhalten dort ihre Grenzen, wo sie unsachlich oder beleidigend wird. Und es ist sicher auch nicht erstrebenswert, wenn die Autorin oder der Autor mit über das Gesicht perlenden Angstschweiß auf den nächsten Beitrag der Leserunde wartet. Eine Leserunde ist die Diskussion über ein Buch, die auch gern emotional geführt werden darf, die aber immer sachlich sein sollte. Und es ist doch gerade die Vielfalt der Sichtweisen, die den Reiz einer solchen Leserunde ausmachen.