Novelle
Hörbuch, gesprochen von Will Quadflieg
Deutsche Grammophon Literatur, 2 CD
Kurzbeschreibung:
»Hier ist "Einfried", das Sanatorium! Weiß und geradlinig liegt es mit seinem langgestreckten Hauptgebäude und seinem Seitenflügel inmitten des weiten Gartens, der mit Grotten, Laubengängen und kleinen Pavillons aus Baumrinde ergötzlich ausgestattet ist, und hinter seinen Schieferdächern ragen tannengrün, massig und weich zerklüftet die Berge himmelan.«
Über den Autor:
Thomas Mann wurde 1875 in Lübeck geboren und wohnte seit 1894 in München. 1933 verließ er Deutschland und lebte zuerst in der Schweiz am Zürichsee, dann in den Vereinigten Staaten, wo er 1938 eine Professur an der Universität in Princeton annahm. Später hatte er seinen Wohnsitz in Kalifornien, danach wieder in der Schweiz. Er starb in Zürich am 12. August 1955.
Über den Sprecher:
http://de.wikipedia.org/wiki/Will_Quadflieg
Mein Eindruck:
Tristan ist eine frühe Novelle von Thomas Mann. Ein wichtiges Werk aus dem Jahr 1902, das aber im Schatten von Tod in Venedig und Tonio Kröger steht. Doch auch Tristan ist ein lohnenswertes Hörerlebnis.
Will Quadflieg liest den Text auf seine unnachahmliche Art, die seine knarzige Theaterstimme betont. Auch die Dialoge gelingen ihm gut, selbst die der Frauen. Neben Gert Westphal war er DER Sprecher von klassischen Werken.
Für heutige Hörgewohnheiten leistet sich Thomas Mann einen langsamen Aufbau der Geschichte, später verdichtet sich die Geschichte.
Die Handlung ist in einem Sanatorium für Lungenkranke, Einfried, angelegt, in der der glücklose Schriftsteller Detlev Spinell die kranke Gabriele trifft. Sie trägt den vulgären und für eine so zarte, feinfühlige Frau den unpassenden Namen ihres Mannes, Klöterjahn. Das ist ein Beispiel für Thomas Mann Ironie, die nicht viel zu tun hat mit der Ironieauffassung der heutigen Zeit.
Auch an der kläglichen, häufig lächerlich agierenden Hauptfigur Spinell erkennt man Ironie. Es ist ein sehr spöttisches Selbstportrait von Thomas Mann. So hat er sich vielleicht als noch unfertiger Schriftsteller gefühlt, er treibt die Minderwertigkeitsgefühle ins Groteske und wendet sie somit gegen die Figur. In späteren Büchern ging der Autor anders mit seinen Figuren um.
Gemeinsam haben Spinell und Gabriele das Interesse an Musik, das verbindet sie.
Wie Thomas Mann in dieser Novelle Musik beschreibt ist außergewöhnlich.
Dann behandelt er auch viele seiner großen Themen. Das verfeinerte ist dem Untergang gewidmet, wie man es schon aus Buddenbrooks kennt.
Es folgen bemerkenswerte Abschnitte. Hervorheben möchte ich neben den Musiziererlbenissen, den Brief Spinells, das Gespräch mit Herrn Klöterjahn und der Schluß.
Vieles an Tristan wirkt wie eine kleinere Ausgabe des Zauberbergs, Manns großen Roman.
Für Hörbuchfans, die Thomas Mann noch nicht kennen, könnte Tristan ein guter Einstieg in das Werk vom Zauberer sein.